Stealth-Technik

USA: Teuerstes Rüstungsprogramm aller Zeiten

Die USA wollen ihre Kampfflugzeugflotte durch moderne Tarnkappenflugzeuge ersetzen. Die F-35 JSF Lightning II dient als Basismodell. Doch die Kosten für das Rüstungsprogramm laufen aus dem Ruder.

Veröffentlicht:
von

Den europäischen Steuerzahlern hat man bereits tief in die Tasche gegriffen. Der Eurofighter Typhoon hat Unsummen an Produktions- und Anschaffungskosten verschlugen.

Noch weniger glücklich dürften die amerikanischen Steuerzahler sein. Das Pentagon will einen Großteil seiner Kampflugzeuge durch Tarnkappenjets des Typs F-35 JSF Lightning II ersetzten. Zusammen mit der F-22 Raptor soll auf diese Weise das komplette Kampfflugzeugarsenal auf Stealth-Technologie umgestellt werden. Beide Typen werden vom US-Flugzeughersteller Lockheed Martin entwickelt und produziert.

Schon jetzt sprengen die Kosten alle Erwartungen. Inklusive Entwicklung, Anschaffung, Wartung, Bewaffnung, Nachbesserungen und laufenden Betriebskosten wird das Programm am Ende seines Zyklus an die 1,5 Billionen US-Dollar gekostet haben. Es ist damit das teuerste Rüstungsprogramm aller Zeiten und stellt selbst das Mondprogramm der NASA in den Schatten.

Mit an Bord des kostspieligen Abenteuers: Australien, Kanada, Großbritannien, Italien, Niederlande, Türkei, Norwegen, Dänemark, Japan, Israel und Singapur. In einigen Staaten regt sich bereits der Unmut. Das Programm wird zu teuer. Kritiker befürchten, dass das Flugzeug nicht die Erwartungen erfüllt.

Mythos Stealth-Technik

Werfen wir einen Blick zurück. Während des Golfkrieges 1991 überraschten die USA die Welt mit ihren hochmodernen Kampfflugzeugen des Typs F-117 Nighthawk vom Hersteller Lockheed Martin.

Das futuristisch aussehende Flugzeug war das erste einsatzfähige Kampflugzeug mit Stealth-Tarnkappentechnik. Im Golfkrieg konnten die F-117 die irakische Radarüberwachung ungehindert durchdringen und die Flugabwehrraketensysteme zerstören. Die Welt war beeindruckt.

Doch schon wenige Jahre später wurde der Mythos entzaubert. Im Jugoslawienkrieg hatten die Serben ausgetüftelt, wie sie das Flugzeug orten und abschießen können. Die erste abgeschossene F-117 war eine Schockbotschaft an das Pentagon: Stealth-Flugzeuge sind nicht komplett unsichtbar.

Seitdem arbeiten Experten in Russland, China und weltweit an besseren Radartechnologien, um selbst kleinste Signale besser orten und identifizieren zu können.

Superjet F-22 Raptor ist pro Einzelexemplar das teuerste Flugzeug der Welt

Der aktuelle Kampf gegen die Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) in Syrien und im Irak hat das Augenmerk der Weltpresse erneut auf die US-Militärtechnik gerichtet. Zum ersten Mal wurden die supermodernen Stealth-Jäger F-22 Raptor in einem Kampfgebiet eingesetzt. Obwohl schon seit Jahren in Betrieb, war der Superjäger zuvor noch nie zum Kampfeinsatz gekommen. Grund waren technische Probleme, zuletzt bei der Sauerstoffzufuhr für die Piloten.

Die F-22 ist nicht nur das modernste, sondern mit zuletzt 356 Millionen Dollar Anschaffungspreis pro Stück auch das teuerste Kampfflugzeug der Welt. Daher können die USA nur eine begrenzte Anzahl dieser Superjets kaufen.

Doch das Pentagon hat den Wunsch, fast die gesamte Kampfflugzeugflotte durch Tarnkappenjets zu ersetzen. Deshalb wurde die Entwicklung eines kostengünstigeren Tarnkappen-Mehrzeckkampfflugzeugs in Auftrag gegeben. Lockheed Martin gewann erneut die Ausschreibung. Das Modell der Hoffnung: die F-35 JSF Lightning II.

Ein Modell für alles?

Die Idee: Je mehr Flugzeuge von einem Typ gebaut werden, desto billiger werden die Entwicklungs- und Anschaffungskosten pro Stück. Daher sollte die F-35 ein Allroundflugzeug werden, eine „eierlegende Wollmilchsau“ des Luftkampfes. Schon die Idee bringt Kritiker zum Verzweifeln, denn ein Kompromiss aus allem ist gut für gar nichts.

Das Flugzeug soll nicht nur als Jäger, sondern auch als Jagdbomber einsatzbereit sein. Es soll zudem den unterschiedlichen Ansprüchen der US-Air Force, der US-Marines und der US-Navy genügen.

Alle drei stellen ihre spezifischen Anforderungen: Die US-Air Force möchte ein schnelles Tarnkappenflugzeug für Luft-Luft- und Luft-Boden-Kampfeinsätze. Dem soll die F-35 A entsprechen. Die US-Marines wollen ihren Harrier-Senkrechtstarter ersetzen. Deshalb soll ihre F-35 auch ein Senkrechtstarter werden. Diesen Wunsch soll die F-35 B erfüllen. Die US-Navy braucht Flugzeuge mit breiteren Flügeln, um sicher auf einem Flugzeugträger landen zu können. Außerdem sollen die Flügel hochklappbar sein, damit das Flugzeug unter Deck nicht so viel Platz einnimmt. Für diese Sonderwünsche wurde die F-35 C entwickelt.

Eignet sich die F-35 als Kampfbomber zur Bodenunterstützung?

Für großes Kopfschütteln unter Militärexperten sorgt der Plan, die F-35 als Kampfflugzeug für die Unterstützung der Bodentruppen zu verwenden. Dafür wurden bisher hauptsächlich Spezialflugzeuge genutzt, die eigens zu diesem Zweck konstruiert wurden. Das bekannteste und erfolgreichste Bodenzielkampfflugzeug ist zurzeit die A-10.

Die A-10 Thunderbolt II des Herstellers Fairchild-Republic hat seit ihrer Indienststellung Ende der 1970er Jahre mehr gegnerische Panzer, Militärfahrzeuge und Geschütze zerstört als jedes andere derzeit im Dienst stehende Militärflugzeug.

Wegen seiner Hässlichkeit wird die A-10 auch Warthog („Warzenschwein“) genannt. Das Flugzeug ist langsam und hat relativ wenig Elektronik an Bord. Doch die A-10 ist wendig, stark gepanzert, mit einer schweren, festinstallierten Bordkanone bewaffnet und extrem effizient bei der Bekämpfung von Bodenzielen. In beiden Golfkriegen und in Afghanistan war sie eine verlässliche Hilfe der Bodentruppen.

Nach Plänen des Pentagons und des US-Verteidigungsministers Chuck Hagel sollte die A-10 außer Dienst gestellt werden. Im Juni 2014 konnte eine Abstimmung im US-Kongress diesen Plan rechtzeitig verhindern.

Wie die F-35 künftig Aufgaben der A-10 übernehmen soll, bleibt nicht nur für Experten ein großes Rätsel. Die F-35 kann nicht mal eine annähernd schwere Bewaffnung transportieren und ist für den Kampf im Tiefflug ungeeignet.

Eignet sich die F-35 als Luftkampfjet?

Der eigentliche Luftüberlegenheitsjäger soll die F-22 bleiben. Doch wegen der geringen Stückzahl muss auch die neue Allzweckwunderwaffe F-35 als Jäger für Luftüberlegenheits-Kämpfe fungieren können. In dieser Funktion soll sie die große und teuere F-15 Eagle von McDonnell Douglas sowie die kleine, kostengünstige und äußerst wendige F-16 Fighting Falcon von General Dynamics ersetzen. Die F-16 war immerhin so erfolgreich, dass weltweit mehr als 4.000 Exemplare in den Dienst gestellt wurden.

Die F-35 überragt beide Flugzeuge an Kosten und aufwendiger Avionik. Doch hinsichtlich ihrer Bewaffnung, Schnelligkeit, Wendigkeit und Einsatzfähigkeit stellt sie keinen Fortschritt dar. Ihre Stärke beruht einzig und allen auf der Stealth-Technologie. Sobald die F-35 in Sichtweite gerät, hat die Tarnkappenfunktion keinen Nutzen mehr. Dann zählen die Kampfeigenschaften.

Außerdem kann die F-35 nur wenige Waffen transportieren. Denn alle Waffen müssen „unter der Haut“ im Rumpf versteckt werden, damit das Flugzeug seine Tarnkappeneigenschaften nicht verliert. Zwar können weitere Waffen extern an die Flügel montiert werden. Doch dann entfällt die Radartarnung.

Experten warnen: F-35 hat mangelhafte Kampfeigenschaften

Viele Experten zweifeln an der Überlegenheit der F-35 im Luftkampf. Einer der renommiertesten Kampfflugzeug-Ingenieure und F-35-Kritiker ist Pierre Sprey, der maßgeblich an der Konstruktion der A-10 und F-16 mitgewirkt hatte. In zahlreichen Interviews im US-amerikanischen und kanadischen Fernsehen stellte er der F-35 ein vernichtendes Zeugnis aus.

Die F-35 hat seiner Ansicht nach viel zu kleine Flügel und einen zu dicken Rumpf. Deshalb ist sie im Nahkampf weniger wendig. Sie kann keine engen Kurven fliegen, sondern schießt wie ein Pfeil übers Ziel hinaus. So kann sie von anderen modernen Jägern leicht ausmanövriert werden und nahenden Flugabwehrraketen kaum ausweichen.

Selbst europäische Jagdflugzeuge wie der Eurofighter Typhoon, die schwedische Saab JAS 39 Gripen und die französische Dassault Rafale könnten die F-35 im Luftnahkampf bezwingen, ganz zu schweigen von der extrem wendigen russischen Suchoi Su-35 oder dem Stealthflugzeug T-50 PAK FA.

F-35-Piloten klagen über mangelnde Sicht aus dem Cockpit. Dafür gibt es ein komplexes Sicht- und Navigationssystem im Helm. Versagt die hochkomplexe Navigationssoftware, bleibt der Pilot manövrierunfähig. Außerdem hat die F-35 nur ein Triebwerk. Fällt dies aus, fällt die F-35 wie ein Stein vom Himmel.

Am Ende liegt alle Hoffnung auf der Stealth-Technik: Man will die Gegner abschießen, bevor diese überhaupt bemerken, dass sie angegriffen werden. Doch sobald das Flugzeug geortet ist, sind alle Vorteile dahin. Ein hochauflösendes modernes Ortungssystem könnte das teuerste Rüstungsprojekt aller Zeiten zunichte machen.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Karin Weber

Zitat:

Auf die jüngste Uno-Rede von Barack Obama eingehend, in der der US-Präsident die „russische Aggression in Europa“ neben der Terrorgruppierung IS und der Ebola-Seuche als die drei größten globalen Bedrohungen bezeichnet hatte, meinte Gorbatschow: „Die größte ‚Seuche‘, die wir haben, ist Amerika und sein Anspruch auf die Führungsposition. Die Ukraine und andere Dinge dienen dabei nur als Vorwand.“

Quelle: http://de.ria.ru/politics/20140926/269645417.html

Recht hat Herr Gorbatschow!

Gravatar: Hartmut Meersheimer

Der Artikel enthält für den informierten Leser zwar nichts neues, ist jedoch gut recherchiert und geschrieben. Danke hierfür.

Die F-35 ist ein Schuhkarton mit Flügeln dran. Die aerodynamische Unterlegenheit vor allem gegenüber russischen Modellen dürfte beträchtlich sein. Der kommende russische Semi-Tarnkappenjäger PAK FA T-50 hält sich an das bewährte Layout bestehend aus einem flachen, Auftrieb erzeugenden Rumpf mit weit auseinanderliegenden Triebwerksgondeln, welcher nahtlos in die Tragflächen übergeht, und einer vorne angesetzten, hoch aufragenden, gute Rundumsicht vermittelndes Cockpitsektion.

Der Artikel vergisst zu erwähnen, dass die Anti-Stealthradars der Zukunft Passivradars sein werden, welche keine eigene Abstrahlung haben sondern die reflektierten Abstrahlungen von externen Quellen wie zum Beispiel Mobiltelefonen auffangen. Solche Radars werden nur schwer zu bekämpfen sein.

Nun können wir spekulieren: Was bedeutet das F-35 Desaster in Verbindung mit moderner Radartechnik für die westliche Luftüberlegenheit, welche in den vielen Kriegen seit dem Ende des kalten Krieges immer so entscheidend war? Werden wir in Zukunft militärische Konflikte erleben, in denen das so nicht mehr gegeben sein wird und welche strategischen Folgen wird das haben? Für die Historiker wird es einmal ein interessantes Thema sein, wie es hierzu kommen konnte.

Gravatar: Karin Weber

Wenn die das nicht finanzieren können, sollen sie einfach mal bei der EU Bedarf anmelden. Die EU ist seit Jahren in Geberlaune.

Gravatar: FDominicus

Glaubt man tatsächlich stealth bleibt stealth?

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang