Abschuss eines Kampfjets

Türkei und Russland: Spiel mit dem Feuer

Die Affäre um den abgeschossenen russischen Jagdbomber ist brandgefährlich. Sowohl die Türkei als auch Russland haben fahrlässig provoziert. Die NATO will eine Eskalation verhindern.

Ahmet Davutoğlu (li.). Foto: Roberto Stuckert Filho/PR / CC BY 3.0 BR,Sergeij Lawrow. Foto: Werner Faymann / CC BY-SA 2.0 (jeweils Wikim. Cmms., Ausschnitte)
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Der Abschuss des russischen SU-24-Jagdbombers durch die Türkei lässt die Beziehungen zwischen Ankara und Moskau deutlich abkühlen. Die NATO ist alarmiert. Eine weitere Eskalation will man verhindern.

Die Türkei behauptet, der russische Jet habe türkischen Luftraum verletzt. Man hätte das Flugzeug gewarnt und zur Umkehr aufgerufen. Die Russen behaupten dagegen, dass sich das Flugzeug nicht über türkischem Luftraum aufgehalten habe. Es sei vielmehr in eine Falle gelockt worden, um es abzuschießen. Der russische Außenminister Sergei Lawrow sprach von einem Hinterhalt. Ob das Flugzeug tatsächlich den türkischen Luftraum verletzt habe, lässt sich im Nachhinein schwer feststellen. Tatsache ist, dass die Maschine in Syrien abstürzte. Der überlebende Pilot hat mittlerweile verkündet, dass er keine Warnung seitens der Türken bekommen habe. Der Abschuss sei überraschend gewesen.

Beide Seiten haben unverantwortlich gehandelt

Es war nicht das erste Mal, dass russische Kampfbomber bei ihrer Syrienmission in den türkischen Luftraum eingedrungen sind. Dabei handelt es sich in der Regel um Wendemanöver, bei denen die Flugzeuge für wenige Sekunden über der Türkei zu sehen waren. Die Türkei hatte protestiert und mehrfach gewarnt, dass man bei Wiederholung den Luftraum schützen werde – notfalls mit Abschuss. Die Russen hätten das wissen müssen und einen Sicherheitsabstand einhalten müssen, um eine gefährliche Situation oder folgenschwere Missverständnisse zu vermeiden. Doch man ließ es drauf ankommen.

Doch auch die Türken haben höchst fahrlässig gehandelt. Die Türkei kennt die Mission der Russen in Syrien. Sie weiß auch, dass die Russen sich mit den Franzosen und Amerikanern abgesprochen haben, um bei den Luftkämpfen gegen den „Islamischen Staat (IS)“ Missverständnisse zu vermeiden. Es war von vornherein klar, dass eine kurzzeitige Verletzung des türkischen Luftraums keine Gefahr für die türkische Sicherheit darstellt. Vor diesem Hintergrund war es unverantwortlich, das Flugzeug anzuschießen.

Immerhin hatte es 2012 eine umgekehrte Situation gegeben, bei dem die syrischen Regierungstruppen einen türkischen Phantom-Jagdbomber abgeschossen hatten, der bei einem Übungsflug kurzzeitig in syrischen Luftraum eingedrungen war. Damals hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan heftig protestiert.

Russland reagiert mit militärischer Abschreckung

Wie unter anderem Spiegel-Online berichtete, hat Russland einen Lenkwaffenkreuzer ins Mittelmeer geschickt, der vor der Küste des syrisch-türkischen Grenzgebietes patrouilliert. Das Schiff verfügt über moderne Raketen zur Bekämpfung feindlicher Flugzeuge in großer Entfernung. Außerdem sollen die russischen Bomber Geleitschutz durch Abfangjäger erhalten.

Doch nicht nur zur See, auch an Land will Russland jetzt die Flugabwehr ins Syrien ausbauen. So wurde nun bekannt, dass die Russische Föderation das moderne Langstrecken-Flugabwehrsystem S-400 in der Region um Latakia an der syrischen Küste stationieren möchte. Das System gilt als hoch effektiv. Auf einer Entfernung von 400 Kilometern kann es alle Arten von Flugzeugen, Drohnen und Raketen abschießen. Auch die Stealth-Technologie soll mit diesem System erfasst werden können.

Damit wird in der Region stationiert, was der Westen unbedingt verhindern wollte. Auch Israel ist davon alles andere als begeistert. Bedanken darf man sich bei der Türkei. Wenn die Russen einen großen Teil des Luftraumes über Syrien mit Abwehrraketen beherrschen, ist das Risiko von Missverständnissen und ungewollten Vorkommnissen gestiegen. Denn es ist ja auch die Türkei, die sich das Recht vorbehält, Luftattacken über Syrien zu fliegen – angeblich um den IS zu bekämpfen, doch vornehmlich, um die Kurden unter Kontrolle zu halten.

Nun bemühen sich alle um Deeskalation

In der NATO ist man über den Vorfall nicht begeistert. Der Generalsekretär Jens Stoltenberg rief zur Deeskalation auf, ebenso US-Präsident Barack Obama. Die Türkei ist für die NATO ein unberechenbarer Partner geworden.

Der türkische Präsident Erdogan und seine Minister versuchen nun, den Tonfall zu mäßigen und die Sache herunterzuspielen. Auch der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu stellte klar, dass die Türkei keinen Konflikt mit Russland wünschten. Russland bleibe Freund der Türkei.

In Deutschland ist man wegen der unbesonnenen Syrienpolitik der Türkei besorgt. Angela Merkel fordert im Einklang mit der NATO die Deeskalation der Situation. Sigmar Gabriel bezeichnete die Politik der Türkei in der Region als „unkalkulierbar“.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: H.von Bugenhagen

Ja jetzt muss die Türkei wieder vor Putin kriechen und den Bückling machen – da sie ohne Partner mit Köpfchen nicht darstellen in der Welt.

Gravatar: Chakravartin Serapis

Verum,
Ihnen sind bei ihrer Ausführung einige Fehler unterlaufen:
1. War es die Sowjetunion die für den Beschuss des Passagierflugzeugs Boeing 707 der Korean Airlines im Jahre 1978 und für den Abschuss des Passagierflugzeugs Boeing 747 der selben südkoreanischen Fluggesellschaft sowie für die Stationierung von Nuklearraketen auf Kuba und die Besetzung Afghanistans verantwortlich war und nicht Russland.
Sie sollten die UdSSR und die Russische Föderation nicht pauschal gleichsetzen, niemand nimmt ja auch eine Gleichsetzung Tschechiens mit der Tschechoslowakei oder Serbiens mit Jugoslawiens vor.
Zudem waren der Abschuss der KAL 007 und der Beschuss der KAL 904 singuläre tragische Einzelfälle und keine vorsätzlichen Aggressionsakte.
2. Sind die angeblichen Zwischenfälle mit dem sowjetischen U-Boot vor der schwedischen Küste vom US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst fingiert worden.
3. War der Krieg in Georgien 2008 ebenso wie der gegenwärtige Krieg in der Ukraine ein geopolitisch motivierter Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland.
4. Ist die Krim wurde nicht besetzt worden, sondern sie hat sich von der Ukraine abgespalten und nach einem Plebiszit in dem die Mehrheit für den Anschluss an Russland votiert hatte, der Russischen Föderation beigetreten.
Die russischen Streitkräfte haben mit ihrem Eingriff lediglich die Durchführung des Referendums ermöglicht in dem sie den ukrainischen Zentralstaat von der gewaltsamen Verhinderung der Volksbefragung abgehalten haben.
Die Angliederung der Krim war infolgedessen keine Annexion, sondern eine Inkorporation, wenn gleich Russlands militärische Intervention und die vorschnelle Anerkennung der Krim als souveränen Staat in der Tat völkerrechtswirdig waren.
Ärger über Russlands militärische Luftoperationen gegen die turkmenischen Milizen, die im Übrigen mit islamistischen paramilitärischen Organisationen wie der al-Nusra-Front kooperieren verleiht der türkischen Luftwaffe keine Rechtfertigung für den Abschuss eines russischen Kampfjets.

Gravatar: Verum

Wie war denn mit früheren Eindringen in den Türkischen Luftraum?Oder das U-Boot vor Schweden-Norwegen-jetzt vor England.Der Präsident Putin wusste,dass der Angriff auf Turkmenen die Türkei ärgern würde.
Wie war denn mit dem Flugzeug von Korean-Air-Lines-Flug 902?Das wurde von Russland beschossen,weil es angeblich in Luftraum war.Das Flugzeug war eindeutig als Passagierflugzeug ausgegeben. Musste man mit Raketen angreifen und zur Landung zwingen?

Oder mit Flug KAL007 das Flugzeug wurde 1983 von Russland abgeschossen,weil es im Luftraum befand.269 Tote.Warum hat Russland abgeschossen?Hätte man nicht Abfangjäger senden können?Derweil funkte Gennadij Ossipowitsch, der Pilot des sowjetischen Abfangjägers, der das todbringende Geschoss abgefeuert hat, pflichtbewusst seinen Vorgesetzen: "Das Ziel ist zerstört." Bis heute fehlt eine Entschuldigung seitens Russland.
Wer hat Afghanistan besetz?Wer wollte Kuba?Krim besetzt?Ukraine destabilisiert?Georgien durch Waffengewalt Abchasien entnommen?

Kein Volk auf der Erde ist schlecht oder böse.Deren unfähige Politiker sind die Bösen.Die Türkei hätte das Flugzeug weiter fliegen lassen dann hätte man sich mit zuständigen Land die Sache aufklären können.
Warum bombardiert Russland die Turkmenen?Weil sie gegen Esad und gegen Isis sind?

Die Türkei ist in die Nato eingetreten,weil Stalin Anspruch über die Meeresengen stelle.Bis heute hat Russland diesen Anspruch aufrecht erhalten.Für Russland ging es ,wie komme ich zum Mittelmeer,als dauerhafte Staat.
Ein Flugzeug dreht ab, nach Warnung,das Andere bleibt,weil angeblich nix gehört hat.Oktober war 3 mal das gleiche,angeblich schlechtes Wetter.

Jemand will bei mir ins Haus,ich fordere ihn,bitte geht ,einer geht der Andere bleibt,in Usa wird man dafür erschossen.In Deutschland wird man als Täter in den Knast gesteckt,weil man sich verteidigt hat.

Gravatar: ketzerwilli

Jetzt geht es der Nato bald an die Eier, da die Türken frech werden. Der Russe wird den Türken schon schächten.

Gravatar: Josh Wering

Jetzt "dreht der Kalif Erdogan" endlich ab. Größenwahn frisst Hirn.

Gravatar: ANTON AMAN

Die fatale Situation scheint von der Türkei geplant gewesen zu sein; dafür sprechen einige Details, die zunehmend berichtet werden. Das Vorhaben der Türkei, die Kurden ungehindert hinter der Maske der IS-Verfolgung zu bombardieren, ist mit dem Eintritt Russlands in das Syrien-Desaster nicht mehr möglich! Mit der Tatsache, dass die Türkei von den Schmuggel-Lieferungen des IS (Erdöl) enorm profitiert und darüber hinaus als Resultat dessen dem IS die finanzielle Ausstattung ermöglicht, wird die Türkei als NATO-Mitglied untragbar! Frau Merkel wäre gut beraten, keine Versprechungen (aus welchen Gründen auch immer) an die T. abzugeben, weder wegen der Asylantensituation, noch wegen der Visa-Erleichterungen!
Frau Merkel hat Präs. Hollande Beistand zugesagt. Mit ihrer Aussage, man müsse gegen den IS militärisch (!!!) vorgehen, wendet sie sich schon wieder gegen ihren Außenminister Steinmeier, der absolut der Meinung ist, Terror nicht militärisch bekämpfen zu können! Dieser Zick-Zack-Kurs der Frau Merkel bestätigt wieder einmal, dass sie eine katastrophale Politik je nach Laune betreibt! Vorsicht ist geboten, ihre diesbezügliche Aussage provoziert mögliche Terror-Anschläge gegen Deutschland!
Sollen deutsche Tornados nun neben Russland, Frankreich und der USA womöglich von türkischen Jägern
ebenfalls attackiert werden?! Nato-Partner gegen Nato-Partner?!

Gravatar: Michael

Den Türken gefällt der russische Einsatz in Syrien nicht und den Amerikanern auch nicht. Da kann man sich ausrechnen, aus welcher Ecke diese Überreaktion bei der Luftraumverteidigung kommt.

Gravatar: H.Roth

Man darf auch nicht vergessen, daß Russland in den NATO-Mitgliedstaaten, und besonders seit dem Ukraine-Konflikt, durchweg als Aggressor dargestellt wird. Warum rüstet das Baltikum so massiv auf? Warum sind so viele Nato-Truppen z.B. in Rumänien stationiert? In diesen Ländern wird seit zwei Jahren eine enorme Angst vor Russland geschürt. Dagegen erscheint einem sogar das Russland-Bashing der deutschen Medien harmlos. Dieses - von der USA sehr begünstigte - Denken in der EU ist der Rückhalt, mit dem die Hitzköpfe in der Türkei so reagiert und ein weiteres Mal bewiesen haben, daß ihnen als Kriegspartner keineswegs zu trauen ist.

Deeskalation ist bitter nötig! Nicht nur in der Türkei, sondern auch in unseren Medien!

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