Stuss mit lustig:

Torsten Albig erklärt die Energiewende

Seit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig Angela Merkel zur gemeinsamen Kanzlerkandidatin von SPD und Union ausrief, genießt der Sozialdemokrat aus dem Norden einige Bekanntheit.

Foto: Arne List/commons.wikimedia.org/BY SA 3.0
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Kürzlich erklärte der Regierungschef im „Spiegel“* die deutsche Energiewende. Er versuchte also, genau den großen Plan vorlegen, um den sich Angela Merkel bisher drückt. Wer Albigs Antworten liest, kommt zu dem Schluss: Möglicherweise überlässt die Kanzlerin Details aus guten Gründen ihren Sozialdemokraten. Denn als euphorischer Energiewendebefürworter kommt man zwangsläufig argumentativ ins Stolpern, sobald es um Zahlen und Physik geht.

Albig beginnt seine Darlegung mit einer düsteren, fast schon enigmatischen Schelte:

„Es ist typisch deutsch, dass wir wegen eineinhalb Cent mehr für erneuerbare Energien das ganze Projekt in Frage stellen.“

Leider lässt er offen, worauf sich die „eineinhalb Cent“ beziehen. Jürgen Trittins Versprechen kann er nicht meinen, eine Familie müsste für Grünenergie den Gegenwert einer Kugel Eis im Monat bezahlen, also etwa einen Euro. Die Familieneisrechnung liegt heute bei 240 und nicht bei 12 Euro im Jahr. Vom Energiewendejahr 2011 bis 2015 stieg die EEG-Umlage von 3,53 auf 6,17 Cent pro Kilowattstunde, zu zahlen von allen Stromverbrauchern mit Ausnahme der energieintensiven Industrie. Seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2000 zahlten die Verbraucher entweder direkt oder durch feste Verpflichtungen für die Zukunft mehr als 400 Milliarden Euro Subventionen für Windparks, Solardächer und Biogastanks. Zu welchem Endzweck, das macht Albig deutlich:

„Die deutsche Volkswirtschaft stemmt gerade eine heroische Aufgabe, nämlich aus Kernkraft und Kohle auszusteigen, ohne die Industriegesellschaft aufzugeben. Und wir zeigen, wie das geht.“

Aus Kernkraft und Kohle auszusteigen wäre in der Tat ein heroisches Unterfangen. Selbst im Energiewunderland Deutschland fließt nach wie vor 97 Prozent der Energie aus fossilen und nuklearen Quellen. Strom macht ungefähr 20 Prozent des gesamten Energieverbrauchs aus. Aber selbst da stammten 2014 immer noch 43,2 Prozent der Elektrizität aus der Kohleverstromung und 15,8 Prozent aus Kernkraftwerken. Macht zusammen mit Gas immer noch gut 75 Prozent.

Ein paar Zeilen später wird deutlich, wie Albig die große Energietransformation kalkuliert – nämlich so ähnlich wie die eineinhalb Cent mehr:

„In Schleswig-Holstein haben in der Vergangenheit drei Atomkraftwerke jährlich knapp 30 Terrawattstunden Strom produziert. Rund 6000 Windwühlen werden bis 2020 die gleiche Menge Strom liefern. Grünen Strom, der weder unseren Planeten verstrahlt noch das Klima kippen lässt!“

Abgesehen davon, dass die Atomkraftwerke im Norden und anderswo weder den Planeten verstrahlt haben noch das Klima - also die Wetterdaten der letzten 30 Jahre – umkippen konnten, abgesehen davon verwechselt Albig wie fast alle Politiker die installierte Leistung von Windparks mit der produzierten Strommenge. Das ist ungefähr so, als würde jemand von der Motorleistung eines BMW auf die technische Höchstgeschwindigkeit schließen und danach die Fahrzeit von Kiel nach Berlin berechnen. An sehr guten Küstenstandorten kommen Windräder auf etwa 4000 Volllaststunden. Das entspricht einer Jahresauslastung von 46 Prozent. Der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn überschlug einmal grob, welche Zahl an Windräder mit drei Megawattstunden Leistung nötig wäre, um rein rechnerisch – das Problem der fehlenden Stromspeicher einmal ignoriert – so viel Strom zu liefern wie ein Atomkraftwerk. Das Ergebnis: 6 800 Rotoren müssten aufgestellt werden, um einen einzigen Kraftwerksblock mit einem Gigawatt Kapazität zu kompensieren.

Auch ein bisschen Kritik an der Energiewende bringt Albig an, damit sein Ökoenergielob nicht ganz so werblich ausfällt:
„Heute wissen wir, dass wir den erneuerbaren Energien auch mit weniger Geld zum Durchbruch verholfen hätten. Wir sollten die Fehler, die wir gemacht haben, nicht wiederholen; aber wir können sie leider auch nicht rückwirkend beseitigen.“

Ein paar Milliarden weniger hätten auch gereicht? Den subventionsfinanzierten Zweitporsche des Landverpächters hätte es bei näherer Betrachtung gar nicht gebraucht? Bei jeder kleiner Anpassung der Vergütungssätze in den letzten 15 Jahren stimmte die Grünstromlobby zuverlässig ein orchestriertes Wutgeheul an: Da wurde „die Energiewende abgewürgt“, ein paar Cent weniger Subventionen bedeuteten „Kürzungsorgien“, den Untergang des letzten Eisbären und selbstverständlich Verrat an unseren Kindern, von denen wir die Welt nur geleast haben. Und immer mittemang im Hungermarsch der Sonnen- und Windinvestoren: Politiker der Grünen und der SPD, fest untergehakt mit Greenpeace und Grünstromverbänden.

Nein, rückgängig machen kann Torsten Albig die große Umverteilung der Vergangenheit nicht. Tausendmal schade! Aber er könnte wenigsten jetzt für die Abschaffung der dreistesten Wohltaten für die Grünbarone werben. Warum müssen Stromkunden beispielsweise über die „Offshore-Haftungsumlage“ zwangsweise einspringen, wenn die Projekte auf hoher See nicht laufen wie geplant? In keiner anderen Branche gibt es eine derartige Gewinngarantie bei gleichzeitigem Ausschluss jedes wirtschaftlichen Risikos.  Ganz ähnlich läuft es für Windmüller an Land: Passt der Strom nicht mehr ins überlastete Netz (was durch den Albig und Genossen vorangetriebenen Ausbau immer öfter geschieht), dann muss die theoretisch lieferbare Energie trotzdem zum subventionierten Preis abgenommen und von allen Stromnutzern bezahlt werden. Dieser Phantomstrom nennt sich „Ausfallarbeit“. Für die Nichtenergie zahlten die Deutschen 2014 erstmals über 100 Millionen Euro.

In diesem Sommer fahren die konventionellen Kraftwerke zudem besonders hektisch nach unten, weil sie die Solarstromflut ins Netz lassen müssen, die Vorrang genießt – und sie müssen nach Sonnenuntergang ebenso schnell wieder hochgejagt werden. Nach Angaben der vier Netzbetreiber dürfte dieser so genannte Redispatch, der nur durch den grünen Zufallsstrom nötig wird, etwa eine Milliarde Euro kosten. Darüber, wenigstens die Verbraucher nicht mehr für den Phantomstrom aus Windmühlen abzukassieren und Grünstromproduzenten an den von ihnen verursachten Kosten zu beteiligen, verliert Albig kein Wort. Der „Spiegel“ fragt auch nicht nach.
Müssten Offshore-Windfirmen ihr Risiko selbst tragen, dürften Windmüller an Land nur produzierten Strom in Rechnung stellen und müssten sie sich an Folgekosten beteiligen, dann brächen allerdings massenhaft Kalkulationen zusammen – trotz EEG-Subventionen von gut 22 Milliarden Euro im Jahr.

Möglicherweise stellt Albig ja im Jahr 2020 fest: Hätte man auch günstiger haben können. Aber leider – im Nachhinein kann man nichts mehr ändern. Oder, um es mit Albig zu sagen: „Ja, wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man immer schlauer.“

*33/2015
Mehr über die Energiewende und ihre Kosten in:

Alexander Wendt „Der grüne Blackout. Warum die Energiewende nicht funktionieren kann“ 170 Seiten, E-Book 3,99 Euro, Taschenbuch 9,90 Euro,http://www.alexander-wendt.com

Übernommen von ACHGUT hier

Nachtrag der Redaktion:

Von T. Albig stammt auch der selbstbewusste Spruch eines SPD Granden, der zwar niemals in der Wirtschaft sein Geld verdienen musste, aber dafür umso lockerer anderen Leuten dafür die Leviten liest.

"Ein Windpark auf der Insel Fehmarn bringt Renditen, für die ich Herrn Ackermann von der Deutschen Bank wüst gescholten hätte", sagt er dem SPIEGEL.

Selbstkritik? Fehlanzeige!

Beitrag erschien zuerst auf: EIKE 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Paul

Eine Pfeife mehr hat gesprochen.

Gravatar: Alois Irlmaier

Was ist nur mit diesem Land los, weshalb wird mutwillig und vorsätzlich die Palette der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ignoriert und Teile daraus zusammehangslos verwendet um irgendwelche Beweise für die Energiewende vorzulegen. Man ignoriert bewusst und wissentlich, dass es sogar Verfahren gibt Atommüll als wertvolle Ressource zu verwenden. Windmühlen zerstören Okosysteme, heizen die Atmospähre auf, da sie mehr Reibungswäre abgeben als Strom zu liefern und Havarieen zur Vernichtung des Grundwassers durch hunderte Liter Getreibeöl hervorrufen...
Das ist genau so, wie man erzählt, daß Flüchtlinge gesuchte Fachkräfte sind. Aber ignoriert, dass nur junge unausgebildete Männer ohne Sprachkenntnisse kommen. Der Steuerzahler von heute ist der Sklave der Regierung und der Ernährer dieser Fachkräfte.
Was das Alles in Summe bewirken wird (Energiewende, Massenmigration, TTIP, Eurokrise, Russland-Sanktionen, Parallelgesellschaften, Gender-Gaga und Säbelrasseln ohne Armee) kann man sich nur in seinen schlimmsten Vorstellungen ausmahlen.
Es läuft genau ab, wie in einem diabolischer Plan festgelegt - jede neue Eskalationsstufe hat eine neue Qualität.

Gravatar: H.Roth

Man darf nur nicht hinter die Kulissen schauen, sonst verliert das Märchen vom ÖKO-Strom-Paradies seinen ganzen Charme.
Wie schön klingt es, z.B. dass wir Strom nutzen, der in den idyllischen Schweizer Bergen aus Wasserkraft gewonnen wird. Dafür zahlen wir gerne ein paar Euro mehr! Der ökosensible Verbraucher kann mit gutem Gewissen schlafen, nachdem er sorgfältig alle Lichter ausgeknipst hat.
Und während er schläft, wird nachts - still und heimlich - das Wasser wieder in den Stausee hochgepumpt. Mit billigem Atomstrom aus Frankreich.
Ja, der Mensch liebt eben die Inszenierung mehr als die Realität.
Aber: "Eine halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge."

Gravatar: Frank Endres

"Gott schütze uns vor Eis und Schnee, den Grünen und der SPD!"

Von einem roten oder grünen Politiker ist bzgl. Energieversorgung nicht viel mehr als der Unsinn zu erwarten, den Herr Albig von sich gegeben hat (gilt leider auch für die meisten Politiker bei CDU/CSU und FDP). Nach meiner bisherigen Erfahrung fehlt diesen Leuten die Intelligenz, die naturwissenschaftlich-technischen Grundlagen zu verstehen - sie können es einfach nicht. Deutschland ist in der Hand unfähigster und nicht gerade schlauer, eher schwach begabter Politiker.

Gravatar: Peter Steinbock

Daß unsere verantwortlichen Spitzenpolitiker (Minister, Bürgermeister, Parteisprecher etc.) in ihrer übergroßen Mehrheit katastrophale Defizite an notwendigen Fachkenntnissen zur Energiewende offenbaren, sobald sie den Mund dazu auch nur aufmachen, erkläre ich mir dadurch, daß über mehrere Jahrzehnte die Elektroenergieversorung glatt lief. Inzwischen werden seit "Energiewende" energetische Weichenstellungen genauso gehandhabt, wie wenn Affen im Cockpit die Piloten ersetzen.

Gravatar: Karin Weber

Nur mal zur Info: Nach EDL-G müssen offensichtlich Unternehmen ab einer bestimmten Größe einen Energiebeauftragten vorhalten.

http://www.der-energiebeauftragte.de/aenderung-des-energiedienstleistungsgesetzes-edl-g/

Die Bausachverständigen von Gestern schulen nun sicher alle auf Energieberater um:

https://www.gut-cert.de/energiebeauftragterenergieauditor-fuer-diensleister-weiterbildung.html

Bei uns im Unternehmen wurde nun erklärt, dass der Energieberater darauf achtet, dass bei offenem Fenster die Heizung abgedreht wird. Auch sollen im Flur Bewegungsmelder gezielt LEDs anschalten, damit man gefahrlos durch die Finsternis kommt. Lampen und Monitore sind beim kurzzeitigen Verlassen der Räume auszuschalten. Mein Vorschlag wäre, dass wir uns alle enger setzen und kuscheln. So könnten wir die Transmissionswärme nutzen.

Bin mal gespannt, ob Fehlverhalten irgendwann mal sanktioniert wird. Wenn ich meinen PC nicht über die Eco-StandBy-Leiste nicht trenne, gibts vielleicht gar eine Abmahnung.

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