Korruptionsskandal in Brasilien

Sind die Tage von Dilma Rousseff gezählt?

Wirtschaftsflaute, Energiepreiskrise, Korruptionsvorwürfe und ein mutmaßlich manipulierter Staatshalt drohen die brasilianische Staatspräsidentin Dilma Rousseff in die Knie zu zwingen.

Foto:Blog de Planalto/Flickr.com/CC BY-NC 2.0
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Seit längerer Zeit steht die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff unter Druck. Schon vor der Fußball-WM gab es Demonstrationen gegen sie. Hauptgrund ist die Unzufriedenheit mit der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Dilma Rousseff war mit dem Versprechen angetreten, sich insbesondere um die sozialen Missstände im Lande zu kümmern. Sie wollte die Politik ihres Vorgängers Lula da Silva fortsetzen. Dieser durfte aus Verfassungsgründen nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren.

Dilma Rousseff, Tochter eines bulgarischen Einwanderers, hatte sich als junge Frau gegen die Militärdiktatur gewehrt. Sie musste damals sogar Gefängnisstrafe und Folter über sich ergehen lassen. Für die größtenteils ärmere Bevölkerung war sie deshalb ein Hoffnungsschimmer. Sie galt wie Lula da Silva als jemand, der sich um die Belange der Armen kümmert.

Doch auch linke Arbeiterparteien können in Korruptionsskandale verwickelt sein. Neben den Enttäuschungen durch unzureichendes Wirtschaftswachstum und unzulänglicher Bekämpfung der Armut und Korruption, steht die Partei von Dilma Rousseff nun selbst unter schwerwiegendem Korruptionsverdacht.

Petrobras und die Brasilianische Regierung

Petrobras ist ein brasilianischer Energiekonzern. Petrobras ist für Brasilien, was Gazprom für Russland ist – dubiose Verflechtungen von Staat und Konzern inklusive. Der Vorwurf: Die Präsidentin und ihre Partei sollen für die letzte Präsidentenwahl Spenden von Zulieferern des Staatskonzerns Petrobras erhalten haben. Es geht um rund 200 Millionen Dollar. Pikantes Detail: Dilma Rousseff war von 2003 bis 2010 Aufsichtsratsvorsitzende des Konzerns.

Ein weiterer Vorwurf lautet, Rousseff habe Gelder staatlicher Finanzgruppen für sozialpolitische Zwecke missbraucht. Die Motivation der Armutsbekämpfung sei zwar redlich gewesen, doch nach brasilianischem Recht war es illegal. Da verstehen die Anleger keinen Spaß.

Ein Grund für die schlechte Stimmung in der Bevölkerung sind zudem die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Außerdem leidet die brasilianische Wirtschaft, ebenso wie jene in Venzuela, Russland und Iran, unter den stark gefallenen Rohstoffpreisen, insbesondere für Erdöl. Dadurch konnten die Energiekonzerne weniger Devisen ins Land holen. Brasilien glitt 2015 in die Rezession. Die Investitionsbereitschaft im Lande ist rapide gesunken.

Manipulierter Staatshaushalt?

Dem Petrobras-Skandal und der Wirtschaftsflaute folgt nun weiteres Ungemach. Ein neuer Vorwurf bringt die Präsidentin in Bedrängnis. So sollen die Zahlen des Staatshaushaltes vom Jahre 2014 manipuliert sein. Es war übrigens der erste brasilianische Staatshauhalt mit roten Zahlen. US-amerikanische Ratingagenturen haben Brasiliens Kreditwürdigkeit herabgestuft.

Die Opposition fordert ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff. Schlimmstenfalls könnte sogar die letzte Wahl für ungültig erklärt werden. Die Präsidentin reagiert mit Aktionismus. Sie hat ihr Kabinett umgebildet sowie acht Ministerien geschlossen.

Schwächung für die BRICS-Staaten

Die derzeitige Situation Brasiliens ist eine Schwächung der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika), die sich erst kürzlich durch gemeinsame Abkommen und die Gründung einer eigenen Entwicklungsbank vom IWF und der Weltbank unabhängiger machen wollten. Doch die sinkenden Preise für Erdöl und Erdgas haben sowohl die brasilianische als auch die russischer Wirtschaft getroffen. Hinzu kommen die Sanktionen gegen Russland und die Flaute beim chinesischen Wirtschaftswachstum, flankiert von einer weltweiten PR-Kampagne gegen die BRICS-Staaten. Doch gibt es noch zu wenige Informationen, um von einem kausalen Zusammenhang zu sprechen. Es kann sich auch um eine für die BRICS-Staaten unglückliche zeitliche Korrelation handeln.

In Brasilien ist die Gesellschaft tief gespalten. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich sind nach wie vor äußerst markant und augenfällig. Gerade das traditionelle brasilianische Establishment wünscht sich in großen Teilen eine erneute Anlehnung an die USA und eine Liberalisierung der Wirtschaft bei gleichzeitiger Sicherung der bestehenden Vermögensverhältnisse. Rousseff wird hier als Bedrohung empfunden, zumal sie die überbordende Bürokratie nicht eindämmt. Doch auch die ärmeren Bevölkerungsschichten haben sich in Teilen von ihrer Präsidentin abgewendet, denn Rousseff hat deren Hoffnungen auf eine bessere Zukunft nicht erfüllen können.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Klaus Kolbe

@ Michael am 21.10.2015 um 13.17 Uhr

Nicht so vorschnell Äpfel mit Birnen vergleichen – erst mal diesen Artikel von F. William Engdahl lesen:

http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/f-william-engdahl/brasilien-brics-und-der-autowaesche-skandal.html

Auszug daraus:
Seit US-Vizepräsident Joe Biden 2013 nach Brasilien reiste, um Präsidentin Dilma Rousseff, die damals zwei Jahre im Amt war, zu »überreden«, US-Konzernen wie Chevron den Zugang zu Brasiliens großen Ölvorkommen zu öffnen, steht Rousseff im Fadenkreuz einer neuen Farbenrevolution des US State Department.
Im Mai 2013 forderte Biden Rousseff auf, die Entscheidung ihres Vorgängers und Mentors Lula, US-Ölkonzernen die führende Rolle bei der Erschließung neu entdeckter Ölfelder vor der brasilianischen Küste zu verweigern, rückgängig zu machen. Lula hatte stattdessen einen großen Anteil bei der Erschließung der Ölvorkommen an die staatliche chinesische Ölgesellschaft Sinopec übergeben.

Gravatar: Michael

Lügen haben kurze Beine, schaut auf die deutsche Busenfreundin, die hat schon keine.

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