Wirtschaftswachstum

Pro-Kopf-Einkommen: Ostasien auf der Überholspur

Taiwan hat Deutschland beim bereinigten Bruttoinlandsprodukt pro-Kopf eingeholt, Hongkong und Singapur haben Deutschland längst überholt. Auch in den Küstenstädten Chinas wird aufs Tempo gedrückt.

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Wer nicht hören will, muss spüren. Lange Zeit hielt sich das Gerücht, der Wohlstand Japans sei eine Ausnahmeerscheinung, die von den anderen asiatischen Staaten nicht langfristig kopiert werden könnte. Doch weit gefehlt. Nach Schätzungen des IWF, der CIA und der UNO bewegen sich nicht nur Japan, sondern auch Taiwan (Republik China), Hongkong, Südkorea und Singapur auf europäischem Niveau.

Das Problem freilich ist, dass nicht für alle Länder gleichermaßen aktuelle und vergleichbare Daten vorliegen, diese oft korrigiert werden und zudem kaufkraftbereinigt angegeben werden müssen. Hier könnten diverse Bewertungskriterien zu anderen Ergebnissen führen. Während die normale Bruttoinlandsprodukt-Angabe pro Kopf für Deutschland fast 45.000 und für Taiwan nur knapp 21.000 US-Dollar (USD) verkündet (2013), sieht es kaufkraftbereinigt ganz anders aus: Da liegen beide bei etwa 40.000 US-Dollar pro Kopf. Nicht zu vergessen sind allerdings die Unterscheidungen zwischen Durchschnittsangaben und mittleren Angaben, die zum Teil die Einkommensverteilung berücksichtigen.

Ein kleiner Zahlenvergleich zum Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ausgewählter Länder nach Kaufkraftbereinigung (!) in gerundeten (!) US-Dollar-Angaben: Singapur: 65.000 USD, Norwegen: 55.000 USD, USA: 53.000 USD, Hongkong: 53.000 USD, Schweiz: 46.000 USD, Schweden: 41.000 USD, Deutschland: 40.000 USD, Taiwan: 40.000 USD, Dänemark: 38.000 USD, Großbritannien: 37.000 USD, Japan: 37.000 USD, Frankreich: 36.000 USD, Südkorea: 33.000 USD, Italien: 30.000 USD.

Globalisierung des Lebensstandards: Asien holt auf

Der kleine Zahlenvergleich mach deutlich: Zahlreiche asiatische Länder bewegen sich auf demselben Niveau wie die wohlhabenden westlichen Länder. Man begegnet sich auf einer Augenhöhe. Differenzen sind auch von der aktuellen Konjunktur beeinflusst und können leicht schwanken, doch unterm Strich liefern alle genannten Länder hohe Zahlen moderner Industriestaaten.

Natürlich spiegeln diese Zahlenspielereien nur bedingt die Realität wider. Tatsache ist jedoch, dass der Lebensstandard in vielen ostasiatischen Ländern unaufhaltsam wächst und vielerorts Mitteleuropa eingeholt hat. Dieser Umstand zeigt sich in der Tatsache, dass die meisten Südkoreaner, Japaner, Taiwan-Chinesen und Hongkong-Chinesen sowie die Einwohner Singapurs sich ein Lebensstandard leisten können, der mit dem deutschen durchaus vergleichbar ist: Wohnung, Fernseher, Auto, moderne Küche, Urlaubsreisen, Studium, Schule und Musikunterricht für die Kinder, Computer, Smartphone, Internet und vieles mehr ist in diesen Ländern mittlerweile genauso Standard wie in Deutschland.

Diese Entwicklung macht deutlich, warum die US-Amerikaner Asien als Absatzmarkt und Handelspartner der Zukunft betrachten und ihren Fokus darauf lenken. Barack Obama und Hillary Clinton machen in ihren Grundsatzreden keinen Hehl daraus, dass sie die Zukunft in Ostasien sehen.

China bleibt der Hauptmotor der Entwicklung

Das deutlichste Signal geht jedoch von der Volksrepublik China aus. Die mittlerweile zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt schwächelt zwar noch bei den Pro-Kopf-Daten, weil das Reich der Mitte 1,4 Milliarden Einwohner hat, von denen noch nicht alle am Wirtschaftswachstum partizipieren. Doch dieser Zustand ändert sich im Zeitraffer. Gerade in den Küstenstädten und Industriemetropolen wie Shanghai, Nanjing, Chongqing, Beijing (Peking) usw. nimmt der Lebensstandard rasant zu. Mittlerweile liegt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf kaufkraftbereinigt bei ca. 10.000 USD. Das ist enorm, wenn man an die Verhältnisse vor 20 Jahren denkt. Mit mehr als 8 Prozent pro Jahr wächst das Bruttoinlandsprodukt in China schneller als in fast allen anderen Ländern der Erde.

Die Logik ihrer Motivation ist bestechend einfach: Was die Chinesen in Singapur, Taiwan und Hongkong können, können ihre Landsleute im Herzland ebenso. Die Chinesen zeigen mit einem atemberaubenden Tempo, wie sie in absoluten Zahlen das größte Wirtschaftswunder in der Geschichte der Menschheit vollbringen. Gewürzt wird die Entwicklung mit einer gehörigen Portion Unternehmergeist. Wer fällt, steht wieder auf und fängt nochmal an.

Großer Immobiliencrash bleibt aus

Die Befürchtungen eines großen Crashs, der beispielsweise in Form einer platzenden Immobilienblase in China die Verhältnisse ändern könnten, werden vermutlich nicht wahr werden. Zwar führt der chinesische Bauboom vielerorts ins Leere und es werden gigantische Geisterstädte errichtet, moderne Bauruinen geschaffen, doch das sind alles lokale Phänomene der Provinzen. Es kann gut sein, dass in der einen oder anderen Provinz eine lokal beschränkte Immobilienblase platzt.

Doch Chinas Entwicklung ist heterogen. Alle Fehlentwicklungen der einen Provinz werden durch den Boom in anderen Provinzen ausgeglichen. Hochhäuser in der Inneren Mongolei oder im mandschurischen Heilongjiang mögen zwar Fehlinvestitionen sein, doch in Shanghai werden die Bauten tatsächlich benötigt. Und wenn der Boom an der Küste nachlässt, legt das Inland nach. Bis nach Urumqi in der Westprovinz Xingjiang lässt sich das Wirtschaftswunder spüren. Die Wirtschaftsverbindungen zu den rohstoffreichen zentralasiatischen Ländern wie Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan sowie zu Russland sorgen dafür, dass auch die hintersten Provinzen von der Peripherie zum Zentrum eines innerasiatischen Handels werden.

Europa hat seine Rolle als Zentrum verloren

Die langfristigen Auswirkungen für Europa werden enorm sein. Weil Europa weder wirtschaftlich noch politisch seine Führungsrolle behaupten kann, gleichzeitig die Bevölkerungszahl zurückgeht, wird die Bedeutung des alten Kontinents zwangsläufig schrumpfen. Europa ist längst nicht mehr das Zentrum der Welt. Die alte Welt des 19. und 20. Jahrhunderts ist perdu. Wir können froh sein, wenn uns erspart bleibt, zukünftig als rückständig zu gelten.

Eines wird den Europäern gewiss bleiben: der Tourismus. Die Menschen werden aus allen Teilen der Welt kommen, um die pittoresken Altstädte, Kirchen, Burgen und Schlösser und alten Häuser zu bewundern. Die Europäer dürfen sich dann auf ausländische Devisen freuen und vom Tourismus leben. Neuschwanstein und die Kuckucksuhr sind dann vermutlich die besten Erfolgsschlager unserer nächsten Generation.

Bleibt noch Hoffnung für Deutschlands Zukunft als Wirtschaftsstandort?

Eine Hoffnung bleibt uns Deutschen allerdings noch: Es sind die kleinen mittelständischen Unternehmen, die sich auf technologische Sparten und Nischen spezialisiert haben. Sie sind die „Hidden Champions“ der Technologiewelt und wichtige Zulieferer der deutschen und internationalen Großindustrie. Wenn Spezialisten benötigt werden, sind sie am Start. Beispiel: Als Saudi-Arabien für seinen gigantischen Uhrenturm in Mekka die größte Turmuhr der Welt bauen wollte, war weltweit nur eine einzige Firma in der Lage, den Auftrag auszuführen: ein Kirchturm-Uhr-Spezialbetrieb aus Calw im Schwarzwald.

Anders sieht es in der „New Economy“ aus. In der Computer- und Internetwelt haben die Amerikaner und Asiaten die Nase vorn. Es sieht nicht danach aus, als ob die deutschen Tüftler das Blatt noch wenden könnten. Allein der Blick in die asiatischen Universitäten, in denen die Studenten sich mit großen Eifer mit neuen Technologien beschäftigen, zeigt uns die Zukunft auf.

( Schlagwort: GeoAußenPolitik )

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: moritz

Der Vergleich den Herr Atzigen fordert dürfte uns beschämen, vor allem wenn es in Richtung des verfügbaren Einkommen driftet.

Gravatar: Hans von Atzigen

Hier noch ein Nachtrag.
Die Vergleiche in Geld - Einheiten insbesondere
in US Währung müsste längst hinterfragt werden.
Ein realistischeres aussagekräftigeres Bild ergibt
sich aus einem Real- Leistungs- Abgleich.
Beispiel:
Was kann sich ein Mensch für eine Stunde Arbeitsleistung
im Tausch leisten.
Oder wie viele Stunden Arbeit sind für einen
entsprechenden Warenkorb notwendig.

Gravatar: Jomenk

Die Grossindustrie wird mittel und langfristig ihre Produktion und Entwicklung in diejenigen Länder ausgliedern, in denen sie ihre Hauptabsatzmärkte haben. Und dies ist nun einmal der asiatische Raum. Die dort ansässige Zulieferindustrie ( Mittelstand ) ist durchaus in der Lage, entsprechende Produkte in absoluter Qualität und zu vernünftigen Kosten zu liefern.
Die "Qualität" ist schon lange nicht mehr das "alleinige" Merkmal der europäischen Zulieferindustrie. Das eine oder andere Nischenprodukt kommt vielleicht noch aus Deutschland, aber das war es denn auch. Und die paar Unternehmen, die sich noch am Weltmarkt behaupten können, werden von diesem Staat bis auf den letzten Tropfen ausgequetscht.
Schließlich müssen ja die ganzen Facharbeiter, mit denen unser Land geflutet worden ist, gefüttert werden. Facharbeiter, die wir in Zukunft nicht mehr brauchen.
Es sei denn, die wirklichen Facharbeiter arbeiten für einen Hungerlohn, damit die Deutschen Produkte wenigstens noch über den Preis am Weltmarkt eine Chance haben.
In dem Zusammenhang darf man auch das TTIP nicht vergessen.
Was da auf uns zukommt, ist noch nicht abzuschätzen.

Gravatar: Hans von Atzigen

Sehr interessant.
War da nicht eben etwas mit einer G7?
Gewiss Japan spielt da auf der Grossen Bühne mit!
Der Rest?
Ohne Japan bleibt da eher 2 oder 3 Liga.
Sicher Deutschland ist in der 1-2 Liga.
Bezüglich USA, die driften denn doch Richtung 2 Liga.
Zb. Nichts gegen Italien nüchtern besehen ist das den doch eher 3. Liga.
Grins:
Ist das nicht eher so das da 6 von den 7 unter dem Tisch
sitzen und 1. Liga spielen und Schwadronieren!!!???
Wie lange dauert es wohl noch bis die es schnallen?
Wenn die aufstehen wollen und dabei mit dem Kopf
von unten an die Tischplatte stossen.
Autsch ? Auf dem Tisch sitzen die Gewichtigeren?
Freundliche Grüsse

Gravatar: Harald

Sobald Deutschland fällt zieht es die anderen Eu Staaten mit in den Abgrund, und das ist nur noch eine Frage der Zeit.

Gravatar: H.Roth

Das Rad dreht sich weiter, wie beim Riesenrad. Während Europa, wohlstandsgesättigt und zunehmend dekadent, träge und verdummend, immer weiter absteigt, steigt Asien, erfolgsbeglückt und motiviert, aus seinem "finsteren Mittelalter" wieder auf.
Als Christ weiß ich, dass der Gott der Bibel alle Dinge lenkt. Wo Gottesfurcht ist, ist auch Verstand zu finden. Europa wendet sich immer mehr vom Christentum ab, während in China die Bibel zunehmend Verbreitung findet. Ein Zufall? Schon mal darüber nachgedacht, dass an Gottes Segen alles gelegen ist? Auch Wirtschaftsstärke. Europa, und insbesondere Deutschland, ist erst durch das Christentum stark geworden. Die oben erwähnten Kirchen und Kulturgüter sind Zeichen davon. Ohne das Christentum würden die Germanen sich immer noch mit Keulen gegenseitig auf die Köpfe hauen...oder bald wieder.

Gravatar: Jomenk

Europa wird das Armenhaus dieses Planeten werden.
Der gigantische Zuzug von Armutsflüchtlingen und die Islamisierung werden schon dafür sorgen.
In Deutschland schreitet die Verblödung der Massen ungehindert fort.
Die Chinesen bauen in kurzer Zeit ganze Städte auf.
In Deutschland reicht es noch nicht einmal mehr für eine beschi.... Flughafen.
Und noch nicht einmal die Kosten kann man vorher vernünftig kalkulieren.
Die deutsche Mittelschicht wird immer weiter mit Gesetzten transaliert und durch die Steuern ausgequetscht. Jeder, der sich etwas aufgebaut hat und sich auch deshalb ein bisschen was leisten kann, wird von den Sozialisten an die Wand gestellt. Das beste Beispiel ist die geplante Erbschaftssteuer. Warum soll ich ein Leben lang schuften um etwas aufzubauen, wenn der
Staat nach meinem Tod fast alles kassiert.
Wenn das alles so weiter läuft, hat dieses Land keine Zukunft mehr.

Gravatar: Gorgo

Stichwort: Überholspur!
In einigen Jahren werden nur noch die Rücklichter zu sehen sein. Besonders bitter ist dabei die Tatsache, dass die leistungswilligen EU-Länder im Osten von den behäbigen Alt-Ländern mit in den Abgrund gezogen werden.

Gravatar: kassandro

Die Ideologie des Roten Gierstaates, die in Europa ohne Rücksicht auf Verluste verfolgt wird, bringt diesen Kontinent immer mehr ins Hintertreffen. Unsere Politiker lassen sich aber nicht von ihren verheerenden Kurs abbringen und gleichgeschaltete Medien unterstützen sie dabei.

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