Krieg auf der arabischen Halbinsel

Jemen: Ausweitung der Kampfzone

Eine internationale Militärallianz hat sich unter der Führung Saudi-Arabiens gegen die Huthi-Rebellen im Jemen zusammengeschlossen. Die saudische Luftwaffe hat erste Angriffe geflogen.

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Es war angekündigt und befürchtet worden. Am Mittwoch, dem 25. März, hat Saudi-Arabien mit Luftangriffen auf den Jemen begonnen, um die schiitischen Huthi-Rebellen zurückzudrängen. An der Grenze zum Jemen sind mehr als 100.000 Soldaten zusammengezogen. Panzer und Artillerieverbände sind positioniert. Die Bodentruppen sind in Gefechtsbereitschaft versetzt.

Politisch und zum Teil auch militärisch wird das saudische Vorgehen von anderen sunnitisch-islamischen Ländern wie Marokko, Ägypten, Sudan, Jordanien und den kleinen Golfstaaten wie Kuwait, Katar, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt. Logistische und geheimdienstliche Hilfe gibt es aus den USA und Großbritannien. Es soll bereits am ersten Tag der Luftangriffe zu schweren Zerstörungen und Toten unter der Zivilbevölkerung gekommen sein. Derweil rücken Truppen der Huthi-Rebellen und ihrer Verbündeten auf die südjemenitische Hafenstadt Aden vor. Der jemenitische Präsident Hadi ist außer Landes geflohen.

Saudi-Arabien handelt als Regionalmacht

Saudi-Arabien ist das Bollwerk gegen den schiitischen Iran und dessen Einfluss auf die Schiiten in der islamischen Welt. Stellvertreterkonflikte zwischen Schiiten und Sunniten gibt es unter anderem im Irak, in Syrien, im Libanon, auf Bahrain und im Jemen. Schiitische Minderheiten gibt es in Kuwait, Katar und in den Vereinigten Arabischen Emiraten. In Saudi-Arabien befinden sich die schiitischen Stämme hauptsächlich im Gebiet der großen Ölfelder im Osten, während im Zentrum und im Westen Sunniten und Wahhabiten den Ton angeben.

Außerdem ist Saudi-Arabien ein wichtiger Zweckverbündeter der USA, wenn es darum geht, die Stabilität der Ölregion zu sichern. Zudem ist das Wüstenkönigreich seit vielen Jahren der größte arabische Importeur von Waffen. Die saudische Armee ist mit modernster Waffentechnologie aus den USA und auch aus Deutschland ausgestattet. Nun ist klar, warum die saudische Führung ihre starke Armee braucht. Die arabische Halbinsel ist nicht nur die ölreichste Region der Welt, sondern ein explosives Pulverfass, ein gefährliches Gemisch aus verfeindeten Stämmen und Konfessionen mit einer hochgradig in Arm und Reich gespaltenen Gesellschaft.

Bürgerkrieg, Armut und Überbevölkerung im Jemen

Der Jemen ist das Armenhaus der arabischen Halbinsel. Im Gegensatz zu den kleinen ölreichen Golfstaaten wie Kuwait (ca. 3 Mio. Einwohner), Bahrain (1,2 Mio. Einw.), Katar (ca. 2 Mio. Einw.), den Vereinigten Arabischen Emiraten (5,4 Mio. Einw.) und Oman (3 Mio. Einw.) ist der Jemen mit rund 25 Millionen Einwohnern und geringen Ressourcen eine überbevölkerte Region. Der Jemen ist zwar fruchtbarer als die Nachbarländer. In den Bergregionen ist Feldbau und Oasenwirtschaft möglich. Doch der wachsenden Bevölkerung in den Städten fehlen die Perspektiven. Die Menschen im Jemen sind im Durchschnitt sehr jung. Rund die Hälfte der Bevölkerung ist unter 16 Jahren alt. Mehr als zwei Drittel sind unter 25. Und diesen jungen Menschen zeigt niemand eine Zukunft auf. Also suchen sie Halt in radikalen Ideen.

Nun ist die Befürchtung wahr geworden. Aus dem Bürgerkrieg ist ein internationaler Konflikt geworden. Der Jemen rutscht ins Chaos. Der Konflikt im Jemen ist wie jener in Syrien und im Irak ein weiterer Stellvertreterkrieg zwischen den Sunniten und den vom Iran unterstützten Schiiten, vor allem aber ein weitere Bedrohung des Status Quo der bestehenden Machtverhältnisse. Und nichts befürchtet Saudi-Arabien mehr als die Infragestellung der Machtverhältnisse.

Wie Afghanistan, so ist auch der Jemen ist seit Jahrzehnten ein Land, das immer wieder von Bürgerkriegen, Fehden und internationalen Konflikten heimgesucht wird. Stammeskonflikte gehören zur langen Geschichte des Landes. In den 1960er Jahren war das Land acht Jahre lang von einem schweren Bürgerkrieg heimgesucht worden. Auch Ägypten wurde hineingezogen. Der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser unterstützte damals eine republikanische Rebellion im Lande, während Saudi-Arabien den konservativen jemenitischen König unterstützt hatte.

Dann wurde das Land gespalten und Schauplatz des Kalten Krieges. Die Sowjetunion unterstützte den sozialistischen Südjemen, die USA den Nordjemen. 1990 kam es zur jemenitischen Wiedervereinigung. Doch die Macht der lokalen Stämme und War Lords blieb erhalten. Es kam immer wieder zu bürgerkriegsartigen Ausnahmezuständen. Die unsichere Lage im Jemen und die schwache Position der Zentralregierung in der Hauptstadt Sanaa haben in den Provinzen ein Machtvakuum hinterlassen. Dies sind die idealen Rückzugsgebiete für Terrororganisationen wie Al-Qaida oder Ablegern des IS. Sie werden, mit Zustimmung der jemenitischen Zentralregierung, von den USA mit ferngesteuerten Drohnen gejagt und beschossen. Dabei kommen auch immer wieder Zivilisten ums Leben. Das heizt die explosive Stimmung an.

Ein Land rutscht ins Chaos

Die Sicherheitslage im Jemen ist seit Jahren äußerst prekär. Entführungen, Morde und Bombenanschläge gehören fast zur Tagesordnung. Besonders Touristen und ausländische Gastarbeiter wurden Opfer von Entführungen, um mit ihnen die Regierung in Sanaa zu erpressen. Hinzu kommen die blutigen Auseinandersetzungen zwischen jemenitischen Sunniten und Schiiten. Ein mutmaßlich von Al-Qaida initiierter Selbstmordanschlag hatte im Oktober 2014 rund 50 Menschen in den Tod gerissen. Im selben Monat waren 33 weitere Menschen bei einem Anschlag auf Schiiten ums Leben gekommen. Seitdem ist der Konflikt zwischen radikalisierten Schiiten und Sunniten außer Kontrolle geraten. Der Konfessionskonflikt hat sich mit den Stammesfehden vermengt, so dass jetzt Zustände wie in Afghanistan herrschen.

Stichwort: GeoAußenPolitik

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