Homo-Ehe in England – Diskussion über Meinungsfreiheit entbrannt

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In Großbritannien hat das Unterhaus (vergleichbar mit dem Bundestag, also das Parlament) den Weg freigemacht für die Homo-Ehe, die 2014 zum ersten Mal eingegangen werden kann. Das Oberhaus hatte nur wenige Änderungen an der Gesetzesvorlage vorgenommen, die sämtlich akzeptiert wurden. Doch plötzlich diskutiert das Land über die Meinungsfreiheit und ihre Grenzen.

Die Königin wird vermutlich nächste Woche ihre Zustimmung zu dem Gesetz geben, das auf Englisch »Marriage (Same Sex Couples) Bill« heißt. In Schottland und Nordirland ist die Homo-Ehe damit allerdings noch nicht eingeführt.

Als scharfer Kritiker des Gesetzes präsentierte sich in der zwei Stunden währenden Debatte Sir Gerald Howarth, der zur konservativen Partei, den Tories, gehört. Er hatte zuvor schon vor den nicht beabsichtigten Folgen dieses Gesetzes und vor der »aggressiven homosexuellen Community, die dieses Gesetz als Meilenstein auf dem Weg zu etwas noch anderem ansieht«, gewarnt. Seinen eigenen Parteifreunden, die mit den Liberalen die Regierung stellen, warf er vor, das Gesetz im Schweinsgalopp gegen die Mehrheit in den eigenen Reihen durchgepeitscht zu haben. Er nannte diese Geschwindigkeit »erstaunlich« und eine »absolute parlamentarische Schande«.

Howarth sprach darüber hinaus einen weitere wichtige Frage an: die nach der Meinungsfreiheit und wo sie zukünftig ihre Grenzen finden werde. Ob man nun noch zum Ausdruck bringen dürfe, dass man unter Ehe die Verbindung zwischen Mann und Frau verstehe, wollte er wissen. Er sagte: »Ich rate diesem Haus, sehr vorsichtig zu sein. Es gibt jetzt sehr viele Menschen da draußen, die – abseits all dessen, das hier gesagt wurde –, sich unfähig oder daran gehindert fühlen, ihre wahre Ansicht zu äußern, dass es eine Ehe nur zwischen einem Mann und einer Frau geben kann.« Weiterhin ergänzte er: »Da wir in einer politisch korrekten Gesellschaft leben, wird es besonders interessant sein zu sehen, was mit Lehrern passiert. Wie viele Lehrer werden sich in der Lage sehen, auch in Bekenntnisschulen ihre Meinung zu sagen, wenn sie Angst haben müssen, die politischen Meinungsmacher zu provozieren und womöglich ihre Arbeitsstelle zu verlieren?«

Dass die Bedenken Howarths offensichtlich nicht unberechtigt sind, legte die Replik des bekennenden Schwulen Nick Herbert offen. Der erwiderte, »dass es jenen, die nach der Meinungsfreiheit rufen, obliegt sicherzustellen, dass ihre Wortwahl moderat und angemessen bleibt.« Wenn aber wie bei Howarths Debattenbeitrag von »aggressiven Homosexuellen« die Rede sei, werde die Meinungsfreiheit in einem »nicht vertretbaren Maße« strapaziert. Ganz offensichtlich, so Herberts Andeutung, könnten Wörter dann eben doch, anders als er einleitend versichert hatte, zum Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen werden.

Kulturministerin Maria Miller versuchte zwischen den beiden Kontrahenten zu vermitteln, indem sie darauf hinwies, dass das Recht auf Meinungsfreiheit selbstverständlich für alle gelte: sowohl für die, die unter Ehe nur die Verbindung zwischen Mann und Frau verständen, als auch die, die auch gleichgeschlechtliche Verbindungen einbezögen. »Die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen, ändert nichts an der Meinungsfreiheit«, sagte sie.

Dass Miller irgendwie Recht hat, ist offensichtlich, doch vermutlich hat sie sozusagen die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn schon die Erwiderung Herberts auf die von Howarth geäußerte Sorge zeigt, dass sie sich offensichtlich irrt. Die Meinungsfreiheit, die immer wieder aufs Neue erkämpft werden muss, steht durch die Einführung der Homo-Ehe in Großbritannien wieder auf dem Spiel.

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