Geothermie – allzu oft nur die Gier nach Subventionen

Grüne Energiepolitik: Je sinnloser, desto lieber

Ein charakteristisches Kennzeichen „grüner“ Industriepolitik ist der Drang, Projekte und Technologien mit umso höheren Summen zu fördern, je fraglicher die Aussichten einer erfolgreichen Umsetzung in die Praxis sind.

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So wurden beispielsweise sowohl in Spanien als auch in den USA sinnfreie Solar-Großkraftwerke wie das Ivanpah-Projekt (Kalifornien, USA) in die Wüste geklotzt [RKIP]. Zu diesen Lieblingskindern der Öko-Bewegung gehört auch die Geothermie. Diese kann beispielsweise in Regionen mit hoher vulkanischer Aktivität wie Island sehr sinnvoll eingesetzt werden. Sobald sich jedoch grüne Vordenker über solche Themen hermachen, werden entsprechende Projekte auch dort forciert, wo ihr Einsatz nicht nur wenig Aussicht auf Erfolg hat, sondern die Bevölkerung sogar in erheblichem Maße gefährden kann.

Am 8. Dezember 2006 ereignete sich in der Region Basel ein Erdbeben der Stärke 3,4. Dieses richtete zwar keine größeren Schäden an, war aber dennoch deutlich zu spüren und löste in der Bevölkerung Unruhe aus. Die Versicherung musste 9 Mio. CHF für Gebäudeschäden erstatten. Und am 20. Juli 2013 kam es in St. Gallen zu einem Erdbeben der Stärke 3,5. In dessen Folge wurden insgesamt 120 Meldungen über kleinere Schäden bis hin zu Rissen in Häusern eingereicht. Gemeinsamkeit beider Ereignisse war die Auslösung der Beben durch Geothermieprojekte. Bei dem Basler Projekt hatte die Angelegenheit sogar ein Strafverfahren gegen den Chef der Bohrfirma zur Folge.

Die Alpen (Bild rechts) wurden durch den Anprall der afrikanischen auf die europäische Platte aufgetürmt. Diese auch heute noch andauernde tektonische Bewegung kann äußerst starke Erdbeben auslösen

Die Technologie

Das Problem war in beiden Fällen, dass – wie z.B. auch in den meisten Regionen Deutschlands – der Wärmestrom aus dem Erdinneren keine allzu großen Energiemengen transportiert und man daher sehr tief bohren muss, um überhaupt für die Stromerzeugung nutzbare Temperaturen zu erhalten. Bei den Bohrungen in der Schweiz waren dies Tiefen von über 4.000 m. In Basel war das Ziel trockenes, mehr als hundert Grad heißes Gestein. In dieses wird im ersten Projektstadium Wasser unter großem Druck hineingepumpt. Dadurch bilden sich Risse, die allmählich ein Warmwasser-Reservoir entstehen lassen. Bei diesem Aufbrechen des Gesteins werden im Untergrund Schockwellen ausgelöst, die als sogenannte Mikrobeben an der Oberfläche registriert werden. Das gestattet es, den Fortschritt der Arbeiten zu verfolgen. In St. Gallen wurde dagegen versucht, eine Wasserader mit ausreichend hoher Temperatur anzuzapfen. In beiden Fällen hatte man jedoch keine ausreichende Kenntnis der Verhältnisse im Untergrund.

Unverantwortbare Risiken…

Das Problem ist, dass man sich am Nordrand der Alpen und insbesondere im Bereich des oberen Rheingrabens bei Basel in einer stark erdbebengefährdeten Region befindet. Ursache ist der Zusammenprall des afrikanischen und des europäischen Kontinents, der unter anderem dazu geführt hat, dass die Alpen aufgeschoben wurden. Dieser geologische Vorgang dauert immer noch an und bewirkt den Aufbau hoher Spannungen im Untergrund, die sich von Zeit zu Zeit in Erdbeben entladen. Gerade im Raum Basel, wo es im Verlauf der letzten 2000 Jahren zu zwei äußerst heftigen Erdbeben gekommen ist, besteht das Risiko, dass man durch ein künstliches Kleinbeben ein größeres Beben auslösen kann. Prof. Domenico Giardini vom Institut für Seismologie und Geodynamik der ETH Zürich hält dies für realistisch: »Dieser Brute-Force Ansatz ist attraktiv und simpel. Der Nachteil ist: Er kann Erdbeben auslösen. Und zwar auch größere, nicht nur jene kleinen, die die Bohrung und das Erweitern des Reservoirs begleiten« [RIBE].

mit möglicherweise katastrophalen Folgen

Und im Raum Basel geht es um Auswirkungen, die nahezu jede andere in dieser Region denkbare Naturkatastrophe übertreffen würden: „Das Basler Erdbeben bezeichnet eine Serie von gewaltigen Erdstößen, die Basel ab dem Nachmittag des Lukastages (18. Oktober) des Jahres 1356 in Trümmer legten. Die Intensität des Erdbebens wird nach den Schäden auf Stufe X der Modifizierten Mercalliskala geschätzt” [WI35]. Erdbeben dieser Stufe werden als „vernichtend“ bezeichnet. Prof. Donat Fäh, Leiter des Bereichs für Risiko- und Gefahrenbeurteilung des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) an der ETH Zürich, betont dass dort, wo historisch Beben aufgetreten sind, diese wieder kommen werden. Das gelte auch für Basel, das am südlichen Ende des Rheingrabens liegt. Diese Zone ist auch heute noch tektonisch aktiv, weil sich Erdplatten gegeneinander verschieben und dabei verhaken, wodurch Spannungen aufgebaut werden. Wenn dann irgendwann eine größere Schwachstelle bricht, gibt es »einen kräftigen Ruck - wie anno 1356«, so der Wissenschaftler und warnt: »Ein Beben derselben Stärke (wäre) für das heutige Basel verheerend. Das Ereignis von 1356 ist vergleichbar mit dem katastrophalen Erdbeben, das 1995 Kobe getroffen hat.…Ein solches Beben würde heute in der Region Basel 1.000 bis 20.000 Tote (fordern)….Allein (die) Gebäudeschäden würden bei rund 50 Milliarden Franken liegen« [FAEH]. Zusätzliches Unheil könnten nach Ansicht von Dr. Mayer-Rosa, früherer Chef des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED), auch die zahlreichen Wehre am Hochrhein und der Staudamm des Schluchsees im benachbarten Schwarzwald anrichten. Würden sie bersten, dann könnte es zu einer Flutwelle kommen, die ganze Hafenanlagen, Benzintanklager oder Pharmafirmen wegspült und letzte Fluchtwege abschneidet. Zudem käme es zu verheerenden Sekundärwirkungen auf die andern Rheinanliegerstaaten: »Wenn beispielsweise Sandoz wegschwimmt, dann ist in Amsterdam der Teufel los« [ONLI].

Grob fahrlässiges Verhalten

Während Wissenschaftlern also schon lange klar war, welche Risiken mit solchen Vorhaben verbunden waren, gab man beim Baseler Projekt erst nach dem Unfall eine umfassende Risikoanalyse in Auftrag [BAZO, NZZ]. Das Ergebnis ist im Prinzip eine Ohrfeige für die Verantwortlichen. Das von sechs Firmen aufgrund der Auswertung von Messdaten und Modellanalysen erstellte seismische Gutachten schlussfolgert, dass bei diesem Projekt die Gefahr von Erdbeben und Gebäudeschäden zu groß sei. Die zu erwartenden Sachschäden – im Raum stehen Summen bis zu weit mehr als 600 Mio. CHF – seien »gemäß dem Maßstab der Störfallverordnung hinsichtlich der Häufigkeit des Auftretens und der Schadenssumme als nicht akzeptabel zu beurteilen« [RIBE].

Auch in St. Gallen, wo man trotz des Erdbebens zunächst weitergemacht hatte, musste man am 14.5.2014 den Abbruch des Projekts bekanntgeben [STG2]. Die in der Tiefe gefundene Heißwassermenge ist für ein Kraftwerk viel zu klein. Hinzu kommen das Risiko weiterer Erbeben und das finanzielle Risiko für die Stadt. Prof. Stefan Wiemer, seit 2013 Leiter des SED, schreibt in einem Fazit, der Untergrund bleibe voller Überraschungen und die dort herrschenden tektonischen Vorspannungen ließen sich vor einer Bohrung nicht verlässlich abschätzen. »Änderungen der Spannungsverhältnisse im Untergrund durch menschliche Eingriffe können Erdbeben auslösen. Das ist sogar oftmals gewollt, denn Mikrobeben erhöhen die Durchlässigkeit des Gesteins und damit auch die Wirtschaftlichkeit eines Geothermie-Projektes. Doch mit solchen Eingriffen ausreichend kleine Beben zu erzeugen und gleichzeitig Schäden an der Erdoberfläche sicher auszuschliessen ist eine Kunst, die wir bislang noch nicht verlässlich beherrschen. In der dichtbesiedelten Schweiz sollte man daher einen Sicherheitsabstand von grösseren aktiven Verwerfungen einhalten« [WIEM]. Was der Wissenschaftler damit durch die Blume ausdrückt, kann man auf gut Deutsch auch so formulieren: Auch die Verantwortlichen der Stadt St. Gallen haben sich bei der Verfolgung ihrer »Vision einer erneuerbaren Energiezukunft« fahrlässig verhalten.

Gigantische Investitionen

Für jemanden, der gewohnt ist, bei Wirtschaftsprojekten Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen, ist die Hartnäckigkeit, mit der sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz immer neue Geothermieprojekte vorangetrieben werden [WIGE], schwer nachzuvollziehen. In beiden Ländern ist das Temperaturniveau im Untergrund fast flächendeckend niedrig. Bei derartigen Niederenthalpie-Lagerstätten muss man in der Regel sehr tief bohren, um überhaupt den für die Elektrizitätserzeugung erforderlichen Grenzwert von 100 °C zu überschreiten. Für eine Abschätzung der Kosten eines Projekts, das die Gewinnung sowohl von Wärme als auch von elektrischer Energie zum Ziel hat, kann man die für Basel und St. Gallen bewilligten Budgets als Maßstab nehmen. In beiden Städten waren jeweils 80 Mio. CHF angesetzt, zusammen also 160 Mio. Rechnet man dies zum gegenwärtigen Kurs von etwa 1,2 zu 1 in € um, so liegen die Kosten für ein solches Projekt bei rund 67 Mio. €. Bei 26 in Deutschland angesetzten Projekten geht es demnach um Investitionen in einer Größenordnung von bis zu 1,5 Mrd. €. Was zu der Frage führt, was mit diesen Investitionen letztlich erreicht werden könnte.

Von den 26 deutschen Projekten liefern derzeit acht Strom mit einer Leistung von insgesamt rund 27 MW. Bei weiteren zehn Projekten ist eine Stromerzeugung aus den verschiedensten Gründen hinfällig oder zumindest sehr fragwürdig. Somit verbleiben noch acht Projekte, bei denen eine Stromerzeugung im Bereich des Möglichen liegt. Setzt man für jedes dieser Projekte eine Stromerzeugungskapazität von durchschnittlich 5 MW an, so kämen zu den 27 MW maximal weitere 40 MW hinzu. Das Gesamt-Erzeugungspotenzial läge damit bei rund 67 MW – dem »Gegenwert« von 22 Windenergieanlagen.

Gier frisst Hirn

Geht man von einem Nutzungsgrad von 90 % aus, so würden die Anlagen pro Jahr rund 530.000 MWh an elektrischer Energie erzeugen. Bei einem aktuellen Börsenstrompreis von 30 €/MWh entspräche dies Einnahmen von jährlich rund 16 Mio. €. Da auch noch Betriebs- und Unterhaltskosten zu berücksichtigen wären, ist eine Wirtschaftlichkeit im Prinzip ausgeschlossen. Solche Projekte rechnen sich nur, weil z.B. in Deutschland das EEG (Fassung vom Jan. 2012) Vergütungen von 250 €/MWh vorsieht. Das ist rund das Achtfache dessen, was der Strom an der Börse wert ist. Bei bestimmten Projekten steigt dieser Satz sogar auf 300 €/MWh. Hinzu kommen diverse sehr substanzielle »Marktanreizprogramme« des Bundesministeriums für Umwelt (BMU). Unter diesen Voraussetzungen lässt sich natürlich Geld verdienen, allerdings auf Kosten der Allgemeinheit, der diese Kosten aufgebürdet werden. Bei Wikipedia wird dies auf sehr elegante Weise umschrieben: „Unter den gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen (Erneuerbare-Energien-Gesetz) ist eine Wirtschaftlichkeit bei größeren Geothermieanlagen auch in Deutschland in vielen Gebieten, wie zum Beispiel in Oberbayern, Oberrheingraben und Norddeutsches Becken, erreichbar“. Verschwiegen wird dabei, dass der Beitrag der Geothermie zum Strombedarf Deutschlands mit geschätzten 0,08 % so verschwindend gering ist, dass diese Technologie in den Jahresstatistiken der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen inzwischen gar nicht mehr aufgeführt wird.

Vor allem ist den Verantwortlichen vorzuwerfen, dass sie in ihrer Gier nach Subventionen die erheblichen Risiken und Schäden missachten, die der Allgemeinheit bei diesen Bohrprojekten in teils dicht besiedelten Gebieten aufgebürdet werden. Ein Blick auf die Gesamthistorie der Geothermiebohrungen in Deutschland und der Schweiz liest sich wie ein Drehbuch für eine Galaausgabe der Sendung »Pleiten, Pech und Pannen«. Im bereits erwähnten Wikipedia-Artikel werden in Deutschland und der Schweiz insgesamt 13 Bohrprojekte aufgeführt, bei denen es zu mehr oder weniger erheblichen geologischen Störungen mit entsprechenden Auswirkungen auf Gebäude kam. Die Liste umfasst diverse Erdbeben, massive Zerstörungen an der Gebäudesubstanz durch aufquellende Gesteinsschichten (wie in der historischen Altstadt von Staufen) oder durch absinkende Grundwasserschichten. In Baden-Württemberg wurden deshalb regional bereits Beschränkungen für solche Projekte ausgesprochen. Auf Bundesebene haben jedoch bisher Eigentum, Gesundheit und Leben der Bevölkerung hinter den noblen Ambitionen der EEG-Profiteure zurückzustehen.

Politik ohne Verstand

Die Frage, warum man Projekte, die für jeden mit gesundem Menschenverstand so offensichtlich sinnlos sind, mit solch horrenden Summen fördert, wird vermutlich kommenden Generationen von Soziologen und Politologen Stoff für umfassende Analysen liefern. In beiden betroffenen Ländern ist die Politik derart darauf fixiert, selbst noch so utopische »grüne« Visionen zu verfolgen, dass man so gut wie jeden Unsinn genehmigt und gefördert bekommt, wenn nur die richtigen Etiketten draufgeklebt werden. Bei diesem üblen Spiel steht auch die Wissenschaft unter Druck, denn wer mit seinen Projekten von öffentlichen Geldern anhängig ist, wird es in der Regel vermeiden, sich das Wohlwollen maßgeblicher Geldgeber zu verscherzen.

Dennoch gibt es Wissenschaftler mit Rückgrat, die dankenswerter Weise Klartext reden und dabei auch auf Zusammenhänge verweisen, auf die weder die Politik noch die allgemeine Öffentlichkeit ihr Augenmerk richten. Dazu gehört auch Prof. Domenico Giardini, der in einem Beitrag der Zeitschrift »Energie-Perspektiven« zum Baseler Projekt wie folgt zitiert wird: »Für Giardini ist klar, dass es im Vorfeld keine ausreichende Risikoanalyse gab. Die Industrie habe ein zu rosiges Bild gemalt und berücksichtigte in einer erdbebengefährdeten Region wie Basel die lokalen Gegebenheiten nicht ausreichend« [RIBE]. Ausserdem steht dort zu den ungeklärten rechtlichen Folgen folgender bemerkenswerte Absatz: „Die Versicherung der Bohrfirma hatte in der Folge des Bebens mehrere Millionen Euro für zahlreiche kleinere Gebäudeschäden bezahlt, da es sich um ein vom Menschen ausgelöstes Ereignis handelte. Dies, so Giardini, »eröffnet natürlich schwierige Fragen…wie wollen wir ein Erdbeben in Basel mit der Magnitude 5,5, sagen wir mal in 30 Jahren, behandeln? Können wir nachweisen, ob es natürlichen Ursprungs war oder nicht? Wer würde für die Schäden aufkommen?« [RIBE].

Quellen

[BAZO] bazonline.ch/basel/stadt/Erdbebenrisiko-deutlich-zu-gross-fuer-Geothermie-in-Basel/story/12803210  abgerufen am 25.7.2013

[FAEH] www.schulelaupen.ch/Erdbeben/erbeben%20basel1.pdf   abgerufen am 25.7.2013

[NZZ] www.nzz.ch/aktuell/startseite/teures-erdwaerme-fiasko-endgueltig-gestoppt-1.4169323

[ONLI] www.onlinereports.ch/Gesellschaft.112+M5dfbe3584c0.0.html   abgerufen am 25.7.2013

[RIBE] www.ipp.mpg.de/ippcms/ep/ausgaben/ep201001/0110_geothermie.html  abgerufen am 25.7.2013

[RKIP] www.science-skeptical.de/energieerzeugung/solarkraftwerk-in-der-wueste-verbrennt-voegel-und-erdgas-und-viel-geld/0012425/

[STG2] www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/St-Gallen-stoppt-GeothermieProjekt/story/21827912

[WI35] de.wikipedia.org/wiki/Basler_Erdbeben_1356   abgerufen am 25.7.2013

[WIEM] www.ethz.ch/en/news-and-events/zukunftsblog/archiv/2014/02/geothermie-st-gallen.html

[WIGE] de.wikipedia.org/wiki/Geothermie   abgerufen am 13.9.2014

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Dr. Sommer, Antonius

Dr. Lotz kämpft mal wieder gegen Windmühlen! Als einer, der seit einem Jahrzehnt erfolglos ein GT-Projekt plant und zu realisieren versucht, muss er sich in Bezug auf seine Ausführungen einige sachliche Fragen gefallen lassen:
Grundlastfähigkeit rund um die Uhr und rund ums Jahr? – Die bisher bekannten GT-Kraftwerke – gleichgültig, ob zur Strom- oder Wärmegewinnung – von der Pfalz (Landau, Insheim) über Bruchsal bis Bayern (Unterhaching, Geretsried, Sauerlach, Dürrnhaar) stehen laufend für kürzere oder gar längere Zeiten still, wenigstens ein- bis zweimal pro Jahr, oft lediglich zur „Wartung“ – sieht so Grundlastfähigkeit aus, woher kommt die Energie in den Ausfallzeiten, etwa doch vom Wind?
Alle diese Kraftwerke arbeiten ausschließlich mit Verlust, z.T. sogar trotz der hohen Subventionen beim Strom und trotz der von Dr. Lotz gepriesenen hohen Energieausbeute bei der Wärme – sieht so die wirtschaftliche, d.h. bezahlbare Energieversorgung der Zukunft aus?
Wenn die Wärmegewinnung das Primäre an der GT-Technik sein soll – wieso ist das Projekt Brühl/Baden, das von Dr. Lotz maßgeblich geplant und gegen die Bevölkerung und jede Vernunft durchgeboxt werden soll, dann ganz ohne realistische Perspektive auf Wärmegewinnung entwickelt worden?
Es gäbe der Fragen mehr, die sich aufdrängen, wenn jemand sich zu Wort meldet, der immer nur alles besser weiß, aber offenbar, was die Realität angeht, in Wolkenkuckucksheim lebt.
Herrn Fred F. Mueller dagegen kann man nur gratulieren zu diesen klaren Worten mit Sachverstand und Vernunft!

Gravatar: Ulrich Lotz

Wieder einmal einer der vielen Artikel, in dem die Nutzung der Tiefengeothermie auf die Stromerzeugung reduziert wird. Es bestreitet niemand in der Geothermiebranche, dass die Tiefengeothermie ihren Hauptnutzen in der Bereitstellung grundlastfähiger (!) Wärmeenergie und nicht in der Stromerzeugung hat. Der größte Teil des Energieververbrauchs in Deutschland entfällt auf die Wärmeerzeugung, nicht auf die Stromerzeugung. Können Windenergie und Photovoltaik Wärmeenergie bereitstellen und können sie dies vor allem über 24 Stunden am Tag und bei Bedarf 365 Tage im Jahr - sicher nicht.
Bei der Stromerzeugung wird die verfügbare Energiemenge nur zu ca. 10 % genutzt, bei der Wärmeversorgung jedoch zu annähern 100 %. Problem der Fördersysteme für erneuerbare Energien in Deutschland ist jedoch, dass über das EEG ausschließlich die Stromerzeugung gefördert wird, während bei der Wärmeversorgung die geothermische Wärme in voller wirtschaftlicher Konkurrenz zu fossiler Abwärme steht und zudem noch vom Zugang in die bestehenden Wärmenetze der Energieversorger ausgeschlossen ist.
Von ihrer ökologisch wesentlich sinnvolleren Verwendung wird die Geothermie somit in Mitteleuropa - politisch gewollt (?) - ausgeschlossen.

Auch der im Artikel gemachte Vergleich von 67 MW installierter "Geothermie-Stromerzeugung" = 22 Windkraftanlagen hinkt. Der "geothermisch erzeugte Strom" steht mit der vollen installierten Leistung rund um die Uhr und ca. 8.000 Stunden im Jahr zur Verfügung - die Windräder drehen sich offshore mit ihrer Nennleistung vielleicht 5 % eines Jahres und offshore vielleicht 20 % davon. Leider sind solche Milchmädchenrechnungen und -vergleiche überall zu finden - das macht sie aber noch lange nicht richtig.

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