EU-Referendum: Afriyie macht Cameron Dampf

Der Abgeordnete Adam Afriyie ist der Shooting-Star unter den britischen Konservativen. Er will, dass Cameron noch vor 2017 ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens abhält.

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In Sachen EU-Mitgliedschaft erhält der britische Premierminister David Cameron erneut Druck aus den eigenen Reihen: Sein Parteifreund Adam Afriyie forderte ihn auf, das Referendum über die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU bereits vor der Wahl zum Unterhaus 2017 abzuhalten. Cameron will das Volk erst danach – wenn er wiedergewählt werden sollte – zur Abstimmung rufen.

Angesichts seiner Erfahrungen im letzten Wahlkampf, wo viele Bürger skeptisch auf Camerons Ankündigung reagiert hätten, sagte Afriyie: »Ich glaube, dass das britische Volk noch vor der Wahl über die EU-Mitgliedschaft entscheiden sollte. Wir sollten unsere Grenzen besser kontrollieren – eher früher als später.«

Das Wort Afriyies hat Gewicht bei den Konservativen. Denn der 1965 geborene Unterhausabgeordnete aus Windsor gilt als einer der Shooting-Stars in der Tory-Partei. Eingetreten in die Partei ist er 1990, 2003 wurde er im traditionell konservativen Windsor ins Unterhaus gewählt. Dieser Vorgang kam einer kleinen Revolution gleich, denn Afriyie ist der erste Mischling – seine Mutter ist eine weiße Engländerin, sein Vater stammt aus Ghana –, der für die Torys ein Mandat errungen hat.

Aufgewachsen ist Afriyie im Londoner Stadtteil Peckham, einem Ort, an dem seinerzeit das Verbrechen einem Jugendlichen wie dem kleinen Adam das Leben zur Hölle werden lassen konnte. Afriyie lernte hier die rauhen Seiten des Lebens kennen. Aber auch zu Hause war nicht alles zum Besten bestellt: Aufgezogen wurden er, sein Bruder und sieben Halbgeschwister von seiner alleinerziehenden Mutter. Das Leben war chaotisch; er musste manchmal Hunger leiden, weil das Geld alle war. Auf seine Mutter lässt er gleichwohl nichts kommen: »Sie war mein Felsen,« sagt er, »die Figur in der Mitte meines Lebens, auch wenn ihre chaotischen Beziehungen mit verschiedenen Männern ständig für Bewegung an den Grenzen unserer Familie gesorgt hat.«

Trotz aller Schwierigkeiten schloss Afriyie Schule und Studium ab und stieg in die IT-Branche ein – mit überragendem Erfolg. Sein Vermögen wird inzwischen auf zwischen 13 und 18 Millionen Pfund geschätzt; manchmal ist aber auch von 50 und 100 Millionen Pfund die Rede. Dass er sich trotz seiner Herkunft nicht vom linken Lager angezogen fühlt, erklärt er sich mit seiner Herkunft: »Ich lernte von meiner Mutter, dass Selbsthilfe den Weg aus der Armut weist«, erklärt er. Die sozialistische Partei – Labour – »hat diese schreckliche gönnerhafte Grundhaltung. Sie halten dich für hilflos und bedürftig, und ihre Politik gebiert Abhängigkeiten. Das ist eine schreckliche Falle.«

In seiner Partei hat sich Afriyie inzwischen als undogmatischer Stratege hervorgetan. Bei der Renewal Conference Mitte September beispielsweise hielt er ein leidenschaftliches Plädoyer für die Rückkehr seiner Partei zu den Bedürfnissen der Basis. Dabei präsentierte er sein Credo eines sich ständig erneuernden Konservatismus. Er sagte: »Wir müssen unsere Türen offenhalten für alle Menschen, die mit konservativen Ideen sympathisieren – auch wenn sich ihre Vorstellungen nicht genau mit denen der Partei decken. Wir müssen ihnen zuhören, ihre Sorgen in bezug auf Immigration, die EU und Syrien verstehen und einbeziehen – vor allem wenn wir mit ihnen grundsätzlich übereinstimmen. Großbritannien hat sich verändert, und wir müssen uns ebenfalls ändern.«

Dass der undogmatische, ungewöhnliche Afriyie nun seinen Parteichef zum Handeln drängt, zeigt einmal mehr, wie ungeduldig die Briten sind. Es sind Politiker seines Schlages, die den Puls an der Basis fühlen, die merken, wo der Wind weht. Und für ihn ist Demokratie noch nicht zu einer Repräsentationsbühne verkommen, sondern eine Angelegenheit für tägliche Entscheidungen der Bürger. »Die Menschen sind glücklicher, wenn sie ihr Leben mit eigenen Entscheidungen selbst bestimmen können«, lautet eine seiner drei Kernbotschaften. Die Frage über eine EU-Mitgliedschaft Großbritanniens gehört selbstredend dazu. Afriyie will sie endlich stellen.

 

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