Das Forum für die Freiheit – ein Report

Welche Interessen werden eigentlich in der aktuellen Politik vertreten, und vor allem wessen Interessen? Welche Werte sind tatsächlich noch im gegenwärtigen Bundesparlament verbreitet? Gibt es eine Programmatik der Parteien, die durch Bürokratisierung und Gleichschaltungspolitik die Gesellschaft unterwandert und den Machtapparat im „linken Feld“ der Politik zementiert? Die Friedrich August von Hayek – Gesellschaft hat zur Diskussion geladen.

Foto: Andreas Kobs
Veröffentlicht:
von

Unter dem Titel „Forum für Freiheit“ trafen sich am 11. September in der Reinhardtstraße in Berlin renommierte Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Medien um die Frage zu debattieren: „Bundestagswahl 2013: Vor welchen Alternativen stehen wir?“ Im Fokus der Debatte standen die Wahlalternativen der Bürger, sowie der ordnungspolitische Rahmen Deutschlands.

Die Begrüßungsworte sind direkt. „Alternative“ ist das Reizwort, das die aktuelle Situation beschreibt: „Politische Option ist nicht mehr gegeben“, so die Vorsitzende der Hayek-Gesellschaft, Dr. Karen Horn. Die Begrüßung schafft eine Grundlage. So wundert es nicht, dass das historische Datum als Ursache dafür genannt wird, dass "der Mensch heutzutage unter Generalverdacht steht", sagt Dr. Karl-Heinz Sundmacher vom Freien Verband Deutscher Zahnärzte. „Die Freiheit der Menschen ist gefährdet“, konkludiert er. Es herrscht Aufbruchsstimmung.

In seiner darauffolgenden Rede bezeichnet der Mitbegründer der Hayek-Gesellschaft, Prof. Dr. Gerd Habermann, die Wahlprogramme der Parteien als Spiegelbild verschiedener Theorien des Zeitgeistes. Er sehe in den Politikern „handelnde Philosophen“, die krampfhaft nach innovativen Wortschöpfungen suchen. Er verweist auf das Programm der Linken, wo sich Neologismen wie „energetisches Existenzminimum“ tummeln, die offensichtlich Ideologien hervorrufen sollen. Weiter nennt er die Gefahr der Gleichschaltungspolitik, welche bis in die Privatsphäre hinein dränge: „Freiheit ist das nicht.“ Vielmehr sei es ein „totalitärer Angriff auf die Privatsphäre.“ Die Worte hallen nach.

Überhaupt bietet die Bundesregierung jede Menge Angriffsfläche für die Redner. Dafür muss man lediglich einen Blick auf die Chronik des Finanzministers werfen. Traf er 2010 noch Aussagen wie „Griechenland muss sich selbst helfen“, ging es 2011 mit „Fass ohne Boden“ über 2012 „Kein weiteres Rettungspaket für Griechenland“ bis in die Gegenwart, als Schäuble die Notwendigkeit eines weiteren Rettungspaketes für das kommende Jahr ankündigte. Kann ein derartiger Zick-Zack-Kurs tatsächlich mit einem eindeutigen, ordnungspolitischen Rahmen verknüpft sein? Das Symposium zu den ordnungspolitischen Perspektiven für Deutschland sollte dies erörtern.

Dahingehend müsste sich die Ordnungspolitik vor allem auf die zwei Themen der Euro- und Energiepolitik konzentrieren, sagt der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler (FDP). „Genau diese Bereiche können sich schnell zu existenzbedrohenden Vorhaben entwickeln“, prophezeit er und kündigt gleichzeitig eine Summierung der Rettungspakete in den kommenden Jahren an, falls sich politisch nichts ändern werde.

Unterstützung erhält er von dem Unternehmer Thomas Seiter. Dieser prangert die steigende Bürokratisierung für Firmen an: „Neue Steuergesetze und Vorschriften überreizen jede Ordnungspolitik.“ Es existiere eine „Reinregelung“ durch „Mehrwertsteuerkarusselle“, die absurde Verordnungen wie beispielsweise die „Gelangensbestätigung“ einfordern würden, so der Vertreter der Organisation „Die Familienunternehmen“. Mit Verweis auf kaputte Straßen in Deutschland verlangt Seiter, künftig auch „Steuerverschwendung unter Strafe zu stellen.“

Diese Forderung unterstützt auch die Bundestagskandidatin der Alternative für Deutschland, Beatrix von Storch: „ Mit Gewährleistungen wie Vertragsfreiheit und einer wertebasierten Familienpolitik muss ein Ordnungsrahmen für einen freien Menschen geschaffen werden“. Sie erklärt weiter, dass durch das „Gender-Mainstreaming“ der Mensch zersetzt und letztendlich zum Konstrukt wird, das "umerzogen" werden soll.

Diese Umerziehung lässt sich in der Programmatik der „linken Parteien“ nachlesen. Denn diese würden das „Wir“ über die Gesellschaft stellen, so der Leiter des Liberalen Instituts Berlin, Sascha Tamm. Er hat bereits im Vorfeld seines Beitrags erkennen lassen, dass zur Durchleuchtung der „linken Strategien“ eigentlich alle gegenwärtig im Bundestag vertretenen Parteien untersucht werden müssten.

Jene Programmatik lasse sich darauf reduzieren, dass der linke Flügel fordert, was gesellschaftlich gefordert werden solle: „Alles muss politisiert werden, weil Kollektive besser als die Summe von Einzelnen sind“, erklärt Tamm sarkastisch. Dieses „Wir“ stehe über der Vertragsfreiheit und den individuellen Rechten. Es mische sich überall ein, auch in die Privatsphäre. Dabei würde missachtet, dass kollektivistische Lösungen niemals auf freiwilliger Basis getroffen werden würden. Dieses „Wir“ schnappe sich die Autorität und würde zu einer Gefahr.

Eine ähnliche Gefahr erkennt auch der Vertreter der „Familienunternehmer“, Dr. Peer-Robin Paulus. Er kritisiert die Tatsache, dass in Kollektiven niemand die Verantwortung übernimmt. Als Folge dieser „linken Politik“ würde die Gesellschaft aufgrund der notwendigen Diskreditierung Andersdenkender gespalten.

Es ist keine Konsensdiskussion. Die Themen sind vielseitig und beleuchten ein breites Spektrum politisch aktueller Fragen. So zeigt Prof. Dr. Arnulf Baring bezüglich allgemeiner Interessenvertretung Skepsis. Vor allem Deutschland müsse wieder eigene Interessen aufbauen: „Merkel zeigt eine Wirklichkeitsverweigerung, wenn sie glaubt, es gibt ausschließlich europäische Interessen.“ Sie bewege sich auf dünnem Eis durch ihren „asymmetrischen Wahlkampf“, da er schlicht nicht stattfände, so der Politologe weiter. Zudem kritisiert er die zentralistische Politik der EZB und schließt mit den Worten: „Wenn die Alternative für Deutschland in den Bundestag zieht, gibt es wieder eine Chance auf lebendige Demokratie.“

Politik wird an diesem Tag durch abwechslungsreiche Betrachtungsweisen geröntgt. Der Publizist Carlos A. Gebauer, der die Agenda herrschender Parteien als „Kirmeskram in Krawatte verpackt“ bezeichnet, beschreibt in metaphorischen Beispielen, wie sich hinter diesen Verpackungen „ungesühnter Schwachsinn“ verbreitet, der zu angeblich kollektiven Entscheidungen führt. Dr. Peer-Robin Paulus bekräftigt diesen Eindruck und sagt: „Die CDU vertritt grünkulturelle Elemente und befindet sich außerdem in einer kulturellen Defensive, da sie sich anscheinend für bewährte bürgerliche Werte wie Familie und Rechtsstaat schämt.“

Das grundlegende Problem der fortschreitenden Institutionalisierung wird ebenfalls thematisiert. Damit sind geschaffene Schranken gemeint, welche vor allem innerparteilich existieren. Dadurch können sich alternative Ideen schlicht nicht entfalten wodurch es als konsequent erscheint, neue Parteien zu gründen.

Hoffnung gibt es allerdings durchaus. So prognostiziert Carlos A. Gebauer: „Eine alternative Gemeinschaft muss sich erst sammeln, austauschen, um danach zu publizieren, was das Zeug hält.“ Vor allem eine „Systempresse“ könne nur mit den eigenen Waffen geschlagen werden.

Die passende Pointe einer inhaltsreichen Debatte liefert schließlich der Bonner Soziologe Prof. Dr. Erich Weede und mahnt „Aussitzen löst das Problem nicht“. Nachhallend wirkt zuletzt sein Bonmot, im Parlament sei „eigenes Nachdenken politisch inkorrekt“.

Das Forum für Freiheit wurde initiiert von der Friedrich A. von Hayek – Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Zivilen Koalition, Freier Verband Deutscher Zahnärzte, PVS Verband Zürich, Wert der Freiheit gGmbH, Liberales Institut Zürich, Avenir Suisse, Libertäre Plattform, Familiennetzwerk, Netzwerk Bildungsfreiheit, eigentümlich frei, Institut für unternehmerische Freiheit und dem Hayek–Institut in Wien.

 

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang