Daniel Hannan: »Die Bail-Outs waren ein episches Verbrechen«

Der britische Journalist und Politiker, Daniel Hannan, ist als EU-Skeptiker gefürchtet. Seit 1999 im Europaparlament vertreten, kritisiert er konsequent die Euro-Rettungspolitik sowie das Demokratiedefizit der EU und warnt vor den dadurch aufkommenden Gefahren.

Foto: The Freedom Association / flickr.com / CC BY NC-SA 2.0
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Der in der peruanischen Hauptstadt Lima geborene Oxford-Absolvent, Daniel Hannan, erreichte 2009 vor allem im englischsprachigen Raum hohe Bekanntheit, als er in einer dreiminütigen Rede vor dem Europäischen Parlament die Politik des damaligen britischen Premierministers, Gordon Brown, scharf anging: »Die Wahrheit, Premierminister, ist, dass Sie für den Niedergang unserer Währung verantwortlich sind«, hatte Hannan in bissigem Tonfall gesagt und darauf verwiesen, dass Großbritannien am schlechtesten von allen G20-Staaten die Finanzkrise 2007 verarbeitet hätte: »Sie sind ein entwerteter Premierminister einer entwerteten Regierung.«

Infolgedessen kam es zu einer starken Medienpräsenz des heute 42-jährigen. Er gilt als einer, der unverblümt Fakten ausspricht und diese auch in einer sarkastisch angehauchten Schlagfertigkeit propagiert. Als ehemaliger Student zeitgenössischer Geschichte sind seine politischen Äußerungen auch stets ein Warnung. So vergleicht er die aktuellen Entwicklungen in Griechenland mit der Weimarer Republik.

Der Familienvater weiß deshalb um die Relevanz und die Notwendigkeit eines geeinten Europa, doch verweist gleichzeitig auf die Gefahr, dass »die Europäische Union die einzelnen Mitgliedsländer ärmer, undemokratischer und vor allem unfreier macht«. Anfang diesen Jahres sprach Hannan dahingehend auf einer Veranstaltung der »Oxford Union Society«, einem Forum für aktuelle politische Streitfragen.

Darin reflektierte er das »Absurde« an der europäischen Finanzkrisenbewältigung: »Menschen mit niedrigem bis mittlerem Einkommen mussten aus der eigenen Tasche reiche Banker und Aktionäre vor den Konsequenzen deren eigener Fehler retten.« Für ihn sei es paradox, dass führende Politiker in der Hektik der ausbrechenden Krise ausgerechnet bei für diese Krise verantwortlichen Banken Hilfe suchten.

Die ausdrücklich und aufgrund deutscher Interessen im Vertrag von Maastricht 1992 integrierte »No-Bail-Out-Klausel«, wurde aufs »schamloseste« hintergangen. Als die Schuldenhaftung durch Dritte im Zuge der Finanzkrise mit den die Euro-Rettungsschirmen institutionalisiert wurden, sprach Hannan von einem »epischen Verbrechen«, dass nicht bloß die Verursacher der Krise mit Steuergeldern von der Verantwortung befreite, sondern diese zusätzlich noch mit Steuergeldern subventionierte.

Im Jahr 2008 verließ er aufgrund inhaltlicher Differenzen die Fraktion der Europäischen Volkspartei und Europäische Demokraten (EVP-ED), der er seit 1999 angehört hatte. Als einer von wenigen hatte er den 2007 ratifizierten Europäischen Vertrag von Lissabon nicht wortlos angenommen. Infolgedessen gründeten die EU-Skeptiker der EVP-ED eine neue, europäische politische Partei. In dieser Allianz der Europäischen Konservativen und Reformisten (AECR) begleitet Hannan seitdem das Amt des Generalsekretärs.

Hannan hat dadurch an politischem Gewicht innerhalb des EU-Parlaments gewonnen und wettert seitdem lautstark gegen die Mängel der EU. So kritisierte er im Juli diesen Jahres im Plenarsaal in Straßburg die europäische Presse und deren vermeintlich unabhängigen Charakter: »Das Europäische Parlament zahlt jedes Jahr mehrere hundert Tausend Euro für eine gute Pressedarstellung.« Zusätzlich locke sie Journalisten zu guten Konditionen nach Brüssel und Straßburg, denn eine normal funktionierende unabhängige Presse würde die Menschen beängstigen und pathologischen Pessimismus verbreiten. Eine Atmosphäre der Abhängigkeit herrsche in der EU, denn Kritik sei schlicht nicht gesund.

Seine Kritik reicht von der unmittelbaren Einflussnahme durch die EU in die Gesetzgebung der Mitgliedsländer bis zur scheinbar interessengesteuerten Wirtschaftspolitik. Beispielsweise beschreibt er in einer Rede vor dem EU-Parlament ein »Paradoxon« der Europäischen Politik: »Einerseits bestraft die EU Raucher dafür, dass diese in ihrem eigenen privaten Auto rauchen möchten, andererseits subventioniert sie den agrarischen Anbau von Tabak, damit dieser exportiert werden kann«.

Ergo sind seine Schlussfolgerungen vorwurfsvoll, denn wie schon im vorangegangenen Beispiel der Europäischen Presse, sieht er auch hier eine »Atmosphäre der Abhängigkeit«. Zumal es nicht um Tabak ginge, sondern um Macht. Die EU wolle sowohl Tabak-Lobbyisten als auch die Interessengruppen der Anti-Raucher-Kampagnen zufrieden stellen und diese somit obligatorisch an die EU binden. Das bringe mehr potentielle Klienten ins unmittelbare wirtschaftliche und politische Umfeld der EU. Sie sei ein einziger »Machtmobilisator«. Da fragt sich nur, welcher Staat das eigentlich nicht sei?

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