Einheitliche Standards für die europäische Einlagensicherung

Ab 100.000 Euro wird es gefährlich…

Seit der Finanzkrise ist die Sicherung von Bankeinlagen wieder ein wichtiges Thema. Im Zuge der Bankenunion planten Politiker eine europäische Einlagensicherung. Dieser Plan ist gescheitert. Es bleibt bei nationalen Einlagensicherungen. Ein Rechtsanspruch besteht jedoch nur auf maximal 100.000 Euro.

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Am Sonntag, den 5. Oktober 2008 treten Angela Merkel und Peer Steinbrück vor die Kameras und verkünden: „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.“ Mit dieser legendären Garantie gelingt es drei Wochen nach der Insolvenz von Lehman Brothers, einen Bank-Run auf deutsche Institute abzuwenden. Die Folgerisiken wären hoch, denn die Banken haben keineswegs genügend Liquidität, um alle Spareinlagen sofort auszuzahlen.

Die Garantie vom 5. Oktober 2008 hat zwar insofern gewirkt, dass es nicht zu einem Bank-Run kam. Allerdings gab es weder eine gesetzliche Grundlage für die Garantie, noch war klar, ob die Regierung überhaupt für alle Spareinlagen garantieren konnte. Im Grunde war es nicht mehr als ein politisches Versprechen.

Doch keine europäische Einlagensicherung

Dies soll sich jetzt ändern: Im Zuge der europäischen Bankenunion soll auch eine europäische Einlagensicherung geschaffen werden. Das Ziel: Bankkunden soll einheitlich ein Rechtsanspruch auf 100.000 Euro garantiert werden. Als Einlage gelten Girokontoguthaben, Tagesgelder, Festgelder, Sparbücher und viele Sparverträge, nicht aber Aktien oder Anleihen. Lange planten die Politiker, einen gemeinsamen europäischen Topf zur Sicherung der Einlagen zu schaffen. Dagegen wehrten sich jedoch insbesondere die deutschen Banken. Sie wollten nicht für spanische oder irische Pleitebanken bezahlen und lehnten eine Vergemeinschaftung der Risiken strikt ab. Ein weiteres Gegenargument: Wenn alle europäischen Banken haften, könnte dies einzelne Banken ermutigen, riskante Geschäfte zu tätigen.

Auf nationaler Ebene existieren schon lange Systeme zur Einlagensicherung – in Deutschland gibt es sogar mehrere Systeme parallel. So haben die Sparkassengruppe und die Volks- und Raiffeisenbanken jeweils eine eigene Einlagensicherung – die so genannte Institutssicherung. Gerät ein einzelnes Institut in Schwierigkeiten, wird es vom Verbund aufgefangen. Dieser Mechanismus hat in der Vergangenheit stets funktioniert. Noch nie musste eine Volksbank oder Sparkasse Insolvenz anmelden. Allerdings: Ein formaler Rechtsanspruch besteht nicht.

Mehrere Säulen der Einlagensicherung in Deutschland

Für die übrigen deutschen Privatbanken gilt die gesetzliche Einlagensicherung: Schlittert eine Bank in die Insolvenz, haben Anleger einen Anspruch auf eine Entschädigung für maximal 100.000 Euro. Die Privatbanken finanzieren über Umlagen so genannte Entschädigungseinrichtungen. Schließlich existiert als dritte Säule daneben noch die freiwillige Einlagensicherung der Banken. Diese garantiert zwar hohe Summen pro Sparer – meist mehrere Millionen Euro. Allerdings ist sie – wie der Name schon sagt – freiwillig und damit ohne Anspruch.

Wie wichtig die Einlagensicherung werden kann, erfuhren rund 34.000 deutsche Kunden der isländischen Kaupthing-Bank im Herbst 2008. Die meisten waren durch hohe Zinsen auf die Einlagen gelockt worden. Erst als die Bank in der Krise Insolvenz anmelden musste, wurde den meisten Sparern klar, dass die isländische Einlagensicherung nur bis zu 20.887 Euro reichte. Es folgte eine monatelange Zitterparte. Die betroffenen Personen hatten Glück im Unglück: Später stellte sich dann doch heraus, dass die Bank alle Einlagen zurückzahlen konnte. Das war allerdings erst im Sommer 2009. Die Sparer hatten damit mehr als sechs Monate keinen Zugriff auf ihr Geld und zudem die Ungewissheit, ob sie überhaupt die ganze Einlage wieder bekommen.

Bankenunion bringt europaweit einheitliche Regeln zur Einlagensicherung

Mit der Bankenunion kommt auch eine Neuordnung der Einlagensicherung. Die Einigung über die Richtlinie wurde im Dezember 2013 erzielt. Die große Erleichterung für die deutschen Banken: Es wird keine europäische Einlagensicherung mit Gemeinschaftshaftung geben. Neu sind allerdings einheitliche Vorgaben über den Aufbau der Einlagensicherung auf Ebene der Nationalstaaten. Alle Staaten müssen über zehn Jahre einen Sicherungsfonds aufbauen, in den die Banken 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen hinterlegen. Reicht diese Vorsorge im Krisenfall nicht aus, muss der Bankensektor weiteres Geld nachschießen. Sollte auch dies nicht genügen, kommen Darlehen von anderen öffentlichen und privaten Kapitalgebern in Frage. In der Realität dürfte in diesem Fall wohl doch wieder der Staat – entweder mit Garantien oder mit Krediten – einspringen. Eine Kreditvergabe der nationalen Einlagensicherungsfonds untereinander ist in der Richtlinie nur als „freiwilliger Mechanismus“ vorgesehen. Das Schlimmste konnte damit aus Sicht der Volksbanken und Sparkassen abgewendet werden.

Für die Sparer gilt: Sie müssen sich künftig genau ansehen, wem sie ihre Einlage anvertrauen. Banken nur nach dem höchsten Zinssatz auszuwählen, kann sehr gefährlich werden. Im Zweifel sollte man nicht mehr als 100.000 Euro bei einem Institut deponieren. Die Banken müssen ihre Kunden künftig über ihre Einlagensicherung informieren: Auf jedem Kontoauszug und bei jeder Einlage müssen alle wichtigen Informationen über die Einlagensicherung stehen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Mainfranke

Wer's glaubt. Die 100.000 Euro Grenze dürfte wohl nur dazu dienen, dass die Sparer ihr Geld schön brav auf dem Konto lassen. Wenn der Fall der Fälle dann eintritt, und auch dieses Geld völlig überraschend und alternativlos benötigt wird, dann wird entweder ein juristisches Schlupfloch gefunden, oder einfach wieder mal ganz ungeniert das Recht gebrochen.
Soll keiner sagen, man konnte es nicht wissen.

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