Hymnen-Panne beim Tennis-Fed-Cup auf Hawaii

Wenn eine falsche Strophe zum »unentschuldbaren« Skandal wird

Beim Auftritt der deutschen Tennis-Mannschaft beim Fed-Cup auf Hawaii stimmte ein einheimischer Künstler versehentlich die erste Strophe des Deutschland-Liedes an. Trotz Entschuldigung der Verantwortlichen wird das Thema als »unentschuldbar« (O-Ton Bundestrainerin) weiter skandalisiert.

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Für allgemeine Aufregung sorgte die Fed-Cup-Partie zwischen den USA und Deutschland auf Hawaii. Bei der Eröffnungszeremonie der Tennis-Begegnung sang der Solist auf dem Center Court bei der Nationalhymne die komplette erste Strophe des Deutschlandliedes, die mit den Worten »Deutschland, Deutschland über alles« beginnt.

»Das war ein schockierender Moment. Das ist mit Abstand das Schlimmste, was mir jemals passiert ist in meinem Leben«, erklärte dann auch die Tennisspielerin Andrea Petkovic nach ihrer Niederlage gegen Alison Riske. Ihrer Kollegin Julia Görges schossen die Tränen in die Augen.

»Ich konnte das nicht glauben«, sagte ferner eine sich sichtlich mitgenommen zeigende Bundestrainerin Barbara Rittner. »Ich hätte heulen können. Das war einfach ein unfassbar trauriger und schockierender Moment. Ich war fassungslos, wie das passieren konnte. Das finde ich unentschuldbar. Das ist ein Skandal.«

»Die Tatsache, dass im Jahr 2017 eine falsche Hymne gespielt wird, die man mit viel Grausamkeit aus der lange zurückliegenden Vergangenheit assoziiert, war für die Spielerinnen, die Betreuer, die anwesenden Funktionäre sowie die deutschen Fans gleichermaßen verstörend wie schockierend«, sagte DTB-Präsident Ulrich Klaus.

Die Gastgeber entschuldigten zwar danach sofort bei Mannschaft und Anhang des Deutschen Tennis Bundes (DTB), doch vor allen eine sich als politisch interessiert bezeichnende Petkovic bewertete den Vorfall daraufhin weiter als unverzeihlich.

»Das war der Inbegriff der Ignoranz. Wir sind in 2017, wir sind im 21. Jahrhundert. Und dann kann und darf so etwas nicht mehr passieren«, sagte die aus Darmstadt kommende Tennisspielerin.

»Ich habe mich noch nie in meinem Leben so respektlos behandelt gefühlt. Wenn wir irgendwo in Timbuktu spielen oder weiß der Geier wo, okay, aber in Amerika? Im 21. Jahrhundert?«, fügte Petkovic, ohne spüren zu wollen, damit letztlich die Bewohner einer Stadt im afrikanischen Mali abzuqualifizieren.

Was war geschehen? Nur wenige Sekunden nachdem die Zuschauer mit den Worten »Bitte erheben Sie sich für die Nationalhymnen« zum Aufstehen aufgefordert wurden, begann der Solist direkt gegenüber der Ehrentribüne zu singen, was die deutsche Tennismannschaft mit sichtlich ungläubigen Blicken und teils Händen vor dem Gesicht quittierten.

Denn es ertönte »Deutschland, Deutschland, über alles«. Mannschaft und Zuschauer versuchten daraufhin lautstark mit der dritten Strophe »Einigkeit und Recht und Freiheit« anzusingen. Petkovic äußerte, daran gedacht zu haben, das Stadion zu verlassen, Rittner erwägte ihren Worten zufolge kurz dem Sänger das Mikrofon zu entreißen.

Nun ist in der Tat einem im US-amerikanischen Organisationsteam oder dem Künstler selber ein Fehler unterlaufen, wenn bei den offiziellen Hymnen für Deutschland statt der dritten Strophe »Einigkeit und Recht und Freiheit« die erste »Deutschland, Deutschland über alles« ertönt, aber der Umgang und die Berichterstattung zu dem Vorgang zeigt auch viel Unkenntnis.

Vom Ertönen einer verbotenen Strophe bis hin zum Terminus einer »Nazi-Hymne« ist in Medien die Rede. Es wird dabei darauf verwiesen, dass die Strophe in der Nazi-Zeit gesungen wurde. Das ist aber nur die halbe Wahrheit und verboten ist die erste Strophe keinesfalls. Geschrieben hat sie auch kein Nazi, sondern ein Liberaler des 19. Jahrhunderts.

Der Text für die drei Strophen des »Lieds der Deutschen« stammt vom Schriftsteller und Hochschullehrer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben aus dem Jahr 1841. Da er als liberaler Demokrat in Ungnade bei den konservativen, monarchisch-restaurativen Kräften fiel, bespitzelt und verfolgt wurde, schrieb er die Zeilen in seinem Exil auf dem damals noch englischen Helgoland.

Deutschland war zu dieser Zeit in unzählige kleine Einzelstaaten zerfallen, regiert von Fürsten, die ihre Macht nicht teilen wollten und sich mit aller Macht dagegen sträubten, dass die Bürger diese Zersplitterung überwinden und einen gemeinsamen Staat mit demokratischer Staatsordnung und endlich auch einer Verfassung schaffen wollten.

Aus diesem Geist heraus schuf Hoffmann von Fallersleben »Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt«, um die bisherige Kleinstaaterei und Fürstenwillkür zu überwinden. Dabei umschrieb er in der nachfolgenden Passage das Territorium aller Menschen, die 1841 zum deutschen Sprachraum gehörten.

Das war im damaligen Verständnis der Menschen gleichzusetzen mit Deutschland. Deshalb heißt es frei von Gebietsansprüchen »Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt«, denn die Flüsse markierten damals die Grenzen zu den Niederlanden, zu Litauen, zu dem damals noch hinter Südtirol gelegenen Italien und zu Dänemark.

Als 1871 das Deutsche Reich entstand, lehnten die herrschenden Hohenzollern das Lied der Deutschen als Hymne für den neuen Nationalstaat ab. Es war ihnen zu republikanisch. Erst mit dem Ende der Monarchie und der Ausrufung der Republik, wurde es 1922 von den Sozialdemokraten unter Friedrich Ebert in allen drei (!) Strophen zur Nationalhymne erhoben.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Lied der Deutschen auf die erste Strophe verkürzt, der nahtlos mit ganz anderer Melodie das Horst-Wessel-Lied »Die Fahne hoch« folgte. Bei Gründung der Bundesrepublik wurde verfolgt, dem Land eine völlig neue Hymne zu geben, doch das machten die Bürger nicht mit. Sie wollten das Lied der Deutschen.

1952 wurde das Lied der Deutschen durch Bundeskanzler Adenauer (CDU) und Bundespräsident Heuß (FDP) in allen drei Strophen wieder zur Nationalhymne erklärt, mit dem Vermerk, dass zu offiziellen Anlässen die dritte Strophe angestimmt wird. 1991 bestimmten die Nachfolger Kohl (CDU) und von Weizsäcker (CDU) dass ab sofort nur die dritte Strophe des Lied der Deutschen Nationalhymne ist. Verboten ist der Rest aber nicht.

Von daher mag es unangenehm sein, dass schlecht informierte Gastgeber die falsche Strophe anstimmten, aber überreagieren muss man deswegen, außer einen Hinweis auf den Fehler, auch nicht. Es ist letztlich jedoch interessant, wie wichtig auf einmal dem deutschen Tennis-Team die eigene korrekt wiedergegebene Hymne ist.

Wir Deutschen sind ja ansonsten nicht wirklich dafür bekannt, dass man es mit der Hymne so genau nimmt, wie andere Völker, die da immer mit voller Inbrunst einstimmen. Hierzulande erlebt man vielmehr Sportler, die selbst bei der richtigen Strophe »Einigkeit und Recht und Freiheit« genüsslich Kaugummi kauen. Was soll das für Eindruck bei den anderen für die Auswahl der Strophen machen?

Mehr dazu unter welt.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Dirk S

@ Jomenk

Zitat:"Wir brauchen nur den Text etwas ändern"

Gabs schon früher mal im "Scheibenwischer":

Deutschland, Deutschland, über alles,
über alles wächst mal Gras.
Sind wir erst einmal darunter,
sagt das Weiße Haus: "Das wars!"

@ E. Ludwig

Zitat:"Das hätte wenigstens eine lustige Komponente!"

Ja, das wäre doch mal was anderes. Wo man uns Deutschen doch nachsagt, wir hätten keinen Humor.

Wobei mir in Erinnerung liegt, dass tatsächlich mal nach 1990 "Auferstanden aus Ruinen" als deutsche Nationalhymne gespielt wurde. Und zwar 2015 in Lettland: http://www.focus.de/sport/wintersport/panne-in-sigulda-peinlich-gold-rodler-bekommen-ddr-hymne-zu-hoeren_id_4477094.html .

Hymnenfreie Grüße,

Dirk S

Gravatar: E. Ludwig

@ Dirk S
Ztat::Die hätten ja auch "Auferstanden aus Ruinen" spielen können.
Oder noch besser wie in Wikipedia zu lesen ist:

Für das diplomatische Protokoll wurde aber eine offizielle Hymne benötigt. Bundeskanzler Konrad Adenauer empfand es als peinlich, dass zum Beispiel bei einem deutsch-belgischen Fußballspiel in Köln nach der belgischen Hymne der Karnevalsschlager „Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien“ gespielt wurde; er selbst war bei einem Staatsbesuch in Chicago mit „Heidewitzka, Herr Kapitän“ empfangen worden,[11] das ebenfalls von dem Krätzchensänger Karl Berbuer stammte.

Das hätte wenigstens eine lustige Komponente!

Karnevalistische Grüße
E. Ludwig

Gravatar: K Becker

Unser Land wird nur noch von Lachnummern vertreten und ich muß weinen.
Die Einen sind bei "Deutschland verrecke" die Anderen ignorieren die National-Hymne (bohren in der Nase, obwohl sie von den deutschen Anhänger fürstlich überbezahlt werden), Weitere regen sich über die Maßen auf, weil ein Versehen unterlaufen ist.
Toleranz und Respekt, wird nur von den Anderen angefordert, selbst ist man mit dem scharfen Schwert, bei der Hexenverbrennung angelangt - unterm Jubel der "Gutmenschen".

Gravatar: Mr. Muro

Wenn so eine Lappalie das Schlimmste ist was so manchen passiert ist, dann sollten sie mal aus ihrem goldenen Turm steigen und schauen wie das leben in Deutschland wirklich ist.

Gravatar: Jomenk

Wir brauchen nur den Text etwas ändern:

Deutschland, Deutschland unter allem........

Dann passt es doch.

Gravatar: Alfred

Wenn es den Ausländern egal ist, warum brechen die Deutschen wieder in Tränen aus.
Make Germany great again! Oh, oh das darf man ja nicht sagen!!!!!! Da fangen die Gutmenschen wieder fürchterlich an zu weinen.....

Gravatar: karlheinz gampe

Singe, wem Gesang gegeben !
Wer in Sack und Asche gehen will, soll das tun. Unsere gierigen sich selbst bedienenden Politiker mit ihren teuren Edelklamotten.und verlogenen Lippenbekenntnissen laufen jedenfalls nicht im Büßergewand rum !
Deppen machen immer viel Lärm um nix.

Gravatar: mah

Putin schlägt wieder zu!
Luftwaffe fliegt Beruhigungsmittel für Sportler nach Hawaii!
PEGIDA steckt dahinter!
Hasskriminalität breitet sich aus.Maas setzt Sonderkomission ein! Der Vorgang ist innerhalb von 24h aus der Menschheitsgeschichte zu löschen.

Frauen überdurchschnittlich betroffen! Tief traumatisiert.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auf Sportplätzen. Trump schreckt vor nichts zurück.
Populismus im Pazifik.
Künast, Göring-Eckardt und Peter janz jewaltich betroffen.
Hat eigentlich der Zentralrat der......Wie? Nein? Na, dann kommt's noch.

Irgendwie ist es wie früher auf dem Dorf. Du schmeißt einen kleinen Stein gegen ein Hoftor und dann kläffen die Köter ohrenbetäubend für mehrere Minuten. Das klappte nicht überall, aber man kannte ja seine Stellen.

Gravatar: Dirk S

Na ja, unschön, aber nichts wildes. Die hätten ja auch "Auferstanden aus Ruinen" spielen können. Spricht allerdings nicht sehr für das Organisationskomitee, korrekte Nationalhymnen sollte die schon hinbekommen. Allerdings hätten die Sportler dem Sänger mal eben kurz über den kleinen Dienstweg stecken können, dass er die falsche Strophe singt. Aber das gleich hysterisch werden wie kleine Mädchen, die das erste mal in ihrem Leben eine Nasenbären sehen, ist auch überflüssig. Wenn so eine Bagatelle das Schlimmste im Leben von Frau Petkovic gewesen ist, dann war die noch nie draußen in freier Wildbahn. Aber sie sollte sich glücklich schätzen, denn es geht auf jeden Fall viel schlimmer als nur ein Falscher Hymnentext.

Aber Danke für die korrekte Wiedergabe der Entstehung und der Bedeutung des "Liedes der Deutschen". Eigentlich erschreckend, wie wenig die Deutschen über ihre Nationalhymne wissen. Und ich finde, die dritte Strophe ist eigentlich eine schöne Nationalhymne, weich und positiv. Das haben nicht allzuviele Staaten im Angebot.

Ach ja, wenn mal wieder WM / EM ist, einfach mal die Chance nutzen und im Videotext sich die Übersetzungen der Nationalhymnen ansehen. In Europa (und wohl auch weltweit) dürften, was Blutgier und Gewaltverherrlichung betrifft, die Franzosen führend sein, die Südamerikaner kommen wohl danach , die sind da auch nicht zimperlich in den Texten.

Ruinenfreie Grüße,

Dirk S

Gravatar: P.Feldmann

Danke für diesen Artikel!
Entscheidend ist doch, daß diese Tennisasse wohl mehr pc-"politisch interessiert" sind als Ahnung von der Sache und vor allem Können in ihrem Sport zu haben. Denn in der Folge haben Sie verloren! Vermutlich aufgrund des Schocks...

Immerhin wird hier deutlich vor Augen geführt, wohin ein hysterisches Geschichtsverständnis führt. Und D haben sie mit ihren "Tränen und ihrer Empörung" sicherlich noch lächerlicher gemacht als es im Ausland durch Merkel&Co eh erscheint... welcome-land

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