Türken attackieren Kurden in syrischer Grenzprovinz Afrin

Türkische Bodentruppen im Norden Syriens einmarschiert

Kurdische Milizen im Norden Syriens haben unterstützt vom Westen die Terrormiliz IS erfolgreich verdrängt. Jetzt droht ihnen Ungemach vom NATO-Mitglied Türkei. Türkische Bodentruppen marschierten am Sonntag in die syrische Kurdenprovinz Afrin ein.

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Türkische Bodentruppen marschierten am Wochenende in die von kurdischen Milizen kontrollierte Region Afrin im Nordwesten Syriens ein. Damit setzte die Türkei ihre Offensive gegen kurdische Truppen fort, die zuvor dort erfolgreich die Terrormiliz »Islamischer Staat« bekämpften.

Die türkische »Operation Olivenzweig« hat die mit den USA verbündeten kurdischen Volksschutzeinheiten YPG in der Enklave Afrin zum Ziel. Dabei bombardierten am Sonnabend türkische Kampfflugzeuge Stellungen der YPG. Sonntag rückten schließlich auch Bodentruppen über die türkisch-syrische Grenze vor.

Die sich als autonom bezeichnende Provinz Afrin ist von Islamisten, protürkischen Milizen und der Landesgrenze fast eingeschlossen. Seit einiger Zeit regiert dort eine Koalition aus oft säkularen Kurden, orientalischen Christen und arabischen Muslimen unter Führung der linken PYD.

Nach ersten Berichten wurden bei den ersten türkischen Angriffen sechs Zivilisten und drei kurdische Kämpfer getötet. Es gebe zudem unzählige Verletzte. Von Syrien aus wurden als Reaktion drei Raketen über die Grenze geschossen, die in der türkischen Grenzprovinz Kilis einige Wohnhäuser beschädigten. Hier gab es eine verletzte Person.

Am Sonnabend gab es ein Telefongespräch zwischen US-Außenminister Rex Tillerson, seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu sowie dem russischen Außenminister Sergej Lawrow, über dessen Inhalt noch nichts bekannt ist. Das US-Außenministerium erklärte nur, es wolle keine Eskalation zwischen der Türkei und der YPG.

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim erklärte, die Türkei wolle im Norden Syriens eine 30 Kilometer breite Sicherheitszone an der Grenze schaffen. Präsident Recep Tayyip Erdogan ergänzte dabei, die YPG-Miliz werde grundlegend vernichtet.

In Afrin leben aktuell mindestens 800.000 Zivilisten, die teilweise im Rahmen des Bürgerkrieges aus anderen Gegenden in Syrien hierher geflohen sind. Es sollen sich zwischen 8.000 und 10.000 Kämpfer der YPG dort aufhalten. Die USA haben die YPG im Kampf gegen die Terrormiliz »Islamischer Staat« mit Waffen ausgerüstet. Die Türkei sieht in der YPG einen verlängerten Arm der als Terrororganisation verbotenen Arbeiterpartei PKK auf syrischem Boden.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan kündigte unterdessen an, dass nach der Afrin-Offensive auch ein Angriff auf die Region um die Stadt Manbidsch folgen solle, die ebenfalls von einem Bündnis unter Führung der kurdischen Volksschutzeinheiten YPG kontrolliert wird. Russland hat unterdessen seine Truppen aus der Region um die Stadt Afrin abgezogen, um die Sicherheit der russischen Soldaten zu gewährleisten, heißt es aus Moskau.

Wie bei den nach Unabhängigkeit strebenden irakischen Kurden drohen auch die im Kampf gegen den IS erfolgreichen syrischen Kurden abermals im Stich gelassen zu werden. Die Bundesregierung unterstützt durch Bestrebungen des Außenministers Sigmar Gabriel (SPD) wieder die Türkei mit Waffenlieferungen durch Rheinmetall und schweigt weitgehend. Frankreich hat zumindest nun eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates beantragt.

Gegen den Wunsch aus Paris kam postwendend Protest aus der Türkei. Außenminister Cavusoglu erkläte, wenn Frankreich oder ein anderes Land den Einsatz vor die Vereinten Nationen bringe, stehe es nicht als Verbündeter an der Seite der Türkei, sondern vielmehr an der Seite einer Terrororganisation wie der kurdischen YPG und werde von Ankara dementsprechend behandelt.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Dafeanzl

Hallo, Sie haben weggelassen, dass es doch das allerschlimmste ist, dass schon wieder ein NATO Staat in einen souveränen Staat(das ist Syrien!) einmarschiert und Bomben wirft! Sie haben den Protest Assads weggelassen!
Die Türken wollen IN Syrien eine 30 km breite Zone errichten:ja geht's noch?

Gravatar: Uferschwalbe

Ich stehe nicht auf der Seite einer national islamistisch ausgerichteten türkischen Regierung, bin ich nun ein Feind oder Freund einer einst demokratisch westlich ausgerichteten Türkei welche ein Partner war und vielleicht nicht mehr ist.

Schön das wenigstens Frankreich nicht zögert, aber das ist ja auch das Heimatland der westlichen Freiheit und Bürgerrechte.

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