Mitregierende Sozialdemokraten stürzen von 25 auf fast sechs Prozent

Niederlande vor schwieriger Regierungsbildung

Die niederländische Parlamentswahl ist ausgezählt. Die rechtsliberale VVD von Ministerpräsident Rutte blieb mit 21 Prozent weiter vorne, jedoch erlebte der sozialdemokratische Koalitionspartner PvdA mit 19 Prozentpunkten Verlust ein Debakel. Eine neues Bündnis muss gefunden werden.

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Nach Auszählung der Stimmen bei der niederländischen Parlamentswahl erwartet der amtierende Ministerpräsident Mark Rutte langwierige Koalitionsverhandlungen. »Das kann durchaus dauern«, erklärte der rechtsliberale Politiker, dessen Regierungsbündnis über keine Mehrheit mehr in Den Haag verfügt.

Zwar wurde Ruttes Partei Freiheit und Demokratie (VVD) trotz fünf Punkte Verlust mit Abstand stärkste Partei, doch mit ihren 21,2 Prozent, sprich 33 von 150 Mandaten, braucht sie mindestens drei Koalitionspartner zum Weiterregieren. Bisher reichte der VVD ein Bündnis allein mit  den Sozialdemokraten, doch die erlebten einen fatalen Absturz.

Die sozialdemokratische PvdA wurde massiv für den harten Spar- und Reformkurs der Koalition abgestraft. Von einst 25 Prozent verblieben der einst als zweitstärkste Kraft dicht hinter der VVD liegenden Arbeiterpartei nur noch 5,7 Prozent und neun Mandate. Stellte sie 1994 bis 2002 noch mit Wim Kok den Ministerpräsidenten, ist sie in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht.

Auf Platz 2 rangiert jetzt die EU-kritische Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders, die nach drei Punkten Zugewinn 13,1 Prozent holte und künftig 20 Sitze im niederländischen Parlament, der Zweiten Kammer, auf sich vereinen kann. Der bisherige Abstand von VVD und PVV hat sich mit dieser Wahl halbiert.

Hinzugewinnen konnten dahinter die Christdemokraten (CDA) und die linksliberale D'66 mit jeweils vier Prozentpunkten. Erstere sind jetzt mit 12,4 Prozent und 19 Abgeordnete in Den Haag vertreten, die Linksliberalen folgen mit 12,1 Prozent und ebenso 19 Sitze.

Die seit 1994 im Parlament vertretene Sozialistische Partei (SP) kam fast unverändert auf 9,2 Prozent mit 14 Abgeordneten. Dahinter rangieren die GrünLinken (GL) mit fast sieben Punkten Zugewinn bei 9,0 Prozent, was ihnen auch 14 Mandate beschert. Das ist deren historisch bestes Ergebnis nach den 7,3 Prozent im Jahr 1998.

Alle weiteren Parteien sind dann schon eher marginal zu nennen. Am besten schnitt noch als achtstärkste Kraft die 2001 gegründete orthodox-calvinistische ChristenUnion (CU) mit 3,4 Prozent ab, was aufgrund der fehlenden Prozenthürde in den Niederlanden fünf Abgeordnete bedeutet. Gleichfalls fünf Sitze stellt die Partei für die Tiere (PvdD) mit 3,2 Prozent.

Rutte könnte als eine Option mit den Christdemokraten (CDA), der linksliberalen D'66 und dem bisherigen Partner PvdA eine Koalition bilden, sofern die Sozialdemokraten nach ihrem Absturz noch dazu bereit sind. Sie werden wohl nach dem Schock eher der Oppositionsarbeit zuneigen.

Alternativ könnte Rutte statt der Sozialdemokraten auch die GrünLinken oder die ChristenUnion (CU) nehmen. Erforderlich für eine Regierungsbildung sind 76 der 150 Parlamentssitze, wovon 33 Sitze die VVD als stärkste Fraktion hätte.  Es fehlen folglich 43 für eine parlamentarische Mehrheit. Koalitionen mit Wilder's PVV schlossen alle aus.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gisela Glatz

Die Wähler haben nicht bemerkt, daß sie wie Marionetten bewegt worden sind. Die Verbote der türkischen Wahlauftritte haben bewußt verhindert, daß die Partei Wilders einen Wahlerfolg haben kann. So wird überall, nicht nur in Deutschland, das Volk zur dummen Masse gemacht. Aber vielleicht kommen diese Menschen auch noch dahinter und werden dann die richtige Regierungspartei wählen. Anmerkung: Ich finde es aber trotzdem richtig, das die Türken außerhalb ihres Landes keine Wahlpropaganda machen dürfen !!!

Gravatar: Ingo Möller

Schade- meine holländischen Freunde- aber ihr habt wir eurer Wahl (sofern die Zahlen stimmen) eine große Chance verspielt. Getreu dem Motto:
Was das Schiff sinkt- die Kapelle spielt doch noch.

Gravatar: Dafranzl

Und unsere Qualitätsmedien??? jubeln in aus unseren Wahlen bekannter Weise, dass Rutte GEWONNEN hat...
Hat er eben NICHT! Aber das ist ja auch wurscht, Holland ist sowieso verloren, die Türken kommen!

Gravatar: Anton

Der mathematische Gewinner Rutte ist eigentlich ein
Verlierer! Trotzdem, daß er die Linie von Wilders am
Vorabend der Wahl benützt hat, also die Ablehnung der
Türkei und des Islam(!) um Wilders Argumente zu entkräften, zeigt, wie man "Populismus", wenn es Einem
dient, zum Wahlerfolg mißbraucht! Eine miese Politik,
die nicht mehr zu übertreffen ist!
Man muß abwarten, ob Rutte tatsächlich seine Worte
wiederholt, wonach der Präsentator gefragt hat, nämlich:
"Würden Sie, Herr Rutte es noch einmal wiederholen?",
die er bejahte!!!
Mit dem Verlust von 10 Sitzen, sein Kontrahent Wilders
mit + 5, kann man von einem "überzeugenden" Sieg nicht
reden, denn die Koalitionsverhandlungen mit mindestens
3 Parteien stehen aus und werden sehr schwierig werden.
Nachdem die Koalitionspartner zusammen mehr Sitze
haben werden als Herr Rutte, wird er in seiner Polit-Entscheidungen arg ins Bedrängnis geraten.
Das heißt, sein Bumerang wird ihn einholen und es ist gut
nach seiner listigen Vorstellung am Wahlvorabend!!!

Gravatar: Maria

Diese Bonbon mit dem bitteren Nachgeschmack haben uns die üblichen "Qualtitätsmedien" in ihrer Siegeslaune über den strahlenden Gewinner Rutte gestern anders serviert.
Die haben sich ja geradezu in den Europarausch phantasiert weil Wilders nur zweiter wurde.
Naja wir leben seit Jahren in politischen,wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zuständen die schöngeredet werden.

Gravatar: Aufbrch

" Koalitionen mit Wilder's PVV schlossen alle aus." Warum wird der Wählerwille wieder derart ignoriert und mit Füßen getreten? Wilders PVV ist zweitstärkste Kraft in Holland und wird einfach weggepustet. Sollten bei dem Versuch der anderen Parteien, eine Regierung zu bilden, die Fetzen fliegen, wird man vielleicht doch noch auf die PVV zurückgreifen müssen. Holland und Europa würde es guttun, da damit ein "weiter so" vom Tisch wäre.

Gravatar: HDM

Eigentlich sch...egal wer mit wem. Hauptsache alle gegen Einen. Ist doch überall das selbe: in Österreich jeder (egal welcher Couleur) gegen Hofer und ALLE ANDEREN ZUSAMMEN kommen schlußendlich mit Mühe und Not auf etwas über 50%. In den USA hacken die Wahl-Unterlegenen völlig hirnbefreit auf dem demokratisch gewählten Präsidenten rum und werfen ihm ständig 'Knüppel zwischen die Beine'. In Sachsen-Anhalt koalieren 3 Parteien, die zusammenpassen wie maximal Fausthandschuh und Sandsack. Schwarz & Rot (beide zusammen 40,4%) lassen sich dabei von den gerade-mal-über-5%-Grünen regelmäßig an der Nase herumführen, nur um im Landtag die 24,3%-AfD in Schach zu halten. Was kommt dabei raus? Natürlich nix. Macht aber auch nichts - das wäre ohnehin das erste Mal in Deutschland, daß bei Politik irgendwas Vernünftiges rauskäme.
Spiel nicht mit dem Schmuddelkind!

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