Nach Streit über den Kurs zur Unabhängigkeit Kurdistans

Kurden-Chef Massud Barsani tritt ab

Massud Barsani hoffte mit einem Referendum zur Unabhängigkeit des nordirakischen Kurdistans zu gelangen, doch interne Konflikte und eine irakische Militäroffensive ließen die Kritik an ihm mehren. Jetzt tritt der Präsident der kurdischen Autonomieregion zurück.

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Der Präsident der autonomen Kurdenregion im Nordirak, Massud Barsani, zieht die Konsequenzen aus den militärischen Rückschlägen der Kurden gegen die irakische Armee. Der 71-jährige erklärte am Sonntag seinen Rückzug aus dem Amt zum 1. November. Das Parlament in Erbil solle sich um die Machtübergabe kümmern und kein politisches Vakuum zulassen, sagte er.

Barsani ließ trotz interner Widerstände die Kurden im Irak am 25. September über die staatliche Unabhängigkeit von Bagdad abstimmen. Dabei votierten die Kurden zwar mit 92 Prozent fast geschlossen für die Abspaltung, doch forderte die irakische Zentralregierung eine Annullierung des Ergebnisses.

Als das bei den Kurden auf Ablehnung stieß, begann die irakische Regierung eine Militäroffensive in den Norden, rückte dabei in Gebiete vor, welche die Kurden vor rund drei Jahren unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Es handelt sich dabei um eroberte Gebiete, die überwiegend von Kurden besiedelt sind, aber auf die sowohl die Zentralregierung als auch die kurdische Autonomieregierung territorial Anspruch erhebt.

Kurdische Peschmerga-Kämpfer zogen sich nach ersten Angriffen aus vielen dieser Gebiete kampflos zurück, wobei insbesondere der Verlust der ölreichen Region Kirkuk ein schwerer Schlag für die Kurden ist. Diese Region mit ihren Ölquellen ist für einen unabhängigen Kurdenstaat wirtschaftlich recht wichtig.

Auch wenn Kirkuk außerhalb des offiziellen kurdischen Autonomiegebietes liegt, wird es von vielen Kurden als Zentrum ihres Vaterlandes angesehen. Viele gaben dem seit 2005 amtierenden Barsani eine Mitschuld an dem Debakel. Mit dem schnellen Referendum habe er sich verkalkuliert. Daher wurden Forderungen nach einem Rücktritt Barsanis immer lauter.

Schon seit langem bestehen in der nordirakischen Kurdenregion Spannungen zwischen Barsanis liberal-konservativer Demokratischer Partei Kurdistans (DPK) und der anderen großen Partei, der sozialdemokratischen Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Wegen des Streits wurden die ursprünglich für 1. November angesetzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Autonomieregion verschoben.

Nach dem Rücktritt Barsanis wird jetzt über die vorläufige Aufteilung der verschiedenen Machtbereiche unter den Kurden bis zur Präsidentenwahl gestritten. Ein Datum hierfür gibt es noch nicht. Die Opposition lehnt die von Barsanis DPK und der PUK bisher vorgeschlagene Machtaufteilung ab.

Am Wochenende traten Vertreter der kurdischen Peschmerga und der irakischen Streitkräfte in Gespräche über eine Lösung ihres Konflikts ein. Der irakische Ministerpräsident Haider Al-Abadi sagte, bei den Gesprächen gehe es um die friedliche Stationierung irakischer Soldaten an den Grenzübergängen der Kurdengebiete zur Türkei, dem Iran und Syrien.

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