Ein weiterer Schritt in eine traurige Realität

Nun hat die Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) auf ihrer Sitzung am 27. April 2015 eine Änderung der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ (Grundordnung – GrO) beschlossen. So läßt die DBK in einer Pressemeldung wissen.

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Kernpunkte sind die Zulassung von Gewerkschaften in kirchlichen Betrieben und Einrichtungen, sowie eine Reform der Bestimmungen zu den Loyalitätsanforderungen an kirchliche Mitarbeiter. Insbesondere der zweite Punkt bestimmt heute die Nachrichten und Kommentare über diese Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts. Eine erneute zivile Trauung stellen nach den neuen Regeln ebensowenig automatisch einen Kündigungsgrund dar, wie eine gleichgeschlechtliche Verpartnerung. Die verabschiedeten Rechtsnormen müssen allerdings von jedem Diözesanbischof für seine Diözese in geltendes Recht umgesetzt werden. Unterbleibt dies, so gilt das alte Recht weiter. Es wird abzuwarten sein, wieviele Diözesen dies nun vollziehen werden.

Bei Licht betrachtet wird jetzt in geltendes Recht umgesetzt, was längst gängige Praxis in kirchlichen Betrieben und Einrichtungen ist. Nicht etwa eine vermeintlich bessere Einsicht, wie öffentlich dargestellt oder gar ein Aufgeben der kirchlichen Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe, wie einige Kommentatoren vermuten, sind im Kern der Grund für diese Änderung. Es ist viel banaler und damit dem Grunde nach noch sehr viel dramatischer. Weder der Caritasverband noch andere Träger kirchlicher Einrichtungen und Betriebe können es sich noch leisten, das bislang geltende Recht streng umzusetzen. Man will offensichtlich, insbesondere in den Bereichen Soziales, Bildung und Erziehung das Feld nicht räumen. Doch weder die Caritas noch ein anderer kirchlicher Träger hat genügend Arbeitskräfte, die den Bedingungen des geltenden Rechts genügen.

In der Vergangenheit hat man stillschweigend über die zivile Wiederheirat der Krankenschwester hinweg gesehen, so diese kein Politikum daraus machte. Gleiches gilt auch für Kindergärten, Schulen, Altenheime und in der Verwaltung. Selbst in Ordinariaten hat man bei einer guten Sekretärin im Zweifel einfach eine irreguläre Situation ignoriert, wenn es denn eben möglich war. Fakt ist, die Krankenschwester, die Putzfrau, die Sekretärin und viele andere machen ihre Arbeit nicht schlechter, wenn unverheiratet zusammen leben oder zivil nach Scheidung wieder heiraten.

Statistisch wird jede dritte Ehe in Deutschland geschieden. Viele Geschiedene gehen nach der Scheidung neue Partnerschaften ein, dabei spielt es für die Kirche keine Rolle, ob dies formell durch zivile Trauung oder informell durch eheähnliche Lebensgemeinschaft vollzogen wird. In jedem Falle liegt dann eine irreguläre Lebenssituation vor, die der Lehre der Kirche widerspricht und dem Grunde nach einen Loyalitätsverstoß darstellt. Nach bisher geltendem Arbeitsrecht konnte unmittelbar gekündigt werden.

Wollte nun beispielsweise der Caritasverband mit seinen rund 500.000 Beschäftigten bei jedem Loyalitätsverstoß eine Kündigung aussprechen, so könnte man einen großen Teil der Einrichtungen gleich schließen. Das ist Fakt, auch wenn darüber keine offiziellen Zahlen veröffentlicht sind. Da reicht allein der gesunde Menschenverstand. Gleiches gilt für Kindergärten, Krankenhäuser, Altenheime, Schulen und Verwaltungen.

Man mache sich allerdings keine Illusionen, im Bereich der Pastoral, der Verkündigung, der Katechese wird man auch künftig – zumindest vorläufig – noch andere Maßstäbe anlegen. Der geschiedene, zivil wiederverheiratete Diakon mit Zivilberuf ist auch künftig nicht vorstellbar. Religionslehrer werden auch künftig die Missio nicht behalten können, wenn sie in irregulärer Situation leben. Auch öffentliches Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche (Die Pressemeldung der DBK nennt hier die Propagierung von Abtreibung oder von Fremdenhass als Beispiele) werden künftig nicht akzeptiert werden und zur Kündigung führen. Der Chefarzt einer Onkologie in einem katholischen Krankenhaus, der die aktive Sterbehilfe öffentlich befürwortet, wird ebenfalls mit seiner Kündigung rechnen müssen.

Einen Einschnitt stellt die Zulassung von Gewerkschaften in kirchlichen Betrieben und Einrichtungen dar. Zwar ist ein Liturgiestreik der Pfarrer wohl auch in Zukunft nicht zu erwarten, doch es ist der Abschied vom “dritten Weg”, der hier eingeleitet worden ist. Während Priester keine Angestellten eines Bistums sind, sondern gegen Versorgung in Dienst genommen werden, gilt dies für Gemeindereferentinnen schon mal nicht. Die könnten demnächst mal streiken. Wie ein Generalvikar seinen Bischof anschaut, wenn seine Sekretärin demnächst den Arbeitskampf anzettelt, kann sich jeder selber ausmalen.

Kirchliches Arbeitsrecht ist ein Drahtseilakt. Das war das alte Arbeitsrecht auch schon. Das neue ist es noch einmal ein Stück mehr. Die Kirche ist kein Arbeitgeber wie jeder andere, da das Anbieten von Arbeitsverhältnissen und das Auftreten als Arbeitgeber und Unternehmer nicht der Kernbereich der Kirche ist. Kernauftrag der Kirche ist es, das Evangelium zu verkünden und den Gläubigen die Sakramente zu spenden. Der caritative Dienst der Kirche speist sich aus diesen Quellen. Man könnte sagen, die Caritas wächst eigentlich aus der Eucharistie. Die Fußwaschung am Gründonnerstag ist der wohl sprechendste Akt, den der Herr selbst gesetzt hat, dafür, wo die kirchliche Caritas ihre Heimat, ihren Ursprung, ihre Quelle hat.

Ein der Welt noch mehr angepaßtes Arbeitsrecht sendet hingegen eine ganz andere Botschaft: Hier erwächst nun der soziale Dienst der Kirche aus sehr weltlichen und durchaus kommerziellen Erwägungen. Die Kirche ist einer der großen Player auf dem Sozial-, Erziehungs- und Bildungsmarkt. Mit einer immer weiter gehenden Angleichung an weltliche Bedingungen – nicht nur im Arbeitsrecht – wird die Kirche zumindest in diesen Bereichen immer mehr zu einem Unternehmen wie jedes andere. Das ist das Signal, das die Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts an die Welt sendet.

Mit der Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts erteilen die Bischöfe, die es in ihrer Diözese umsetzen werden, der notwendigen Entweltlichung der Kirche ein klare Absage. Die Alternative wäre, sich von allen Einrichtugen zu trennen, die man ehrlicherweise nicht mehr katholisch betreiben kann. Die kirchlichen Sozialdienstleister, Bildungseinrichtungen und sonstigen Einrichtungen könnten sich auch in säkularer Trägerschaft unter Beibehaltung hoher Qualität auf dem Markt behaupten. Ein solcher Schritt gäbe der Kirche an vielen Stellen freie Hand, sich um ihre Kernaufgabe besser zu kümmern. Man hat anders entschieden und das muß man zur Kenntnis nehmen. Man wird an den Früchten erkennen, aus welcher Quelle sich diese Maßnahme speist.

Beitrag erschien auch auf: katholon.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Alfred

Ist dies ein Schriftsatz aus dem Mittelalter? Ich glaube ich bin in ein Zeitloch geraten.

Gravatar: Joachim Datko

Es gibt kaum noch r.-k. Nachwuchspriester in Deutschland!

Zitat: "Zwar ist ein Liturgiestreik der Pfarrer wohl auch in Zukunft nicht zu erwarten, doch es ist der Abschied vom “dritten Weg”, der hier eingeleitet worden ist. "

Wenn man "Pfarrer" als Traumberuf hat, kann man evangelischer Pfarrer werden. Dort sind die Berufsaussichten auch einigermaßen gut.

Wenn sich ein r.-k. Priester eine heimliche Freundin nimmt, ist das auch kein Beinbruch. Viele Frauen haben gut bezahlte Berufe und können durchaus eine Familie ernähren, wenn ein Verräter einen anschwärzt.

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