Weltmächte konkurrieren um Einfluss auf den Handel

China und USA positionieren sich für den Wirtschaftskrieg der Zukunft

Die Chinesen erwerben Rechte an Ländereien, planen Schifffahrtskanäle und kaufen sich in internationale Häfen ein. Die USA bauen ein Bollwerk aus Militär- und Investitionsschutz-Abkommen.

Foto: OlliL/flickr.com/CC BY-SA 2.0
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China hat sowohl den anderen Schwellenländern als auch den Europäern etwas voraus. Man denkt geostrategisch, plant global und positioniert sich langfristig für die Zukunft. Diese globalen Ambitionen haben die Chinesen mit den US-Amerikanern und Russen gemein. Sie werden auch in Zukunft die entscheidenden Spieler auf dem geostrategischen Spielfeld sein.

Doch ihre strategischen Vorgehensweisen unterscheiden sich.

Henry Kissinger verwies in seiner Abhandlung über China auf die unterschiedlichen Konzepte der Strategie. Im Westen und Fernen Osten sind unterschiedliche Denk- und Vorgehensweisen verbreitet. Symbol des westlichen Strategiedenkens ist das Schachspiel, bei dem dem es darum geht, den Gegner schachmatt zu setzen. Es geht um den totalen Sieg. Symbol des östlichen Strategiedenkens ist dagegen das Spiel „Weiqi“ (auch als „Go“ bekannt). Hier geht es weniger um einen totalen Sieg, sondern vielmehr um das geduldige und langfristige Herausarbeiten vorteilhafterer Positionierungen auf dem Spielfeld. Es geht nicht um die direkte Konfrontation, sondern um den indirekte Wettstreit durch die Akkumulation von Vorteilen und das Besetzen freier Räume.

Die entscheidenden Faktoren der zukünftigen Wirtschaftskonfrontationen werden der Handel, der Zugang zu den Ressourcen und Märkten sowie der technologische Fortschritt sein. Wer hier rechtzeitig die Spielregeln zu seinen Gunsten beeinflusst, wird auf lange Sicht im Vorteil sein. Doch der Unterschied zwischen dem amerikanischen und dem chinesischen Vorgehen ist überdeutlich.

Amerikas Positionierung auf dem Schachbrett


Die einzigen Staaten der Erde, die den USA mittelfristig die globale Hegemonie streitig machen können, sind Russland und China. Die derzeitigen Bemühungen der US-Amerikaner zeigen überdeutlich, wie man versucht, wirtschaftlich und militärisch beide Länder einzudämmen und politisch schachmatt zu setzen.

Die fast tausend US-Militärbasen an allen neuralgischen Punkten der Erde, die NATO als transatlantisches Bündnis gegen Russland und rebellische Drittweltländer, die unzähligen Regierungsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen, die Einfluss auf auf die Politik fast aller Staaten der Erde zu nehmen versuchen – all diese Bemühungen zeigen das aufwendige Bestreben Washingtons, die Weltlage unter Kontrolle zu behalten.

Die internationalen Investitionsschutz-Abkommen, die der Öffentlichkeit als Freihandelsabkommen verkauft werden, sind ein wichtiges Element der US-Strategie. Es geht nicht nur um den Schutz der US-Investitionen und um Handelserleichterungen wie dem Abbau der Zölle. Es geht vor allem um die Eindämmung des wachsenden chinesischen Einflusses. Man will mit aller Macht die Spielregeln des Handels bestimmen und den Chinesen möglichst überall klare Grenzen aufzeigen. Ein Mittel dazu ist das TPP-Abkommen (Trans-Pacific Partnership) zwischen den USA und den Anrainer-Staaten des Pazifischen Ozeans, allen voran Kanada, Australien und Japan.

Barack Obama hat es in klare Worte gefasst: „Wenn Amerika nicht selbst die Regeln des globalen Handels schreibt, Regeln, die gut für unsere Unternehmen und Arbeitnehmer sind, dann werden andere diese Regeln schreiben. Dann wird China dies tun. Und ich bin nicht bereit, das zu akzeptieren.“ Und in der Washington Post schrieb Obama in einem präsidialen Gastkommentar: „The world has changed. The rules are changing with it. The United States, not countries like China, should write them.“

In der New York Times kommentierte Roger Cohen, wenn das TTP-Abommen scheitern würde, wäre dies ein Sieg für China. Man müsse verhindern, dass Peking der pazifischen Region die Wirtschaftsregeln diktieren könne. Zwar wird andererseits immer betont, TPP sei kein „Bollwerk gegen China“. Doch so richtig scheint das niemand glauben zu wollen.

Den Chinesen ist längst klar, dass TPP genauso ein Wirtschaftsbollwerk gegen ihr Land ist, wie das transatlantische TTIP ein Bollwerk zu Kontrolle Europas und gegen Russland ist. TTIP galt von Anfang an als Wirtschafts-NATO.

Auf diese Weise sollen beide Ozeane und beide Gegenküsten mit all ihren Ressourcen und Märkten nach US-Spielregeln agieren und soll ein Zusammenwachsen Eurasiens, wie es die Länder der SOZ propagieren, verhindert werden.

Chinas Positionierung auf dem Weiqi-Spielfeld


Da die NATO, IWF, Weltbank und viele andere Organisationen von den USA dominiert sind und die Amerikaner bis auf Weiteres militärisch die Hegemonialmacht der Welt bleiben werden, haben die Chinesen auf lange Sicht keine Möglichkeit, direkten Druck auf die Staatenwelt auszuüben. China ist militärisch nur vor der eigenen Haustür eine Macht. Es geht um die Inseln und Seewege im Südchinesischen Meer, um die Taiwan-Frage und um die Positionierung gegenüber Japan und Südkorea.

Außerhalb dieser Einflusszone gehen die Chinesen anders vor. Sie engagieren sich beispielsweise in Teilen Afrikas, die von den westlichen Ländern lange Zeit vernachlässigt wurden, fördern Öl in Angola und Sudan, bauen Straßen in Kenia, kaufen Land in Ghana oder Mosambik. Schritt für Schritt agieren sie wie Entwicklungshelfer, ohne jedoch in die dortigen politischen Verhältnisse maßgeblich einzugreifen oder den dortigen Regierungen Bedingungen zu stellen, wie es die Europäer oder Amerikaner tun.

Vor allem geht es jedoch den Chinesen um die Kontrolle der Seewege. Als Werkbank der Welt ist China auf dem Weg zum größten Exporteur. Schon heute ist China bestimmend für den weltweiten Containerverkehr. Shanghai hat bereits den größten Container-Hafen der Welt. Entlang aller wichtigen Handelsrouten kaufen sich die Chinesen Stück für Stück in internationale Hafenkonsortien ein, sichern sich Nutzungsrechte von Hafeninfrastruktur, investieren in neue Hafenanlagen, besetzen Schiffsliegeplätze und positionieren sich an allen Meeresstraßen und Schifffahrtsrouten. Chinesische Redereien erweitern unaufhörlich ihre Handelsflotten, und chinesische Werften bauen immer größere Containerschiffe, die an Transporteffizienz ihre ausländische Konkurrenz in den Schatten stellen. Auch in der Bereitstellung der Verladetechnik sind die Chinesen führend. Weltweit stammen mehr als 90 Prozent aller Container- und Hafenladekräne aus der Industrieproduktion im Reich der Mitte.

In Mittelamerika hat sich ein chinesisches Investor aus Hongkong die rechte und Ländereien für einen geplanten Kanal durch Nicaragua gesichert. Sollte dieses Projekt einmal umgesetzt werden, wäre dies eine direkte Konkurrenz für den US-überwachten Panamakanal. Doch noch mehr interessiert die Chinesen der Weg durch die Straße von Malakka, die man gern mit einem Kanal durch den thailändischen Teil der gleichnamigen Halbinsel abkürzen möchte.

Ihre weltweite wachsende Präsenz an allen Häfen wird unterstützt durch ein großes Netzwerk von Auslandschinesen, die ihre Verbindungen zur Heimat aufrechterhalten. Dieses Guanxi-Netzwerk hilft es den chinesischen Investoren, in vielen Ländern den Fuß in die Tür zu bekommen.

Auf diese Weise gewinnen die Chinesen weltweit an wirtschaftlichen und darauf folgend auch an politischen Einfluss, ohne andere Staaten in Abkommen und Bündnisse drängen zu müssen. Sie haben überall nach Nischen gesucht und diese besetzt.

Die Chinesen haben Zeit – den US-Amerikanern läuft die Zeit davon


Die Chinesen wissen, dass sie früher oder später die USA an Wirtschaftskraft überholen werden. Es ist nur eine Frage der Zeit. Die USA wissen, dass sie Chinas Aufstieg zur Supermacht nur dann verhindern können, wenn sie von vornherein dessen Aufstieg an allen Fronten eindämmen. Für die wirtschaftlich gebeutelte USA – mit ihrer Sorge vor einem Zusammenbruch des US-Dollars als Weltleitwährung – ist es somit ein Weltlauf mit der Zeit. Je länger sie zögern, desto mehr verschiebt sich der Vorteil zugunsten des Reiches der Mitte.

Dies ist einer der wichtigsten Gründe, weshalb Politiker wie Barack Obama und Hillary Clinton auf einen möglichst schnellen Abschluss der Abkommen TPP und TTIP drängen und weshalb alle potentiellen Handelspartner Russlands und Chinas konsequent unter Druck gesetzt oder gegebenenfalls destabilisiert werden. Den Amerikanern läuft die Zeit davon. China wartet ab.


( Schlagwort: GeoAußenPolitik )

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Lara Berger

Sehr interessanter Artikel!
In der Sprache der Islamisierer hierzulande wäre danach also das TTIP Abkommen "rassistisch". ;-)
Ich finde, wir sind hierzulande viel zu sehr mit der Islamisierung abgelenkt um das vielleicht wirklich Wichtige zu bemerken: die heimliche Ausweitung chinesischer Aktivitäten. Ich stehe solchen Aktivitäten durch nicht ablehnend gegenüber, würde aber gerne deutlich mehr darüber erfahren. Der Kampf um die Beibehaltung unserer Kultur ist zwar sehr wichtig, aber man darf andere wichtige Themen deswegen nicht aus den Augen verlieren.
Ich sehe den steigenden Einfluß Chinas auf globaler Ebene eher positiv und habe das Gefühl, deren wachsender Einfluß könnte gegen den Islam helfen. Immerhin ist der Islam eine Ideologie, die jede kapitalistische Wirtschaft erstickt, aber Chinesen nutzen den Kapitalismus für sich, sind also sicher an einer Beibehaltung interessiert. Das macht sie automatisch zu Gegnern des fundamentalen Islam.
Die Wirtschaftsinteressen der USA in allen Ehren, natürlich möchten Amis auch ihre Arbeitsplätze behalten, aber wir sollten andere Mächte darüber hinaus nicht aus den Augen verlieren. Denn womöglich könnte eine Umorientierung helfen, unseren Wohlstand zu erhalten und nicht ertragslos in alle Welt zu verteilen.
Also möchte ich gerne die Frage an die "Journalie" richten: was treiben andere Großmächte eigentlich so hier in Europa?

Gravatar: Stephan Achner

"... Regeln, die gut für unsere Unternehmen und Arbeitnehmer sind, ..." - sagt Barack Obama. Wenn man sich die stetig steigenden Handelsbilanzdefizite der USA in Bezug auf China, Japan, Südkorea, Vietnam etc. anschaut, dann gibt es doch kaum noch Unternehmen in den USA, die exportieren, weil die USA keine exportfähigen Produkte mehr haben - ausgenommen vielleicht noch Waffen.

Das Kernproblem der USA sind nicht fehlende oder falsche Regeln für Unternehmen und Arbeitnehmer, sondern der Verlust der Fähigkeit, Güter herzustellen, die auf den asiatischen Exportmärkten eine Chance haben. Wenn man sich mit dem Zustand der US-Real-Wirtschaft näher und ideologisch unvoreingenommen befasst, dann ist klar, woran das liegt: Fehlende Innovationsfähigkeit, viel zu hohe Unternehmenssteuern, strangulierende Regulierungen der Wirtschaft, niedriges Bildungsniveau der Arbeitnehmer durch schlechtes Schulsystem, fehlende duale Ausbildungssysteme und manches andere mehr. Deshalb verlassen ja auch seit vielen Jahren jede Menge US-Unternehmen die USA und gehen u.a. nach China, Vietnam, Mexico.

TPP ändert überhaupt nichts an den Ursachen der US-Wirtschafts-Probleme. Eher im Gegenteil. Aber das kapiert dieser Grinsemann im Weißen Haus einfach nicht.

Gravatar: ANTON  AMAN

Hoffentlich hat die Frau Merkel diesen sehr aussagekräftigen Bericht gelesen, um zu wissen, was sie
für eine Gefahr für Europa geworden ist.
TTIP darf nicht unterzeichnet werden, wir Europäer wollen
keinen US-Würgegriff und vor allem wir wollen keine
zerstörerische Kriege zu Gunsten des

IMPERIUM DES BÖSEN!!!

Gravatar: Walt Maista

Und wenn dann Trump Präsident werden sollte, wirft er
alles wieder um.

Denn er will TTIP und TTP verhindern. Übrigens hat Clinton das auch verkündet. Wie passt das denn mit diesem Artikel zusammen?

Die Globalisierung schreitet mit gefährlich schnellen Schritten voran. Der Kampf um die begehrten, wenigen vorderen Plätze wird zusehends härter.

Daran glauben müssen IMMER die normalen Bürger, die keine besondere Lobby haben. Selbst Wahlen sind heutzutage kein Garant mehr für einen echten Wechsel in Politik und Wirtschaft.
Wir, das "Pack" werden diese riesige Zeche bezahlen müssen. Da führt absolut kein Weg dran vorbei.
Nicht einmal ein ausgedehnter 3. Weltkrieg würde diese Entwicklung nachhaltig stoppen. Die Weltwirtschaft ist darauf ausgelegt, aus allem, aus wirklich allem Profit zu schlagen. Da zählt das einfache Volk in den westlichen Ländern nicht mehr als das es buchstäblich als Stimmvieh oder Steuerzahler abqualifiziert wird, bzw. schon ist.
Ich mache mir keine Hoffnungen mehr. Und das hat jetzt nichts mit Merkel zu tun.

Gravatar: Klaus Kolbe

Ohne das positiv oder negativ bewerten zu wollen, aber das nennt man geostrategisches Agieren. Nur wer in der Lage ist, so zu handeln, ist wahrlich souverän.

Die Zeiten scheinen endgültig vorbei zu sein, in denen man das Reich der Mitte nach Belieben herumschubsen konnte. Und in dieser Hinsicht haben die Chinesen sicher ein gutes Gedächtnis – wenn es um Anglo-Amerikaner geht.

Dieses Land militärisch anzugreifen, das traut sich die noch einzige Weltmacht nicht – ebenso, wie sie sich das bei dem anderen großen Mitspieler auf dem Schachbrett, Rußland, nicht traut.
Bis zu dieser Zeit haben sie ja jeden plattgemacht, in die Steinzeit zurück kaputtgebombt, wer sich ihnen nicht freiwillig unterworfen hatte.
Bei diesen Ländern, meistens Drittweltländer, die ihnen militärisch in überhaupt keiner Weise das Wasser reichen konnten und über keine Atomwaffen verfügten, ging das noch recht einfach – da wurden auch Nato-Mitgliedsländer genötigt, mitzumachen.
Bei fast gleichstarken oder auch gleichstarken Gegnern trauen sie sich das aber nicht …

Alle Imperien in der Geschichte bisher sind untergegangen – bei diesem kann man den Untergang gerade live mitverfolgen.
Bleibt zu hoffen, daß der Zusammenbruch unblutig abläuft (wie das bei der Sowjetunion der Fall war), worüber der Beweis aber noch zu erbringen wäre. Ebenfalls zu hoffen bleibt, daß wir in der Zeit danach eine multipolare Welt sehen. Diese ist auf jeden Fall einer unipolaren vorzuziehen, denn Macht (ohne Gegenmacht) verleitet dazu, selbige zu mißbrauchen – das war, wie man immer wieder sehen konnte, bisher allen Imperien innewohnend.

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