Dienstag will das SPD-Präsidium zur Schulz-Nachfolge entscheiden

Andrea Nahles soll zu Fastnacht Kommando übernehmen

In der SPD wächst die Diskrepanz zwischen Parteispitze und Basis. Spitzenfunktionäre wollen Andrea Nahles schon am Dienstag im zehnköpfigen SPD-Präsidium zur kommissarischen Parteichefin wählen. An der Mitgliederbasis gibt es daran Kritik.

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SPD-Chef Martin Schulz gilt seit seinem in Folge innerparteilicher Kritik am Freitag schriftlich erklärten Rückzug für das Außenministerium als abgetaucht. Nunmehr mehren sich dort Forderungen nach einem raschen Wechsel an der Parteispitze. Schulz wollte seinen Posten an der SPD-Spitze eigentlich erst nach dem Mitgliederentscheid zur Fortführung der großen Koalition räumen. Den Rückzug erklärte er so, als er noch Außenminister werden wollte.

Für die Nachfolge hatte damals Schulz, der erst im Dezember mit 82 Prozent als Parteichef wiedergewählt wurde, die Fraktionsvorsitzende im Bundestag Andrea Nahles vorgeschlagen. Den Führungswechsel sollte ein SPD-Sonderparteitag im März beschließen. Jetzt fordern Spitzenpolitiker wie SPD-Vizechefin Manuela Schwesig, dass Andrea Nahles das Amt schnell von Schulz übernimmt. Und zwar schon am Dienstag bei einer SPD-Präsidiumssitzung.

Auch der Vorsitzende des parteirechten Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, erklärte, wenn der Vorstand Nahles als künftige Vorsitzende vorschlage, »ist es sinnvoll, sie jetzt gleich zur kommissarischen Vorsitzenden zu ernennen«. Auch der rheinland-pfälzische SPD-Vorsitzende Roger Lewentz sagte dazu: »Ich denke, dass es richtig ist, dass klare Verhältnisse geschaffen werden.«

Es gehe um den Vorschlag für den Vorsitz, über den ein Parteitag abstimmen werde. Zudem müsse geklärt werden, wer die SPD in der Übergangsphase leiten solle. »Andrea Nahles kann das«, gibt sich Lewentz überzeugt. Jetzt sieht ein Regieplan vor, dass das zehnköpfige, ohne Schulz neunköpfige SPD-Präsidium bei seiner Sitzung am Dienstag, Andrea Nahles sofort zur kommissarischen Parteivorsitzenden bestimmt.

An einem solchen Verfahren gibt es unterdessen aber auch Kritik aus der SPD-Mitgliederbasis. Die Statuten sehen vor, dass bei einem Rückzug des Vorsitzenden einer der Stellvertreter das Amt kommissarisch übernimmt. Davon gibt es sechs: Malu Dreyer, Natascha Kohnen, Thorsten Schäfer-Gümbel, Olaf Scholz, Manuela Schwesig und Ralf Stegner. Andrea Nahles gehört dem Präsidium nicht an. Sie ist auch kein gewähltes Vorstandsmitglied, sondern nur qua Amt als Fraktionschefin eingeladen.

Während sich die SPD zur Frage eines Koalitionsvertrags, den zur Regierungsbildung theoretisch nur ihren Gewissen gegenüber verantwortliche Abgeordnete von Fraktionen eingehen, einem Mitgliederentscheid stellt, sollen über die Ernennung einer wenn auch erst einmal kommissarischen Parteivorsitzenden nur neun Präsidiumsmitglieder ohne Beteiligung der sonstigen Mitgliederschaft entscheiden.

Diese können sich faktisch auch gar nicht anders entscheiden, wenn sie nicht ihre eigene Fraktionsvorsitzende demontieren wollen. Auch im Vorfeld gab es keine demokratische Diskussion über die Nachfolge an der Spitze. Der gescheiterte SPD-Chef Martin Schulz hat nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen Andrea Nahles zu der Frau gekürt, die ihn beerben soll. Dieses geschah allenfalls in Absprache mit einigen Spitzenfunktionären der SPD, ignoriert aber eine breitere Beteiligung der Mitglieder. Immer mehr Genossen fordern jetzt eine Urwahl zum Parteivorsitz.

Demokratisch wäre es, Schulz gibt seinen Rückzug bekannt und es erklären sich diejenigen, die sich um den SPD-Parteivorsitz bewerben wollen. Das könnte auch eine Andrea Nahles sein und ein Martin Schulz dürfte sicher privat seine Wunschnachfolge äußern, aber so verpassen die Sozialdemokraten eine Chance, sich einem Wettbewerb um eine Erneuerung ihrer Partei zu stellen. Auch beim Parteitag dürfte sich nun niemand mehr wagen, gegen die Fraktionsvorsitzende zu kandidieren, ohne als »Nestbeschmutzer« da zu stehen.

Ein Risiko stellt sich aber mehr, wenn das Präsidium Andrea Nahles vorzeitig als SPD-Parteivorsitzende ausruft. Sie übernimmt, bevor der Mitgliederentscheid ausgeführt ist. Geht dieser negativ aus, wäre Nahles, die sich massiv für den Koalitionsvertrag eingesetzt hat, bereits vor einem Sonderparteitag zur Bestätigung ihrer Funktion öffentlich beschädigt. Unter Umständen kann es passieren, dass die Basis auch gegen sie rebelliert und Nahles nur ganze kurze Zeit Parteivorsitzende ist. In der Folge wäre sie auch den Fraktionsvorsitz los.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: egon samu

Ok, die großmäulige Hetzerin darf bis Aschermittwoch die Regie üder alle Sozinarren übernehmen....und dann für ewig verschwinden.

Gravatar: Maximilian

… was soll oder kann man dazu noch sagen?
Das zehnköpfige SPD-Präsidium lädt zum Faschingsendspurt.
Alle kommen kostümiert, Nahles in ihrer Berufskleidung!!!

Gravatar: Sigmund Westerwick

Es ist Karneval

Schliesslich ist Karneval, da darf man auch gerne mal einen gröberen Scherz machen.
Als die Regierung noch in Bonn war, hätte man hinterher sagen können es war nicht so gemeint, in Berlin besteht schon die Gefahr, dass so ein Karnevalsscherz nach hinten losgeht, vielleicht ist die SPD doch nur der größte Karnevalsverein auf dieser Seite des Rheins.

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