Martin Lohmann Arbeitskreis Engagierter Katholiken (AEK)

Wir sind eine Pro-Bewegung - Interview mit Martin Lohmann

Der am 15. November 2009 gegründete „Arbeitskreis Engagierter Katholiken“ (AEK) hat sofort für Aufsehen in den Unionsparteien und darüber hinaus gesorgt. Warum gibt es ihn? Was will er? Wofür steht der AEK? Ein Gespräch mit dem Publizisten Martin Lohmann, dem Sprecher des AEK für die CDU und Mitbegründer des neuen Forums in CDU und CSU.

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FreieWelt.net: Herr Lohmann, Sie haben bereits Anfang der 90er Jahre einen Katholischen Arbeitskreis in den Unionsparteien gefordert – als Ergänzung zum Evangelischen Arbeitskreis. Damals meldete sich die EAK-Vorsitzende und junge Ministerin Angela Merkel bei Ihnen, um Ihnen zu erklären, dass sie einen solchen Kreis nicht wolle. Seither kennen Sie sich. Nun haben Sie im Sommer 2009 in Ihrem Buch „Das Kreuz mit dem C – Wie christlich ist die Union?“ erneut diesen Gedanken aufgegriffen, und wiederum hat Frau Merkel sofort reagiert und sich dagegen ausgesprochen. Warum haben Sie dennoch jetzt einen Arbeitskreis Engagierter Katholiken ins Leben gerufen?

Martin Lohmann: Dieser Schritt war logisch und notwendig. Leider haben sich frühe Befürchtungen ja bestätigt. Denn die Wahlen dieses Jahres haben deutlich gezeigt, dass sich allzu viele katholische Wähler nicht mehr politisch beheimatet fühlten in der CDU und CSU. Sehen Sie: Der Evangelische Arbeitskreis wurde 1952 gegründet, weil es damals das Gefühl gab, der rheinische Katholizismus dominiere zu sehr die Union. Und deshalb hat ein katholischer Kanzler Adenauer es begrüßt, dass evangelische Christen sich deutlicher zu Wort meldeten, damit das evangelische Profil in der überkonfessionellen CDU erkennbarer werden könne. Es ist nun 2009 wohl keine allzu kühne Behauptung, wenn man sagt, dass die Union wirklich nicht mehr vom rheinischen Katholizismus dominiert ist. Es gibt eher das umgekehrte Gefühl: Die Union könne zu sehr vom Protestantismus dominiert sein. Jedenfalls haben sich vor allem katholische Wähler abgewandt und der CDU wie der CSU den Rücken gekehrt. Uns, die wir uns nun zu Wort melden, ist das nicht egal. Wir wollen, dass der überkonfessionelle Charakter der Union, der ja gerade ihre Stärke und Zukunftsfähigkeit ausmacht, auch künftig gegeben ist. Und so ist es an der Zeit, hier eine klaffende ökumenische Lücke endlich zu schließen. Eigentlich ist es doch ebenso schön wie logisch, wenn jetzt unter einer evangelischen Kanzlerin und Parteivorsitzenden ein katholischer Arbeitskreis entsteht und die letzte wirkliche Volkspartei künftig erkennbar mit beiden Lungenflügeln atmen kann. Wer so atmet, hat einen langen Atem – und ein langes Leben. Deshalb stehen wir für eine katholische Klarheit in ökumenischer Ausrichtung. Der AEK, also der Arbeitskreis Engagierter Katholiken, ist letztlich etwas ganz Selbstverständliches. Wir sind Teil eines lebensnotwendigen Pluralismus und einer Farbenvielfalt, die die Union auszeichnen und auszeichnen müssen. Und wir sind Gesprächspartner im Sinne einer paritätischen Mitgestaltung.

FreieWelt.net: Ist der AEK eine Protestbewegung?

Martin Lohmann: Wir sind eine PRO-Bewegung. Pro C. Pro Profil. Pro Pluralismus. Pro CDU und CSU. Unser Fundament ist das christliche Menschenbild, die Christliche Gesellschaftslehre und die Lehre der katholischen Kirche. Wir sind für das Leben, für die Unantastbarkeit der Menschenwürde, für eine erkennbare Politik aus christlicher Verantwortung. Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass sich Christen einmischen sollten und können. Wir haben die Überzeugung, dass unser christkatholisches Bekenntnis dazu befähigt, in wichtigen Fragen des Lebens und der Politik belastbare Koordinaten des Denkens und des Handelns anzubieten.

FreieWelt.net: Es gibt Kontakte zur Union von der Deutschen Bischofskonferenz, dem Katholischen Büro und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Sind Sie eine neue Konkurrenz zu solchen Gruppierungen?

Martin Lohmann: Nein. Denn alle diese Gruppen und Einrichtungen sind ja letztlich zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet. Wir sind, wenn Sie so wollen, eine komplementäre Ergänzung zu ihnen. Denn im Unterschied zu ihnen sind wir als engagierte Katholiken innerhalb der Parteien eben nicht zur distanzierten parteipolitischen Neutralität verpflichtet, sondern sind befreit zum ganz konkreten Mitreden und Mitgestalten. Wir nehmen da einen urchristlichen und im wahrsten Sinne des Wortes katholischen, also allumfassenden Laienauftrag ernst. Wir mischen uns ein, melden uns zu Wort und beziehen Position. Klar. Unmissverständlich. Tolerant.

FreieWelt.net: Sie haben Prominente und weniger Prominente, die zu den Freunden des Gründerkreises gehören. Steckt dahinter eine Botschaft?

Martin Lohmann: Wir freuen uns über jeden, der mithelfen will, die katholische Stimme in CDU und CSU erkennbar hör- und sichtbarer werden zu lassen. In erster Linie sind wir eine Basisbewegung aus der Mitte der Gesellschaft. Wenn Sie so wollen: Nachdem die Idee immer bekannter wurde, meldeten sich immer mehr Interessierte, so dass wir auf Druck der Basis erkannten, dass ein solcher Arbeitskreis gegründet werden musste. Und nachdem unsere Homepage www.aek-online.de bekannt wurde, haben vom ersten Tag an sehr viele Mitglieder und Freunde der C-Parteien sich via Internet bei uns angemeldet und gesagt: Ja, da machen wir mit. Nicht wenige haben sogar wegen des AEK schon einen Aufnahmeantrag als Mitglied in CDU oder CSU gestellt. Häufig haben wir in solchen Fällen gehört: Wenn es jetzt endlich auch ein katholisches Forum gibt, wenn jetzt endlich auch eine katholische Plattform angeboten wird, dann werde ich Parteimitglied. Sie sehen, was auch wir spürten und erfahren: Der Druck war da. Es wurde Zeit für diese katholische Erweiterung des ökumenischen Profils der Union.

FreieWelt.net: Kritiker sagen, man hätte ja auch einen Christlichen Arbeitskreis gründen können. Wieso also jetzt zwei konfessionell geprägte Arbeitskreise?

Martin Lohmann: Ganz einfach: Weil es den einen schon gab und weil es christliche Identität immer nur konkret als konfessionelle gibt. Eine ökumenische Konfession gibt es nicht. Wohl aber eine christliche Ökumene. Und diese zeigt sich darin, dass sie die Wirklichkeit der Konfessionen anerkennt, dass evangelische und katholische Christen Gemeinsames suchen und finden, aber auch in ökumenischer Toleranz Differenzen aushalten. Insofern ist die Wortmeldung der katholischen Stimme ein Zeichen echter Ökumene.

FreieWelt.net: Das bedeutet dann aber auch, dass sich der AEK durchaus kritisch zu Wort melden wird?

Martin Lohmann: Ja. Wir sind Teil einer demokratischen Partei, wir wissen, dass Diskurs und Widerspruch lebenserhaltend für eine Demokratie sind und das Ringen um die besseren Erkenntnisse selbstverständlich sein sollte. Nur eine Diktatur fürchtet freies Denken und Reden. Wir als wache Katholiken fürchten weder freies Denken noch freies Reden noch sauberes Argumentieren. Wir haben auch keine Angst vor Widerspruch und Diskussion. Aber ich habe den Eindruck, dass diese Souveränität letztlich für die ganze Partei gilt. Wir wollen überzeugen, nicht überreden. Schon gar nicht wollen wir, dass gute und wichtige Beiträge unterdrückt werden. Wir freuen uns auf eine lebendige Diskussionskultur. Diese wird nämlich dringend notwendig bleiben.

FreieWelt.net: Der AEK wird sich also immer wieder zu Wort melden? Wozu zum Beispiel?

Martin Lohmann: Zu Fragen des Lebensrechtes, der Gerechtigkeit, der Familienpolitik und der Bioethik. Aber auch zu allen aktuellen Fragen, zu denen katholische Christen etwas zu sagen haben. Und da wir einen eindeutigen Weltauftrag haben, werden das viele Möglichkeiten der Teilhabe sein. Wissen Sie: Unser katholischer Glaube ist immer etwas sehr Persönliches, aber nichts Privates in dem Sinne, dass man ihn verstecken müsste in der Gesellschaft. Im Gegenteil: Aus dieser Frohen Botschaft, aus dem im Glauben gewachsenen Wissen darum, dass wir alle von Gott Erlöste sind, schöpfen wir viel Kraft, uns in großer Freiheit mitten in der Welt zu engagieren für eine Politik aus christlicher Verantwortung, die den Menschen dient. Es geht um Zukunft und Humanität. Deshalb dürfen katholische Christen nicht schweigen. Sie sollten sich einmischen, sich einbringen und erkennbar zu Wort melden. Schließlich haben sie ein sehr belastbares Koordinatensystem, das modern und menschenfreundlich ist. Und das passt sehr gut zu CDU und CSU. Der AEK ist also eine längst überfällige gute Einladung.

FreieWelt.net: Stimmt es, dass Sie vor Veröffentlichung des AEK diesen zunächst Hermann Gröhe, dem Generalsekretär der CDU, in Berlin präsentiert haben?

Martin Lohmann: Es stimmt. Herr Gröhe und ich hatten ein sehr gutes und vertrauensvolles Gespräch. Er zeigte sich interessiert und war von Anfang an ausgesprochen fair. Zeitgleich wurde der AEK übrigens auch dem CSU-Generalsekretär angezeigt. Es war uns wichtig, auch unsererseits sehr fair und loyal vorzugehen. Es geht uns gemeinsam um die Union und deren Profilstärke. Es geht ihm und uns um das C. Und das ist gut.

FreieWelt.net: Sind Sie eigentlich froh, dass es nach so langem Einsatz jetzt den AEK gibt?

Martin Lohmann: Ja. Aber noch mehr freue ich mich und freuen wir uns, dass er auf eine so große Resonanz stößt. Er war und ist die richtige Idee zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wir definieren die drei K neu: Kommunikation und Kooperation gleich Katholisch. Dieses K ist für die Union eine echte Bereicherung.

Internetseite des Arbeitskreis engagierter Katholiken (AEK)
www.aek-online.de

Foto: Prisca Lohmann

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Friederike Rettelbach

Sehr geehrter Herr Lohmann,
der Definition der in Kommentar(1)genannten "unverhandelbaren Prinzipien" stimme ich als Angehörige einer evangelischen Freikirche ebenfalls zu, weil sie biblisch und daher christlich
ist. Meines Erachtens ist die Zeit soweit forgeschritten, dass ein Schulterschluss aller Christen über Denominationsgrenzen hinweg angesagt ist, um pro Gesellschaft politisch wirksam "Salz und Licht" zu sein.

Mit freundlichen Grüßen
Friederike Rettelbach

Gravatar: Paul Herzog von Oldenburg

Lieber Herr Lohmann!
Es ist gut, daß Sie eine Pro-Bewegung sein wollen. Für das katholische Profil. Darüber wird sich der Heilige Vater freuen, der die "unverhandelbaren Prinzipien" für uns Katholiken definiert hat: Das Leben beginnt mit der Empfängnis und endet mit dem natürlichen Tod; die Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft und verdient besonderen Schutz; eine Ehe ist die Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau. Der Staat ist auch dem Schutz der traditionellen Ehe gegenüber verpflichtet und darf den Ehebegriff nicht aufweichen.
Die neue Familienministerin ist diesbezüglich auf Abwegen. Sie will die Rechte von homosexuellen Partnerschaften stärken. Dies geht zu ungunsten der Ehe und fördert einen widernatürlichen Lebensstil, wie es die katholische Kirche sieht.
Wir Katholiken erwarten also Ihren lebhaften Widerstand zugunsten katholischer Überzeugungen.
Gruß
Paul Oldenburg

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