Georg von Habsburg Ungarischer Diplomat

»Orban ist ein überzeugter Patriot«

Interview mit Paul Georg von Habsburg-Lothringen

Paul Georg von Habsburg-Lothringen war ab 16. Dezember 1996 als Sonderbotschafter Ungarns für die EU-Verhandlungen tätig. FreieWelt.net sprach mit dem Erzherzog über Ungarn und sein Verhältnis zur EU.

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Freie Welt.net: Sie hatten sich seit 1996 als Sonderbotschafter Ungarns für die Aufnahme des Landes in die EU eingesetzt, zu der es 2004 kam. Wie beurteilen Sie das Ergebnis des Beitrittes für Ungarn in der Rückschau?

Georg von Habsburg: Sehr positiv. Als wir in Ungarn bereits ab 1989 für einen schnellen Eintritt des Landes in die EU arbeiteten, ging es in erster Linie um die Sicherheit des Landes und erst in zweiter Linie um einen wirtschaftlichen Aufschwung. Viele vergessen sehr schnell was "Eiserner Vorhang" und "Warschauer Pakt" bedeuteten. Sicherheit und Stabilität sind nun einmal die Grundlagen für eine erfolgreiche Entwicklung eines Landes.

Europa als Wertegemeinschaft

 

Freie Welt.net: Mehr als 30 Jahre lang war Ihr Vater, Otto von Habsburg, Präsident der Paneuropa-Union. Sollte die angestrebte Einigung Europas eher in den Vereinigten Staaten von Europa, einem Bundesstaat, münden oder einen eng kooperierenden europäischen Staatenbund anstreben aus unabhängigen, souveränen Nationalstaaten?

Georg von Habsburg: Ich sehe Europa als Wertegemeinschaft. Bei unseren Beitrittsverhandlungen wurde mir klar, welche tiefgreifenden Reformen ein Land durchlaufen muss, um Vollmitglied der Europäischen Union zu werden. Das Prinzip der Subsidiarität - wie es in den Europäischen Verträgen festgelegt ist - muss gewährleistet werden. Mit dem Gedanken der Vereinigten Staaten von Europa nach amerikanischen Vorbild kann ich mich nicht anfreunden, da Europa zu reich an Sprachen, Kulturen, Traditionen, Religionen und vielem mehr ist, um in Gefahr zu laufen, dass dieses alles in einem Einheitsbrei verschwindet.

Freie Welt.net: Die aktuelle ungarische Regierung wird auch aus Deutschland immer wieder scharf kritisiert. Wie beurteilen Sie die Politik Viktor Orbáns?

Georg von Habsburg: Viktor Orban ist ein überzeugter Patriot, der versucht das Beste für Ungarn zu erreichen. Leider bringt eine zwei drittel Mehrheit im Parlament oft mehr Schwierigkeiten mit sich als Vorteile. Plötzlich wird vieles zu schnell möglich und dies führt zum unüberlegtem Handeln. Leider bleibt öfter keine Zeit, Reformen und Gesetze im In- und Ausland zu erklären.  Kritik an Ungarn ist in manchen Punkten sicher berechtigt, doch leider sehen wir heute, dass es ausreicht, Ungarn in den Medien zu erwähnen und schon wird alles in einem negativen Kontext dargestellt.

Freie Welt.net: Orbáns Verfassungsnovelle, die das ungarische Parlament am 11. März verabschiedete, löste bei den Regierungen Europas Proteste aus. Die EU drohte über ihre Justizkommissarin mit der Streichung europäischer Hilfszahlungen. Sind das unberechtigte Einmischungen von außen gegen eine demokratisch legitimierte nationale Regierung oder ist der Protest in Form und Inhalt berechtigt?

Georg von Habsburg: Ich bin kein Verfassungsrechtler. Ungarn ist Vollmitglied der Europäischen Union und die Ungarische Regierung hat schon viele Kritik aus Brüssel einstecken müssen - und das ist gut so. Ministerpräsident Orban und die führenden Vertreter seiner Regierung haben immer öffentlich erklärt, dass jede Kritik aus Brüssel sehr ernst genommen wird. Ungarn ist Mitglied der europäischen Familie und sich der Verantwortung, die daraus erwächst, sehr bewusst. Wenn die Kritik berechtigt ist, werden die Gesetze geändert. Wenn man zu keiner Einigung kommt wird das Europäische Gericht entscheiden und man muss den Urteilsspruch akzeptieren - Kommission und Ungarische Regierung.

Nur Optimisten kommen voran

Freie Welt.net:  Der ungarische Staat kann jungen Akademikern nach ihrem Abschluss verbieten, einen Job im Ausland anzunehmen. Dies erinnert mich als ehemaligen Bürger der DDR an die Berliner Mauer, die das Politbüro insbesondere bauen ließ, um Junge und Gutausgebildete im Land zu halten. Geht dieser Vergleich zu weit?

Georg von Habsburg: Vielen Dank für das Beispiel, denn es stellt sehr schön dar wie Reformen in Ungarn in den ausländischen Medien dargestellt werden. Keiner und ganz besonders nicht der ungarische Staat kann Akademikern verbieten  einen Job im Ausland anzunehmen. Das würde klar gegen die Freizügigkeit innerhalb der EU verstossen. Es gibt nur eine geplante Regelung, nach der,  wenn ein Student sich sein Studium durch staatliche Förderung finanzieren lässt und danach ins Ausland geht, um dort Geld zu verdienen, muss er einen Teil dieser Förderung (durch Steuergelder) wieder zurückerstatten. Leider gehen heute sehr viele gut ausgebildete Ungarn ins Ausland, da sie wegen der Wirtschaftskrise keine klaren Zukunftsperspektiven mehr sehen. Dieser Schritt soll dabei helfen gut ausgebildete Akademiker in Ungarn zu halten. Viel zu oft ist es passiert das "kleine" Länder mit viel Geld die gute Ausbildung finanziert haben und die "grossen" sich dadurch viel Geld für ausgebildete Fachkräfte gespart haben. Ungarn hat eine grosse Zukunft. Nicht nur als logistisches Zentrum innerhalb der EU, auch durch seine Wasserreserven, landwirtschaftlichen Möglichkeiten und vieles, vieles mehr. Immer nur nach dem negativen zu suchen, bringt nichts und lähmt jede Entwicklung. Nur Optimisten kommen voran.

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Plikiplok

@Freigeist
Wie interessant!

Gravatar: Petra

Viktor Orban arbeitet für und nicht gegen sein Land!

Gravatar: Ulrike

Orban ist ein großartiger Politiker.

Gravatar: Freigeist

Sehr gut, fast nur Optimisten kommen voran. Deshalb habe ich als Atheist die Hölle abgeschafft.

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