Interview mit Dr. Thomas Mayer

»Man wird alles tun, um Griechenland im Euro zu halten«

Dr. Thomas Mayer war Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Die Freie Welt sprach mit ihm über einen möglichen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone.

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Freie Welt: Herr Dr. Mayer, für wie wahrscheinlich halten Sie den Austritt Griechenlands aus der Eurozone nach einem Wahlsieg der Syriza?

Dr. Thomas Mayer: Die Wahrscheinlichkeit für einen »Grexit« ist bei einem Wahlsieg von Syriza natürlich höher als vorher. Dennoch wäre das nicht mein wahrscheinlichstes Szenario. Man wird alles tun, um Griechenland im Euro zu halten und dafür lieber die Regeln weiter verwässern. Ich erwarte, dass man Griechenland einen großen Teil seiner Schuld erlässt und dem Land weitere Hilfsgelder zukommen lässt. Die »Transferunion« hat schon begonnen.

Freie Welt: Wie bewerten Sie die Folgen eines Austritts Griechenlands für den Euro? Würde es die Währung stärken oder schwächen?

Dr. Thomas Mayer: Ein Austritt Griechenlands würde den Euro wieder als Hartwährung aufstellen, wie er ja ursprünglich konzipiert war. Da der Austritt aber wohl nicht kommt, wird sich der Euro langfristig zu einer Weichwährung entwickeln.

Freie Welt: Welche Folgen ergäben sich für Deutschland?

Dr. Thomas Mayer: So oder so werden wir auf einen großen Teil der Gelder, die der deutsche Staat Griechenland geliehen hat, verzichten müssen. Die Gefahr ist groß, dass ein Präzedenzfall entsteht, wenn man die Forderungen einer Syriza-Regierung erfüllt. Andere Länder werden entsprechende Zugeständnisse verlangen.

Freie Welt: Würde die griechische Wirtschaft von der Rückkehr zur Drachme profitieren?

Dr. Thomas Mayer: Natürlich wäre es wünschenswert, dass die griechische Wirtschaft so wettbewerbsfähig und die griechischen Staatsfinanzen so solide werden, dass das Land aus eigener Kraft in einer Hartwährungsunion mithalten kann. Wenn dies aber nicht gelingt, dann ist auch für Griechenland ein Austritt aus der EWU das geringere Übel. Was geschieht, wenn Regionen mit anhaltend unterschiedlicher Wirtschaftskraft eine Währung haben, kann man in Italien beobachten. Das Wachstum erlischt, die Staatsfinanzen laufen aus dem Ruder, und alle werden unzufrieden.

Freie Welt: Ist es sinnvoll, Griechenland, zumindest partiell, die Schulden zu erlassen?

Dr. Thomas Mayer: Ein Schuldenerlass im Euro kann dann sinnvoll sein, wenn das Land danach wirtschaftlich gesund wird. Ist dies nicht der Fall, dann ist es besser, den Schuldenerlass mit dem Austritt zu verbinden.

Freie Welt: Wird der Euro langfristig Bestand haben?

Dr. Thomas Mayer: Es hat in der Geschichte noch keine Währungsunion politisch souveräner Staaten überlebt. Ohne politische Union wird der Euro so, wie er heute aufgestellt ist, zerfallen. Mit politischer Union wird Euroland zu einem großen Italien, d. h. einem Land, in dem weder die Politik noch die Wirtschaft florieren.

Freie Welt: Herr Dr. Mayer, vielen Dank für dieses Interview.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: H.von Bugenhagen

Na ist denn das...
Bevor Erdogan Milliarden für (Seine Landes Flüchtlinge) einsteckt obwohl er gegen die Christen ist..gebt sie den Griechen.mit einem Flüchtlings Abkommen...dann haben sie wenigstens Überlebenschancen.(Griechenland gehört noch zu Europa-die Türkei für immer zu Asien)Die Flüchtlinge können ja auch nach Vietnam oder Pakistan flüchten.

Gravatar: Dick, Michael

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, wer hat sich das mit dem Euro bzw. der Eu nur ausgedacht. Lasst doch die Griechen Griechen sein und macht bloss keine Deutschen aus Ihnen, genauso gilt es für Italien bzw. Franzosen, der Unterschied der Mentalitäten macht doch Europa aus bzw. die Vielfalt, sind die Politiker noch bei Trost????? Oder ist Deutschland schon wieder nicht groß genug???Es kam die Einheit und gleich der Euro, sowohl die Westdeutschen noch die Ostdeutschen konnten sich so recht auf Klein - Deutschland einstellen.

Wenn das Ganze im Crasch endet, sollten unsere Politiker schnellsten leine ziehen.

MfG

Michael Dick

Gravatar: Dr. Renner

Der Grund für die erste Griechenlandrettung war ja, dass die Politiker den Wählern nicht eine zweite Bankenrettung verkaufen wollte. Obwohl der damalige Staatsbankrott Griechenlands mit ca 75 Mrd € für Deutschland wesentlich billiger gewesen wäre als die ständige Transferfinanzierung Griechenlands. Und immerhin wären es ja unsere eigenen Banken gewesen. Dann hätte man anschließend gezielt Geld in die Hand nehmen können für Projekte (so eine Art Marshallplan) in Griechenland, wie z.B. den Aufbau einer funktionierenden Verwaltung im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe. Aber wie sagen die Grünen so putzig: 5% unseres BIP pro Jahr sollte uns Griechenland wert sein. Das kostet uns ein Verbleib Griechenlands im Euro. Schwerwiegender und teurer ist jedoch der offizielle Switch zur Transferunion. Was das für die Altersvorsorge und unser Sparen bedeutet, wage ich nicht, mir vorzustellen...

Gravatar: K. Brunswig

Na bitte, das ist doch klar gesprochen! Bin mal gespannt, wie uns unsere Regierung den nächsten sowie die weiteren Schuldenschnitte erklären wird, die für Portugal, Italien, Spanien, Frankreich, Slowenien. Vermutlich wird das schöne Wort "alternativlos" dabei vorkommen. Und danach wird Frau M. nicht mehr als Kanzlerin antreten, und sie ist fein raus. Sie! Mit ihr soll es bitte den Zusammenbruch des Systems einschließlich Deutschlands nicht geben: Unwahrscheinlich, aber nicht völlig ausgeschlossen. Aber wegen ihr! Und dann kommt die Sintflut, zwangsläufig, völlig überraschend. Und es wird wieder heißen , die Deutschen sind schuld. Stimmt.

Gravatar: Freigeist

Wenn Sie sich schon in einem Research Institut befinden könnten Sie leicht mitteilen, wie viel Geld über den Umweg der Griechenlandhilfe den westeuropäischen Banken zuflossen. Zur Erinnerung, westliche Banken hielten hohe Summen in griechische Staatsanleihen. Mit dem lapidaren Hinweis , dass der Steuerzahler Griechenland gerettet hat, kommt man nicht weiter, wenn man die enorme Schieflage der westeuropäischen Banken ausblendet. Ich hätte das gesamte Management der Westbanken in Hartz IV geschickt, mit einem Berufsverbot als Banker.

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