Interview mit Jan Pflug

»Kernenergie ist Beitrag zum Klimaschutz«

Deutschland verabschiedet sich von der Atomenergie. Doch Maxenergy bietet Strom aus schweizerischen Atomkraftwerken an. Pressesprecher Jan Pflug glaubt an den Erfolg des Geschäftsmodells.

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FreieWelt.net: Sie bieten einen Stromtarif an, der zu hundert Prozent aus Atomstrom kommt. Die Deutschen mögen Atomkraft aber gar nicht. Wollen Sie pleitegehen?

Jan Pflug: Im Gegenteil, mit dem Angebot haben wir ganz offensichtlich einen Nerv getroffen. Allein in der ersten Woche konnten wir fast 3.000 Neukunden gewinnen. Inzwischen ist der Ausstieg aus der Atomenergie zwar beschlossene Sache. Das heißt aber nicht, dass die Bürger jeden kurzfristigen Schwenk der Politik mitmachen.

FreieWelt.net: Wie sieht Ihr Produkt genau aus: Wo wird der Strom erzeugt? Wie kommt er zum Kunden? Gibt es irgendwelche Besonderheiten?

Jan Pflug: Wir bieten unseren Kunden hundertprozentigen Atomstrom an. Wie viele andere Anbieter beziehen wir den Strom aus dem Ausland, in diesem Fall aus der Schweiz. Das hat den Vorteil, dass wir Kernenergie auch nach 2022 in Deutschland anbieten können.

FreieWelt.net: Wie viel Prozent Anteile am Strommarkt wollen Sie mit Ihrem Produkt erobern?

Jan Pflug: Da es sich um ein vollkommen neues Produkt handelt, ist es natürlich schwer genaue Zahlen zu nennen. Allein schon aufgrund der 40.000 Angestellten in der kerntechnischen Industrie ist das Potential allerdings beträchtlich.

FreieWelt.net: Sie »verkaufen« Atomstrom als Beitrag zum Klimaschutz. Das müssen Sie erklären!

Jan Pflug: Uran enthält keinen Kohlenstoff; dass Kernenergie klimaschonend ist, sollte auf der Hand liegen. Auch wenn man Vor- und nachgelagerte Prozessketten wie Anreicherung und Endlagerung mit einbezieht, liegt Kernenergie mit Sonne und Windkraft an der Spitze.

Aus diesem Grund sprechen sich viele renommierte Umweltschützer und Klimaforscher für den Einsatz von Kernenergie aus. Die Einführung des Tarifs wurde beispielsweise von James Lovelock, dem Verfasser der Gaia-Hypothese, und Stephen Tindale, dem ehemaligen Leiter von Greenpeace UK, unterstützt. Auch der Weltklimarat IPCC empfiehlt einen Ausbau der Atomkraft.

FreieWelt.net: Ich verstehe Ihr Angebot auch als Kritik der so genannten Energiewende. Wenn ich recht habe: Gibt es dabei etwas besser zu machen oder ist sie komplett verfehlt?

Jan Pflug: Der Atomausstieg hat in Deutschland einen beispielslosen Boom der Kohle ausgelöst. Allein der Anteil der Braunkohle am Strommix ist auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Das wird nicht nur von uns, sondern auch von Umweltverbänden kritisiert. Greenpeace hat beispielsweise die Braunkohle den größten Profiteur der Energiewende genannt.

Wie es besser geht, macht uns Schweden vor. Hier wird jeweils die Hälfte des Energiebedarfs durch erneuerbare Energien und Kernkraft gedeckt. Die Ergebnisse sprechen für sich: Die schwedischen Kohlendioxid-Emissionen liegen deutlich unter den deutschen.

FreieWelt.net: Die Erzeugung von Atomstrom ist mit gewissen Risiken behaftet. Wenn es zu einem GAU kommt, sind die Folgen eigentlich nicht mehr zu beherrschen, geschweige denn zu bezahlen. Ob Tschernobyl oder Fukushima – auch in Mitteleuropa ist eine Havarie nicht undenkbar. Können Sie es überhaupt verantworten, derartige Risiken einzugehen?

Jan Pflug: Helmut Schmidt, ein großer Förderer der Kernenergie, hat einmal gesagt: »Es gibt keine Energie und nichts auf der Welt ohne Risiken.« Wenn wir über die Risiken der Kernenergie reden, müssen wir also immer auch über die Risiken der Alternativen reden. Hier ist die Studienlage sehr eindeutig: Nach Zahlen der Weltgesundheitsorganisation müssen für die Produktion von Kohlestrom durch Feinstaub und im Bergbau 2.500-mal so viele Menschen sterben wie für die gleiche Menge Atomstrom. Jedes Jahr sterben in Europa 18.000 Menschen an den Folgen der Kohleverstromung. Verstehen Sie mich nicht falsch, wir wollen die Risiken der Kernenergie nicht kleinreden. Aber neue Kohlekraftwerke zu bauen, kann keine Antwort auf die Gefahren der Atomkraft sein.

FreieWelt.net: Sie sagen, dass Atomenergie eine »Brückentechnologie« ist. Was ist denn am anderen Ende der Brücke und wann haben wir es erreicht?

Jan Pflug: Es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung, dass Deutschland einen Großteil seiner Energie aus erneuerbaren Energien bezieht. Auf dem Weg dahin dürfen wir uns aber nicht der Illusion hingeben, zwischen verschiedenen kohlendioxidarmen Energiequellen wählen zu können. Wind, Sonne und Kernkraft – wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können.

Wann wir dieses Ziel erreichen werden, kann ich Ihnen nicht sagen. Fakt ist, dass wir bis 2022 auch aus der Kohleverstromung hätten aussteigen können, wenn wir das nur gewollt hätten.

FreieWelt.net: Wie sieht der Energiemix in Deutschland in zehn oder zwanzig Jahren aus?

Jan Pflug: Ich befürchte, Deutschland wird weiterhin auf der Stelle treten und seinen Energiebedarf mit Stein- und Braunkohle und erneuerbaren Energien decken.

FreieWelt.net: Vielen Dank für das Interview.

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Gravatar: Ben Goldberg

'Klimaschutz' ist ein Begriff aus Schilda.

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