Christian Hirte Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU)

Hirte (CDU): "ESM ist problematisch"

Der thüringische CDU-Abgeordnete Christian Hirte hat bisher alle Euro-"Rettungsschirme" im Bundestag zusammen mit der Gruppe um die Unionsabgeordneten Klaus-Peter Willsch, Manfred Kolbe und Peter Gauweiler abgelehnt. Beim EFSF stimmte Hirte zum ersten Mal und zur Überraschung vieler Insider des Deutschen Bundestages für solch einen "Rettungsschirm". Gegenüber Abgeordneten-Check.de erklärt er warum.

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Abgeordneten-Check.de: Die Staatsverschuldung Griechenlands liegt bei über 150% des BIPs, die Wirtschaft schrumpft dieses Jahr um die 5% und die Preise griechischer Staatspapiere haben sich auf der Hälfte ihres Nennwertes eingependelt. Investoren rechnen mit einem Schuldenschnitt. Kann der EFSF im Griechenland dennoch zum Erfolg führen?

Christian Hirte: Sicher nicht der EFSF allein, denn wichtiger als ein Rettungsschirm sind konkrete Schritte, damit die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands steigt.

Abgeordneten-Check.de: Sie haben gegen die Finanzhilfen für Portugal gestimmt. Als einen Grund nannten Sie die Portugiesische Staatsverschuldung von 108%. Nun ist die griechische Verschuldung, gemessen am BIP fast 50% höher. Was ist diesmal anders?

Christian Hirte: Der entscheidende Unterschied ist – beim EFSF ging es nicht konkret um Griechenland, sondern insgesamt um einen Mechanismus für ganz Europa. Wenn tatsächlich Geld in ein Land fließen soll, muss der Bundestag sich wieder damit beschäftigen – und dann entscheiden die Abgeordneten von Fall zu Fall je nach den Rahmenbedingungen.

Abgeordneten-Check.de: In einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung heißt es: Die Idee mit einer Art „Treuhand“ Privatisierungserlöse von 50 Milliarden EUR in Griechenland zu erzielen, würde den Keil (zwischen Nord und Süd-Europa) vertiefen, wenn  Nordeuropäer griechisches Staatseigentum zum Schnäppchenpreis erwerben. Eine der Bedingungen für die Griechenlandhilfe ist ein solches Privatisierungsprogramm. Halten Sie es dennoch für die beste Option weiteres Geld nach Griechenland zu transferieren?

Christian Hirte: Ob Privatisierungserlöse, Schuldenschnitt oder was auch immer – die Krise kostet Geld, leider auch deutsches Geld. Entscheidend ist, unter welchen ganz konkreten Bedingungen wir Geld zur Verfügung stellen. Das darf nie bedingungslos passieren und die Perspektive muss immer sein: es muss danach besser werden in den Ländern.

Abgeordneten-Check.de: Eine der großen Rating-Agenturen „Standards and Poor´s“  warnt vor einer Herabstufung der deutschen Bonität. Die zusätzlichen Bürgschaften im Zuge der Ausweitung des EFSF übernimmt, befeuern diese Entwicklung. Wie sehen Sie die Folgen einer solchen Herabstufung für Deutschland?

Christian Hirte: Die Folgen wären natürlich dramatisch. Ich warne aber auch davor, Politik in den Würgekasten von privaten Ratingagenturen zu nehmen. Standard & Poors darf nun auch nicht die Agenda europäischer Politik diktieren. Und bei aller Ernsthaftigkeit: Diese Ratingagenturen haben in den vergangenen Jahren mit ihren Vorhersagen eine Trefferquote gehabt, für die sie sicher keinen Wirtschaftsnobelpreis bekommen.

Abgeordneten-Check.de: Können sie sich vorstellen, beim Thema Euro-„Rettung“, in Zukunft wieder mit der Gruppe um Klaus-Peter Willsch aus ihrer Fraktion verstärkt zusammenzuarbeiten?

Christian Hirte: Ich arbeite mit vielen Kollegen eng zusammen, auch mit Klaus-Peter Willsch stehe ich in gutem freundschaftlichen Kontakt. Ich glaube mit wenigen anderen Kollegen habe ich so viel über das Thema geredet. Die Zusammenarbeit – wie auch mit anderen Kollegen – ist und war auch nie unterbrochen. Wir arbeiten uns weiter gemeinsam an diesen Themen ab. Das heißt aber nicht, dass man immer zum selben Ergebnis am Ende kommt.

Abgeordneten-Check.de: In der Regierungskoalition mit Angela Merkel sehen Sie einen Garanten, eine noch größere Haftung Deutschlands zu verhindern. Was sagen Sie zu den Plänen dieserKoalition, Deutschland durch den ESM mit weiteren 200  Milliarden zu belasten? 

Christian Hirte: Kanzlerin und Finanzminister haben klar gesagt: Bei den jetzigen Belastungen soll es bleiben. Andere Pläne kenne ich nicht.

Abgeordneten-Check.de: Sie haben für die Ausweitung des EFSF gestimmt. Hierzu schreiben Sie:“Eine über den nun festgelegten Rahmen hinausgehende Verschuldungskompetenz des EFSF lehnen Sie ab.“  Wie stehen Sie zum dauerhaften Euro-„Rettungschirm“- ESM, der seinem eigenen Verschuldungskompetenzen?

Christian Hirte: Den ESM halte ich für problematisch. Und auch hier gilt – Rettungsschirme und Mechanismen allein bringen Zeit, aber sie ändern noch nichts an den Bedingungen in den Krisenländern. Wir dürfen nicht immer nur über Geld reden, sondern darüber, wie es am Ende in diesen Ländern wieder besser wird.       

Mehr unter AbgeordnetenCheck.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gert Teska

Leider wird von Merkel derartiges Zahlenmaterial unterdrückt. Man versucht erst garnicht mit dem Volk zu sprechen. Allerdings, wenn man sich die Abgeordneten des Bundestages als Vertreter des Volkes so ansieht, dann scheint es wohl nichts Besseres verdient zu haben.
Ich sehe dunkle Wolken auf alle Sparer zukommen.

Gravatar: geldabheber

Ja,Sie können sehr gut rechnen,prima wie
Sie das dargestellt haben! Leider können
unsere politischen Laiendarsteller und
Statisten nicht mal überschlägig rechnen!

Aber wozu auch,es genügt,wenn sie nur
alles abnicken u.Mutti nicht immer widersprechen!

Gravatar: Arthur Hofmeier

Die Garantieleistung des EMS ist ein Witz. Sieht man sich die Liste der Länder an, die für 440 Mrd gerade stehen sollen. Die Summe der kritischen Länder liegt schon bei 160 Mrd, wie sollen die gerade den EMS in Anspruch nehmen wollen auch noch den Rettungsschirm finanzieren? Oder kann ich nicht mehr rechnen? Ich selbst habe als Dipl. Volkswirt mal hochgerechnet, was es den deutschen Steuerzahler kosten wird und dabei habe ich Frankreich noch als solventer Zahler eingerechnet. Es sind 186 Mrd im günstigsten Fall und 210 Mrd wenn noch Staaten wie Belgien oder Slovenien z.B. nicht zahlen wollen.
in Millionen ¤
Österreich 12.241,43
Belgien 15.292,18
Zypern 863,09
Finnland 7.905,20
Frankreich 89.657,45
 Deutschland 119.390,07
 Griechenland 12.387,70
 Irland 7.002,40
 Italien 78.784,72
 Luxemburg 1.101,39
 Malta 398,44
 Niederlande 25.143,58
 Portugal 11.035,38
Slowakei 4.371,54
Slowenien 2.072,92
Spanien 52.352,51
Eurozone (16) ohne Estland
440.000,00

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