Thomas Dörflinger Mitglied des »Berliner Kreises« der CDU

»Die klassische Familie ist sicher kein Auslaufmodell«

Interview mit Thomas Dörflinger

Den Kampf gegen Ehe und Familie führt die Linke (nicht nur die Linkspartei) mit ungebrochener Vehemenz. Neuester Ansatzpunkt: die Leistungen des Staates für Familien, die angeblich zu hoch, über die in Wirklichkeit aber vor allem falsche Zahlen im Umlauf sind. Über alternative Perspektiven der Familienförderung sprach FreieWelt.net mit dem Bundestagsabgeordneten Thomas Dörflinger (CDU).

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FreieWelt.net: Sie sind Mitglied des so genannten Berliner Kreises, einer ausdrücklich als konservativ sich verstehenden, inoffiziellen Vereinigung innerhalb der CDU. Was sind Ihre familienpolitischen Vorstellungen?

Thomas Dörflinger: Die Politik sollte sich darauf konzentrieren, die Familien bei der Wahrnehmung ihrer erzieherischen und betreuerischen Aufgaben für die Kinder zu unterstützen – sowohl infrastrukturell als auch finanziell. Dabei muss es darum gehen, hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familienarbeit und Erwerbsarbeit für eine familienfreundliche Arbeitswelt zu sorgen – nicht darum, die Familie mit der Arbeitswelt kompatibel zu machen. Die Rolle des Staates ist dabei eine subsidiäre, das heißt der Staat kann und soll die Aufgaben der Familien nicht übernehmen. Er soll nur dort Hilfe leisten, wo die Familien zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben außerstande sind.

FreieWelt.net: Deutschland diskutiert gerade über die Leistungen des Staates für Familien. Wie bewerten Sie diese Debatte?

Thomas Dörflinger: Die Debatte um die familienpolitischen Leistungen ist in eine Schieflage geraten. Man kann die familienpolitischen Leistungen nicht nur unter ökonomischen Gesichtspunkten bewerten. Ein Beispiel: Die Herausbildung von Sozialverhalten ist eine Kategorie, die ökonomisch nur schwer messbar ist, deren Fehlen die Solidargemeinschaft aber Milliarden kosten kann. Man sollte aber schon im Interesse der Familien darüber nachdenken, ob Leistungen nicht vereinfacht und/oder zusammengefasst werden können. Die Vielfalt der Leistungen und das Antragsprozedere bei den verschiedensten Stellen sind für Familien oft zu intransparent und zu wenig übersichtlich.

FreieWelt.net: Beruf und Familie lassen sich für Frauen immer besser vereinbaren. Dennoch entscheiden sich immer weniger Frauen für Kinder. Warum?

Thomas Dörflinger: Die verbesserungsbedürftige Vereinbarkeit von Familienarbeit und Erwerbsarbeit ist nur eine von mehreren Ursachen für dieses Phänomen. Deutschland fehlt eine durchgängig kinderfreundliche Atmosphäre. In Deutschland findet auch die Gründungsphase einer Familie relativ spät statt. Das hat etwas mit der wirtschaftlichen Unsicherheit von jungen Leuten zu tun, die mit den im internationalen Vergleich relativ langen Ausbildungszeiten genauso zusammenhängt wie etwa mit befristeten Arbeitsverträgen, die keine ausreichende wirtschaftliche Basis bilden. Dadurch gerät die Familiengründung in eine Lebensphase, in der dann der Wunsch nach mehr als zwei Kindern schon mit dem eigenen Alter in Konflikt gerät.

FreieWelt.net: Wer könnte im internationalen Vergleich Vorbild für Deutschland sein?

Thomas Dörflinger: Ich tue mich mit der internationalen Vergleichbarkeit schwer. Die Voraussetzungen in den einzelnen Ländern sind sehr unterschiedlich, weshalb man auch vom Kopieren einzelner politischer Maßnahmen nicht unbedingt den gleichen Effekt erhoffen darf. Das Elterngeld wurde in Deutschland nach skandinavischem Vorbild eingeführt, ohne dass die erhoffte Steigerung der Geburtenrate eingetreten wäre – zumindest bis jetzt. Würde Deutschland dagegen die – durchaus erfolgreiche – gezielte steuerliche Förderung von Mehrkindfamilien wie in Frankreich kopieren, höre ich schon den Vorwurf hierzulande, der Staat würde Gebärprämien ausschütten. Wir müssen bei der Familienförderung aus den ideologischen Gräben heraus ...

FreieWelt.net: Das Bundesverfassungsgericht hat gerade die Homo-Ehe bei der Sukzessivadoption mit der traditionellen Ehe gleichgestellt. Auf anderen Feldern wird die Gleichstellung wohl auch kommen. Ist die klassische Familie ein Auslaufmodell?

Thomas Dörflinger: Die klassische Familie ist sicher kein Auslaufmodell. Dafür spricht schon die Realität heute in Deutschland. Ich bin der Auffassung, dass der Staat die Weitergabe von Leben in Ehe und Familie im Vergleich zu anderen Lebensgemeinschaften, wo die Weitergabe von Leben aus biologischen Gründen nicht möglich ist, gesondert fördern darf, vielleicht sogar muss. Wenn das Bundesverfassungsgericht anderer Auffassung ist, kann es dies jederzeit kundtun, trägt hierfür aber auch die politische Verantwortung.

FreieWelt.net: Da sich die gesellschaftliche Wirklichkeit rapide wandelt, erscheinen die Bestimmungen des Grundgesetzes vor allem im Bereich Ehe und Familie antiquiert. Brauchen wir nicht eine neue Verfassung?

Thomas Dörflinger: Das Grundgesetz ist aus gutem Grund als beste Verfassung zu betrachten, die es je auf deutschem Boden gegeben hat. Die Eltern des Grundgesetzes hatten bei ihrer besonderen Wertschätzung für Ehe und Familie die Tatsache im Blick, dass ein totalitäres System – egal welcher Prägung – immer zuerst die Zerschlagung von Ehe und Familie als sozialer Keimzelle für das Funktionieren von Gemeinschaft zum Ziel hatte. Insofern gibt es für eine Änderung des Grundgesetzes beziehungsweise für eine Veränderung in den einschlägigen Artikeln keinen Anlass. Aber: Der Staat wird sich fragen lassen müssen, wie er den besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklicht, wenn er zukünftig die Ehe mit allen anderen Lebensgemeinschaften als gleichwertig und gleichrangig betrachten sollte.

FreieWelt.net: Vielen Dank für das Gespräch!

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Albert Maier

Würde mir etwas engagierter Aussagen pro Familie wünschen. Intakte Familien sind und bleiben die Keimzellen eines gesunden Volkes, alles andere ist eine Perversion des Denkens.

Gravatar: WMKW

Sollten diese halbherzigen Bekenntnisse zu den Familien der Grundtenor der CDU sein, dann gehört diese Partei wie der Rest der etablierten Clique auf den Schrotthaufen der Geschichte.

Gravatar: Freigeist

Welch reaktionäres Denken, die Ehen von Lesben und Schwulen würden die traditionelle Familie gefährden.
Bei Lesben und Schwulen geht es NUR um eine Minderheit. Das kratzt die Mehrheit überhaupt nicht, es sei denn man ist fundamentalistisch im Denken. Dann hat man aber als Fundamentalist nur in seinem Kopf ein Problem, andere Köpfe sind dabei ganz ohne Problem und dabei noch entspannt oder gar amüsiert.

Gravatar: U. P.

Ntürlich ist die klassische Familie kein Auslaufmodell.
Die Politik sorgt aber mit immer mehr Anreizen und Zwängen, eins zu werden.

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