Thomas Silberhorn Bundestagsabgeordneter

CSU will Begleitgesetz zustimmen - Interview Thomas Silberhorn

Der CSU-Abgeordnete Thomas Silberhorn kritisierte den Entwurf zum Begleitgesetz zum Lissabonvertrag, wegen des Mißstands, daß Parlamentsbeschlüsse von der Regierung umgangen werden können. Jetzt erklärt er auf FreieWelt.Net, daß die CSU dem Entwurf dennoch zustimmen will.

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FreieWelt.net: Der neue Entwurf zum Begleitgesetz zum Lissabonvertrag liegt jetzt vor. Wie beurteilen Sie die Einigung?

Thomas Silberhorn:
Die Mitwirkungsrechte des Bundestages konnten an vielen Stellen deutlich verbessert werden. Natürlich mussten die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden, es gibt aber auch darüber hinaus eine Reihe von stärkeren Mitwirkungsrechten des Bundestages.

FreieWelt.net: Wo sehen Sie die größten Schwachpunkte des Entwurfs?

Thomas Silberhorn:
Die Gesetzentwürfe als solche sind zustimmungsfähig. Es bleibt jedoch der Missstand erhalten, dass Mehrheitsbeschlüsse des Bundestages auch künftig von jedem Regierungsvertreter im Ministerrat umgangen werden können.

FreieWelt.net: Ist das nicht eine Aushebelung des Souveräns?

Thomas Silberhorn:
Das liegt in der Tradition deutscher Europapolitik, die bisher vor allem als Außenpolitik verstanden worden ist. Wir müssen aber Europapolitik heute als Innenpolitik begreifen und deswegen den Bundestag grundsätzlich genauso stark einbinden wie bei innenpolitischen Vorhaben auch.

FreieWelt.net: Sehe ich das richtig? Sie halten nicht mehr an den 14 Punkten fest?

Thomas Silberhorn:
Doch, die bleiben nach wie vor wichtig.

FreieWelt.net: Wo sehen Sie die politische Hauptverantwortung für das Ergebnis der Verhandlung und für den jetzt vorliegenden Entwurf?

Thomas Silberhorn
: Das ist eine Gemeinschaftsleistung aller Beteiligten.  Nach den Wünschen der CSU wäre noch mehr Bürgernähe und noch mehr Transparenz in der deutschen Europapolitik möglich gewesen. Das ist aber nicht überall mehrheitsfähig.

FreieWelt.net: Die CSU hätte theoretisch die Möglichkeit, ein Veto in der Fraktionsgeschäftsordnung einzulegen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wird sie davon aber keinen Gebrauch machen. Warum nicht?

Thomas Silberhorn:
Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts werden mit den vorliegenden Gesetzesentwürfen umgesetzt. Was wir als CSU wollten, ist mehr. Wir haben substanzielle Fortschritte erreicht, beispielsweise bei der gemeinsamen Handelspolitik, bei der kommunalen Daseinsvorsorge, mit der Aufstufung der bisherigen Zusammenarbeitsvereinbarung zum Gesetz, mit der Erhöhung der Rechtfertigungslast, wenn die Bundesregierung von Stellungnahmen des Bundestages abweichen will, und auch bei der Aufnahme von Beitritts- und Vertragsänderungsverhandlungen.

Was wir nicht erreicht haben ist, den Stellungnahmen des Bundestages eine grundsätzliche Verbindlichkeit beizumessen. Das ist aber keine alleinige CSU-Position gewesen, sondern das war schon 2006 eine gemeinsame Position in der Koalition, als wir mit der Regierung die sogenannte Zusammenarbeitsvereinbarung verhandelt haben. Es ist auch das gemeinsame politische Anliegen der europapolitischen Sprecher aller Fraktionen. Die Problematik besteht darin, dass eine derart substanzielle Verbesserung der Rolle des Bundestages an die Grenze des Grundgesetzes rührt. Für eine Verfassungsänderung ist derzeit aber keine Mehrheit ersichtlich. Deswegen geht es nicht um eine Frage im Verhältnis zwischen CDU und CSU, sondern um eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat.

FreieWelt.net: Herr Silberhorn, werden Sie persönlich am 26. August im Bundestag für den Entwurf stimmen?

Thomas Silberhorn:
Ich werde für den Entwurf stimmen, ich habe auch für den Lissabon-Vertrag gestimmt. Das widerspricht nicht der Kritik, die ich übe. Ich erkenne wohl an, dass wir mit diesem Entwurf die Rolle des Bundestages an vielen Stellen verbessern. Das ändert aber nichts daran, dass ich noch mehr Bürgernähe und noch mehr Transparenz und noch mehr Demokratie in der deutschen Europa-Politik verwirklichen möchte, und deswegen machen wir jetzt einen spürbaren Schritt nach vorn, aber ich kann mir durchaus noch weitere Fortschritte auf diesem Gebiet vorstellen.

Das Interview führte Christoph Kramer

Foto: Thomas Silberhorn

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