Wirtschaft, Neid und Gewissen: CSR

Vor kurzem ging die Nachricht von in Kleidungsstücken der Billig-Modemarke Primark eingenähten Hilferufen von Arbeiterinnen aus China durch die Presse, in denen berichtet wird, die Betroffenen würden zur Arbeit unter menschenunwürdigen Bedingungen gezwungen.

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Mittlerweile ist offenbar nicht mehr ganz klar, ob einzelne der gefundenen Hinweise nicht eher einer Kampagne gegen die erfolgreiche Marke entstammen, das Ergebnis ist aber, so die WirtschaftsWoche, ein deutlicher Imageschaden, der sich wohl auch in zukünftigen Verkaufszahlen wiederspiegeln dürfte.

Gleichzeitig zieht ein – für Verbraucher noch schwer durchschaubarer – Trend unter der Abkürzung CSR auf: Corporate Social Responsibility. Gemeint ist damit, dass Unternehmen neben ihrem wirtschaftlichen Zweck auch eine gesellschaftliche Verantwortung übernehmen sollten. Und man wäre nicht in der (nicht nur deutschen) halbsozialen Planwirtschaft, wenn dieser Begriff sich nur einfach als Managementtrend etablieren würde und nicht gleichzeitig den Gesetzgeber auf den Plan riefe: CSR nicht als zusätzliches Engagement von Unternehmen und Unternehmern sondern als Verpflichtung inklusive Berichtspflichten. Unternehmen, so der Wille insbesondere linker Politiker, aber auch alle anderen Staatsgläubigen sind damit in unterschiedlichen Ausprägungen einverstanden, sollten einen Beitrag zur Gesellschaft liefern.

Das können Beiträge zum Umweltschutz sein, Kulturförderung, besondere Integrationsleistungen für Mitarbeiter und auch Kunden mit Migrationshintergrund oder Behinderungen, gemeint ist auch alles, was heute unter dem Stichwort „Nachhaltigkeit“ angepriesen wird, es meint insbesondere das Abstandnehmen von ethisch zweifelhaften Geschäftspraktiken wie die oben beschriebene potenzielle Beschäftigung von Zwangsarbeitern oder Kindern in Zweite-oder-Dritte-Welt-Ländern.

Nun ist es eine Sache, die Allgemeinheit schädigende Geschäftspraktiken zu verbieten und zu sanktionieren, eine andere ist es, Unternehmen zu bestimmten Handlungen zu zwingen, die mit dem Geschäftszweck gar nichts zu tun haben. Ob ein Unternehmer also – nehmen wir ein einfaches Beispiel – eine Armenküche finanziert, weil er sich davon einen Imagegewinn verspricht oder weil er eine soziale Verantwortung spürt, der er nachzukommen versucht, ist für die Nutznießer sicher erst mal egal. Für den Unternehmer ist es aber nicht egal, ob er es aus diesen Erwägungen heraus tut oder – per Gesetz oder gesetzlich auferlegter Berichtspflichten quasi per Gesetz – gezwungen wird, sich gesellschaftlich zu engagieren.

Eine derartige Entwicklung zeigt zwei Problemstellungen auf, die in der Beschreibung vielleicht deutlich geworden ist: Erstens verlagert man gesellschaftliches Engagement von Menschen, in diesem Fall Unternehmern, weg zu Unternehmen. Und gleichzeitig zwingt man Unternehmen eine geänderte Zielsetzung auf, die dem eigentlichen Unternehmenszweck durchaus zuwiderlaufen kann. Die Kernkompetenz eines Chemie-, Energie- oder Stahlbauunternehmens ist in aller Regel eben nicht der Umweltschutz sondern die Produktion von Gütern – dass man dabei aus gesetzlichen Gründen Kompetenzen im Umweltschutzbereich benötigt ist eine ganz andere Frage. Und die Kernkompetenz einer Bank ist normalerweise nicht die Integration von Migranten – wenn es sich für sie auch lohnen mag, Migranten im Sinne der Unternehmenskultur adäquat zu integrieren.

Warum also sollte man versuchen, Unternehmen über das notwendige Maß des Schutzes der Gesellschaft vor Schäden durch das Unternehmen hinaus, zu zwingen, gesellschaftlich tätig zu werden? Die Antwort ist so einfach wie entlarvend: Weil man den unternehmerischen Zweck nicht als gesellschaftlichen Nutzen zu erkennen vermag! Wer ein Unternehmen gründet oder auch nur als Manager leitet, beschäftigt Menschen, die dort ihren Lohn verdienen können. Er stellt Produkte her, die Menschen benötigen (oder zumindest gerne hätten) und die das Leben ermöglichen, verbessern oder verschönern. Kein Mensch braucht – zum Beispiel – ein Smartphone, aber es ist erstens ein angenehmes „Gadget“, erleichtert – zumindest vernünftig eingesetzt – Arbeit und Kommunikation und ermöglicht zwischenzeitlich fast eine eigene Industrie, erweitert Vertriebswege anderer Unternehmen, ist selbst Basis für weitere Produktinnovationen in ganz anderen Branchen etc.pp.

Es ist vermutlich nicht so, dass Apple und Co so etwas aus reiner Menschenfreundlichkeit tun, aber selbst der egoistischste Unternehmer muss ein Produkt anbieten, dass die Kunden haben wollen (übrigens mit einer ebenfalls entlarvenden Ausnahme: Tritt der Staat als Produzent auf, zwingt er nicht selten zur Abnahme – oder zahlen Sie freiwillig Rundfunkgebühren?), und er muss es auf eine Weise tun, wie es Primark gerade schmerzhaft und womöglich sogar ungerecht lernt, dass die Kunden nach dem Erwerb auch noch mit gutem Gewissen in den Spiegel sehen können. Alle anderen Aktivitäten, die den Unternehmenszweck nicht dienen, sind betriebswirtschaftlich eine Fehlallokation von Investitionen, deren Folge ist, dass in der Tendenz weniger Mitarbeiter eingestellt und/oder Produkte teurer und damit weniger verkauft werden, Innovationen nicht getätigt werden können, und – ganz nebenbei – freiwilliges gesellschaftliches Engagement eingeschränkt wird. Der gesellschaftliche Schaden des CSR lässt sich wohl nicht genau kalkulieren, offensichtlich ist er dennoch.

Es fällt nur niemandem auf, weil in unserer Gesellschaft der Konsens herrscht, dass Unternehmer und Unternehmen raffgierige Gesellen sind, die nichts für die Gesellschaft tun und die man darum dazu zwingen muss, von ihrem Reichtum abzugeben, schließlich soll doch Kapital und Reichtum verpflichten. Die hässliche Fratze des Neides hebt ihr Gesicht, wenn ein Unternehmer nicht nur erfolgreich sein sollte (und damit in aller Regel gesellschaftlichen Nutzen stiftet) sondern sich dieser Erfolg auch noch in seinem persönlichen Wohlstand niederschlägt. „Der soll doch mal was für die Gesellschaft tun“ heißt es dann, ohne dass man auch nur eine Sekunde darüber nachdenkt, wie die Gesellschaft im Umfeld eines Unternehmens aussähe, wenn kein Unternehmer die Initiative ergriffen hätte.

Ich bin in letzter Zeit öfter über den Begriff des CSR gestolpert, und ich habe ihn hier – nicht ganz aber doch ein bisschen themenfremd – ins Spiel gebracht, weil dieser Trend geeignet ist, die Gesellschaft nachhaltig (!) zu schädigen, Selbstverantwortung zu reduzieren und sie in Summe weniger lebenswert zu machen – von den skizzierten wirtschaftlichen Folgen ganz zu schweigen. Ob eine Gesellschaft staatliches soziales Engagement im Sinne einer „GSR“ (ersetze „Corporate“ durch „Government“) befürwortet und dafür bereit ist, horrende Steuern zu zahlen, deren Finanzierung privatwirtschaftlich viel besser angelegt wäre, habe ich hier schon des Öfteren thematisiert und in Zweifel gezogen – Unternehmen aber zu Maßnahmen für diesen gesellschaftlichen Zweck zu verhaften und ihren eigentlichen Zweck und ihren gesellschaftlichen Nutzen damit einzuschränken, ist eine Potenzierung dieser Perversion des Denkens in Freiheit und Gerechtigkeit.

Unternehmen wie Primark lernen aus Käuferverhalten oder sie verschwinden vom Markt – mehr Corporate Social Responsibility, die eigentliche eine persönliche Verantwortung des Kunden ist, braucht kein Mensch!

Apropos Nachhaltigkeit: in unserer Unternehmenskantine gab es heute Mittag „nachhaltig gefangenen Kabeljau“ – der ist mir nicht vom Teller gesprungen, mehr Nachhaltigkeit erwarte ich von einem Fischfang eigentlich gar nicht …

Beitrag erschien auch auf: papsttreuuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Papsttreuer

Lieber Herr Scholz,

trotz Ihres etwas verunglückten Einstiegs in unseren Dialog, habe ich mir das Video angesehen ... und muss sagen, bis auf Anspielungen auf notwendige gesetzliche Regelungen (wenn ich "Regulierungslücke" höre, bekomme ich als Liberaler Pickel) kann ich damit ganz gut leben. Ich meine auch, das mit meinem Text zum Ausdruck gebracht zu haben - offenbar aber nicht ausreichend.

Meine These ist allerdings, dass es nicht gesetzliche Regelungen sondern Bewusstsein beim Verbraucher braucht ... und der Staat oder auch übernationale Organisationen die schlechtesten Ratgeber in dieser Sache sind. Unternehmen wie Primark büßen, ob zu Recht oder zu Unrecht, für ihre Unternehmenspolitik. Und sollte sich herausstellen, dass ein Konkurrent eine virale Verleumdungskampagne gegen Primark gestartet hat (wonach es im Moment aussieht), wird dieses Unternehmen auch dafür am Markt büßen. Wie der Staat hier sinnvoll eingreifen sollte, erschließt sich mir nicht, es sei denn, der Staat soll - analog zu der CSR-Beschreibung im Film - bestimmen, wie ein Unternehmen Geld verdient.

Vielleicht habe ich Ihren Kommentar aber auch nur falsch verstanden / in den falschen Hals gekriegt ... nach Recherche Ihres Namens gehe ich davon aus, dass das so sein muss, da Sie sich mit dem Thema sicher weit intensiver beschäftigt haben als ich. Lassen Sie mich daher ruhig Ihre Ansichten wissen - ich kann sicher was dabei lernen, selbst wenn wir nicht einer Meinung sind (Kontaktdaten finden Sie auf meinem Blog). Was meinen Sie?

Herzliche Grüße

Felix Honekamnp

Gravatar: Markus Scholz

Auf der einen Seite ist dieser wirklich mangelhaft recherchierte Text keines Kommentars würdig - wie man hier auch sieht. Auch das Finale zum Schluss ist eher ein emotionales Statement als eine fundierte Aussage. Andererseits schafft es dieser Artikel erstaunlicherweise immer wieder in meine Google Alerts, weshalb ich bereits zum dritten mal aus Versehen hier gelandet bin.
Also will ich die Gelegenheit nutzen um dem Autor wenigstens ein wenig Weitsicht und Grundlagenwissen zu verschaffen. Nehmen Sie sich bitte 10 min Zeit für das aus ihrer Perspektive (Aufklärungs-)Video - dieses sollte Ihnen einige Denkanstöße und Anlass zur Überarbeitung ihres obigen Beitrags geben.

http://www.youtube.com/watch?v=3ejgFi5hYLQ

Schade dass ausgerechnet Sie als Vater so kurzfristig denken.

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