Wie der Koalitionsvertrag den Euro stabilisiert

Der neue Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sorgt sogar in Frankreich für Freude: Kein Wunder, gibt Deutschland damit doch wichtige Bausteine seines Wettbewerbsvorteils auf. Das liegt vor allem am Mindestlohn.

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Frankreichs Präsident Hollande pries den deutschen Koalitionsvertrag, insbesondere die geplante Einführung eines gesetzlichen und flächendeckenden Mindestlohns und die Reduzierung des Renteneintrittsalters. Nichts zeigt den mit dem Einheitseuro verbundenen Harmonisierungszwang und die damit verbundene wettbewerbsschädliche Wirkung des Einheitseuros besser als dieses Lob. Je mehr Deutschland von seinen Wettbewerbsvorteilen aufgibt, je weniger muss sich die französische Regierung bemühen, selbst die nötigen Strukturreformen durchzuführen. Keine Frage, die Harmonisierung der Sozialversicherungssysteme, der Steuersätze und der Produktivität in der Eurozone sind Voraussetzung zur Stabilisierung des Euro, genauso wie die fortschreitende Zentralisierung der Entscheidungsprozesse. Dabei ignoriert diese Politik die verheerenden Auswirkungen, die sie mittelfristig auf die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte auf dem Weltmarkt haben wird.

Man stelle sich vor, die Athleten der Eurozone würden sich bei olympischen Laufwettbewerben von jetzt an in die Hand versprechen, immer zur gleichen Zeit im Ziel anzukommen. Das wäre zweifellos ein großer Beitrag zur Harmonie zwischen den Sportlern dieser Länder. Die Medaillen würden Sportlern aus anderen Ländern umgehängt. Weniger als 40 Prozent deutscher Exporte gehen heute noch in die Eurozone, Tendenz abnehmend, trotzdem scheinen sich Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien vor allem mit Vergleichen Deutschlands zu den Ländern in der Eurozone zufrieden zu geben, anstatt sich mit allen Regionen und Ländern zu vergleichen. Die Eurozone schrumpft? Kein Problem, wir wachsen dieses Jahr um 0,7 Prozent! Da wird schnell übersehen, dass die Wirtschaft weltweit um über 2 Prozent in diesem Jahr zugelegt hat. Klar, unter den Blinden in der Eurozone sind die einäugigen Deutschen König. Im internationalen Vergleich jedoch hat der Einäugige sicher nicht genügend Durchblick.

Mit der Einheitswährung wurde eben nicht, wie im Vertrag von Lissabon einmal versprochen, eine stabile Grundlage für gegenseitigen Wettbewerb geschaffen, sondern ein weiches Polster der innereuropäischen Harmonisierung. Wobei bereits dieses heute gebräuchliche Wort eine Beschönigung darstellt: Nicht Harmonie wird durch diesen Prozess erzeugt, sondern Nivellierung. Lebensstandard und Arbeitsverhältnisse der Eurozonenländer sollen einander angeglichen werden. Dass bei dieser Angleichung der eine mehr bekommt, der andere weniger, liegt auf der Hand. Unbemerkt bleibt, dass der eine mehr bekommt, weil es dem anderen heimlich genommen wird. Als harmonisch kann man diese Umverteilung wohl nicht bezeichnen.

Das europäische Nord-Süd-Gefälle

Und das liegt eben am Euro. Da sich die innereuropäischen Unterschiede am Nord-Süd-Gefälle festmachen lassen, beschließt man zu Recht, die südlichen, wirtschaftlich schwächeren Länder den nördlichen, stärkeren anzupassen. Nur ist das leichter gesagt als getan. Immerhin hat der Süden, mit Ausnahme Frankreichs, erkannt, dass nur durch Reformen des aufgeblähten Staatsapparats, seines restriktiven Arbeitsmarkts und der überbordenden Sozialsysteme eine gewisse Kompatibilität mit dem Norden erreicht werden kann. Gern haben die Südländer den Sparzielen zugestimmt, die mit Brüssel ausgehandelt und deren Einhaltung durch das reisende Schnellgericht, die Troika, kontrolliert werden. Nur haben sie keines dieser Ziele erreicht. In keinem dieser Länder wurden die Reformen so wie versprochen durchgeführt. Nicht nur haben sie sich selbst um diese Wettbewerbsfähigkeit gebracht, auch der Euro ist für sie längst zu schwer geworden. Wer sich aber nicht selbst helfen kann, dem müssen andere helfen. Von wo nach wo die Unterstützung geht, scheint durch das Nord-Süd-Gefälle gleichsam naturgesetzlich vorgegeben.

Da die Schwachen ungenügende Anstalten machen, ihr Niveau in Richtung der Starken anzuheben, drängt sich die umgekehrte Maßnahme auf, nämlich das Niveau der Starken an das der Schwachen anzupassen. Nach der Devise, man stärkt die Schwachen am besten, indem man die Starken schwächt, bemühen sich die Euroretter, den Fleißigen ein wenig von ihrer Produktivität auszutreiben. Wie Präsident Hollande zu Recht feststellte, leistet der Koalitionsvertrag dazu einen großen Beitrag.

Beitrag erschien zuerst auf: handelsblatt.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Manfred Schiller

Ich denke nicht, dass die Firmen, die Herr Henkel früher vertreten hat große Probleme mit dem Mindestlohn haben. Gerade die erwähnten Industriebetriebe zahlen Löhne, die weit darüber liegen. Probleme mit dem Mindestlohn haben eher kleine Betriebe aus dem Dienstleistungsbereich wie Restaurants, Friseure, Handwerker und kleine Einzelhändler, die sowieso täglich ums Überleben kämpfen und nicht die Löhne ihrer Mitarbeiter verzocken, Diese Betriebe, die höhere Preise nicht durchsetzen können haben also, lieber phaeno, kein Lebensrecht und sollen pleite gehen. Deren Beschäftigte würden dann arbeitlos und der Staat (wir alle) müssten dann nicht mehr nur aufstocken, sondern den kompletten Lebensunterhalt dieser Menschen, die dann jeder Hoffnung und Perspektive für einen sozialen Aufstieg beraubt sind, bezahlen.

Gravatar: phaeno

Mann, Henkel, für wie doof hältst Du uns eigentlich?
Ständig polemisiert er gegen den Staat, gegen höhere Steuern. Aber die Löhne der Firmen, die Henkel jahrelang vertreten hat, sollten weiterhin von den Steuerzahlern und dem Staat subventioniert werden.
Aber es wird nicht funktionieren. Der Bürger ist klug genug zu erkennen, dass Deutschland keine Unternehmen braucht, die die Löhne ihrer Mitarbeiter lieber verzocken statt sie zu verdienen. Wer sich sein Unternehmertum nicht leisten kann, ist kein Unternehmer und es schadet es nichts, wenn er pleite geht. Solche Unternehmen brauchen wir in Deutschland nicht.
Diese menschenverachtende Haltung wird von Henkel dann auch gleich noch vom einzelnen Bürger auf ganz Europa übertragen. Henkels Eurokritik ist verlogen, haben doch die Unternehmen, die er jahrelang vertreten hat, am meisten vom Euro profitiert. Ebenso verlogen die Kritik an den Rettungsschirmen. Ja, diese Rettungsschirme sind von Übel, ganz unbestritten, aber die Profiteure der Rettungsschirme sind nicht etwa die Bürger Griechenlands oder Spaniens, sind nicht einmal deren Länder. Die Profiteure sind internationale Banken und Industrieunternehmen, die diese Länder in Geiselhaft nehmen, um immer mehr aus den reicheren Staaten heraus zu pressen.
Si tacuisses... , Olaf Henkel, aber vielleicht erspart er uns ja für die Zukunft seine neoliberalen Billigtiraden.
Deutschland ist nicht dafür wirtschaftlich stark, dass einige wenige sich die Taschen immer mehr füllen und auf Kosten der Allgemeinheit leben.

Gravatar: Hans Meier

Der Koalitionsvertrag entspricht einem politischen Zeitgeist, in dem ein marktwirtschaftlicher Wettbewerb, um die erfolgreicheren Konzepte, als „soziale Ungerechtigkeit“ dargestellt und abgeschafft wird.
Darin spiegelt sich das Selbstverständnis der aktuellen politischen Klasse, derer, „die Finger in der Kasse haben“, die sich neo-feudal wie ein wachsender sozial-politischer Verwaltungsadel einrichten, die Bevölkerung bevormunden und sich sicher sind, medial von links-ideologisch geprägten Stimmungen unterstützt zu werden, sie sitzen feist im Sattel. Im Bedarfsfall schicken sie Werbeagenturen vor, die Kampagnen in ihrem Sinn veranstalten und sich als Sozial- oder Umwelt-NGO tarnen, um ihre Einkünfte nach Auftrags- und Geld-Gebern nicht spezifizieren zu müssen.
Der Euro ist ein Synonym für eine europäische Regierungspolitik einer permanenten Höher-Verschuldung der Länder-Bevölkerungen und parallel dazu einem Verlust an persönlicher Freiheit der Bürger. Die Politikschulden werden ja den Bürgern aufgebürdet, nicht dem Politik-Adel, und mit Vorschriften wird die Eigenverantwortung und freie Entscheidung der Bürger entzogen, zunehmend an politische Staatsbürokratien weg-delegiert.
Das Selbstverständnis von Opportunisten ist es, sich selbst vor Wettbewerb und Anstrengungen zu schützen, darum ist politischen Opportunisten in allen Lebens-Bereichen der Wettbewerb, um die erfolgreicheren Alternativen, ein persönlicher Störfaktor.
Nicht die Vernunft, das reale Funktionieren oder die erfolgreiche Leistung steht als Ziel im Koalitionsvertrag, sondern ein opportunistische Gemengelage auch von Lobbyisten, also eher ein stabiler Stillstand ohne wirkliche Lösungen von drängenden Problemen.
Neben der untauglichen Währung für völlig verschiedene Volkswirtschaften, sind auch die Eigenschaften, mit denen eine Bevorzugung und Beförderung von bestimmten Personen erfolgt (Gender), bis hin zu untauglichen Stromerzeugungs-Techniken, die vor Wettbewerb geschützt bleiben, ein deutliches Zeichen feudaler, emotionaler Vorurteils-Politik.
Den Untertanen wird aufgebürdet, die politische Klasse residiert und ist weder Willens, noch in der Lage, die selbst verursachten Probleme zu beheben.
Ohne Wettbewerb wird das Mittelmaß zum reduzierten Ziel, wobei die Dynamik des fehlenden Wettbewerbs auch die Drift des Mittelmaßes zu noch niedrigerem Niveau treibt. Da werden infantile Visionen wahr, Eisbär-Paten und Klima-Kanzlerin, alternativlose Schaumschläger in Herrschaftsrollen, mit einem feudalen Anhang von Höflingen, eben die aktuellen Opportunisten.

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