Wie der Faktor “Jeföhl” die Konservativen endgültig erledigte

Argumente spielen kaum noch eine Rolle. Drängen sie sich auf, werden sie als rechtspopulistisch, fundamentalistisch oder was-auch-immer-phob aus dem Diskurs geschossen. Und die Strategie ist erfolgreich, denn inzwischen verlieren die Konservativen in Deutschland immer.

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Versucht man, mit einem Kölner über den bisweilen trostlosen Zustand seiner Stadt zu sprechen, kommt früher oder später der Hinweis, dass die Domstadt a) die schönste Stadt der Welt und b) “Kölle en Jeföhl” sei. Ja, “en Jeföhl”. Während also der eine mit Schulden, Kriminalität, Schmutz, einstürzenden Stadtarchiven oder jüngst falsch ausgezählten Stimmzetteln anfängt, redet der andere davon, wie schön es “im Veedel” ist, wo “wir all he hinjekumme” sind. Manchmal bewundere ich die Ur-Kölner sogar für ihre einzigartige Fähigkeit, aus lokalem Patriotismus die Wirklichkeit komplett auszublenden. Problematisch wird es, wenn das “Jeföhl” in Deutschland den politischen Diskurs bestimmt.

Während man oft schon bei leiser Erwähnung der Probleme mit der Integration von Menschen aus anderen Kulturen in unsere Gesellschaft als Rechtsaußen gebrandmarkt wird, haben wir ein gutes “Jeföhl” jeden erst einmal aufzunehmen und selbst, wenn er oder sie als Asylbewerber abgelehnt worden sind, bei uns im Land zu behalten. Wir haben sogar ein gutes “Jeföhl”, wenn die Landschaft mit Unmengen von subventionierten Windkraftanlagen verschandelt wird, wenn man dafür Schneisen in die Wälder schlägt, damit das bisschen Wind die Flügel erreicht und gleichzeitig ganze Vogelarten vom Himmel gemetzelt werden, denn wir haben auch das “Jeföhl”, dass die an sich saubere und wirtschaftliche Kernenergie ganz gefährlich ist (was außer uns in Deutschland allerdings niemanden davon abhält, Atomkraftwerke zu bauen – derzeit weltweit rund 90 neue). Und beim Streit um die Homo-“Ehe” ist das “Jeföhl” besonders doll. Nie wurde mir das so deutlich, wie gestern Abend am Radiogerät. Im WDR gab’s eine Diskussion über die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der traditionellen Ehe aus Mann und Frau. Meine Frau durfte mitdiskutieren und versuchte darzulegen, was es mit dem Artikel 6 unseres Grundgesetzes auf sich hat, in dem die Ehe privilegiert und als besonders schutzwürdig definiert wird. Und dazwischen las der Moderator ungerührt zahlreiche postings aus dem Forum vor, postings über das “Jeföhl”. Wenn sich Menschen doch lieben, wenn sie zärtlich und füreinander da sind, wenn sie sich ewig treu sind, was ist dann schlecht daran, fragten Hörer um Hörer. Nichts, ist die einfache Antwort. Nur: darum geht es gar nicht bei dieser ganzen Debatte. Natürlich können Homosexuelle genauso lieben, auch genau so hingebungsvolle Eltern sein, wie Heterosexuelle. Wer bestreitet das? Das Thema heißt demografischer Wandel, das Thema heißt Förderung der Beziehung, aus der Kinder hervorgehen KÖNNEN. Das Thema heißt Öffnung der Ehe auch für weitere Formen des Zusammenlebens. Wenn Ehe auch anders als bisher definiert werden darf, mit welchem Recht will man etwa einem Muslim mit zwei oder drei Frauen den Status als Ehe in diesem Land noch verweigern? Wenn sie sich doch lieben, zärtlich und immer füreinander da sind, um nur ein Beispiel zu nennen. Die Diskussion wird völlig am Thema vorbei geführt, “Jeföhl” ist wichtiger als Ratio. Fragte man früher bei politischen Debatten, warum dies oder das entschieden werden soll, sind wir inzwischen in vielen Bereichen beim – ich bleibe mal in Köln – “woröm denn nit”? Warum sollen denn Kinder nicht wählen dürfen? Warum soll man denn nicht nackt durch die Fußgängerzone laufen dürfen? Warum sollen Priester denn nicht heiraten? Warum soll man nicht Kiffen dürfen? Und so weiter…. Man kann das alles sachlich beantworten, aber viele wollen es gar nicht hören, wenn bloß das “Jeföhl” stimmt.

Das bringt mich noch zu einem anderen Gedanken. Vor einigen Monaten schrieb ein Facebook-Freund (oder -Freundin) einen Satz, der mir seither nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist. Und der hieß: “Konservative verlieren immer.” Ich habe immer mal wieder darüber nachgedacht, ob das tatsächlich so ist, vielleicht sogar so sein muss. Aber mir fallen viele Beispiele aus der Vergangenheit ein, wo das nicht so war. Es wurde damals mit harten Bandagen und guten Argumenten gekämpft. Mal haben die einen Recht gehabt und gewonnen (Willy Brandt zum Beispiel mit seiner Politik der Öffnung nach Osten), mal haben die anderen Recht gehabt und gewonnen (Reagan, Thatcher, Schmidt und Kohl mit der NATO-Nachrüstung). Doch inzwischen gibt es das nicht mehr. Der Grund ist meines Erachtens der Faktor “Jeföhl”. Argumente spielen kaum noch eine Rolle. Drängen sie sich auf, werden sie als rechtspopulistisch, fundamentalistisch oder was-auch-immer-phob aus dem Diskurs geschossen. Und die Strategie ist erfolgreich, denn inzwischen verlieren die Konservativen in Deutschland immer.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.denken-erwuenscht.com.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Werner N.

Der Artikel von Klaus Kelle spricht ein wichtiges Thema an. Allerdings geht Einiges durcheinander, es werden keine richtigen Bezüge hergestellt, der Begriffsgebrauch ist vage. So kommt es zu falschen Schlüssen wie: …„Der Faktor `Jeföhl` erledigte die Konservativen endgültig“… und …„Konservative verlieren immer“…Das übrige Europa wird nicht erwähnt, wo „Konservative“ und eine „neue Rechte" z. Zt. erfolgreich sind. Natürlich hängt solches Denken mit dem Debakel des Dritten Reiches zusammen. Man sollte sich auch nicht verschämt um den Begriff „Rechtskonservativ“ drücken. Die linkspopulistische Propaganda ist hier präziser und liegt richtiger. Was ...„das ständige Verlieren der Konservativen“… anbetrifft, so haben 1989 die anti–emotionalen linken „Progressiven“ des Sozialismus verloren, so sehr, dass sie sich bis heute kaum davon erholten.

Leider geht der Artikel auch nicht auf die psychologische Problematik ein, die hier nur kurz angedeutet werden kann. Das Gefühl der „Rechten“ muss kein Handicap sein, im Gegenteil, dessen Ausklammern bei linken Rationalisten kann gewaltige Probleme verursachen, wie oben erwähnt und sich derzeit beim EU–Einheitsstaat abzeichnet. Wie beim Verstand (Intellekt), so gibt es bei Emotionen Ebenen von hoch bis niedrig. Rationalisten ignorier(t)en, dass jeder Gedanke mehr oder weniger von einem Gefühl begleitet wird. In den 90iger Jahren entdeckten Psychologen den emotionalen Quotienten (EQ) und hielten ihn unverzichtbar für sog. emotionale und ästhetische Intelligenz (i.Ggs. zu Intellekt), soziale Kompetenz und Kreativität. Konservative verlieren dann, wenn deren niedere Gefühle – etwa der Machtinstinkt – die „Vernunft“ blockieren. Das „Jeföhl" im Artikel spricht nur niedere Emotionen an.

In seinem Aufsatz >Über die Banalisierung des Begriffes `Nazi`< sieht Kelle die Zustände (gefühlsmäßig) richtiger. Hier sagt er, …“dass das Jahr 2014 vielleicht einmal als Zeitenwende in wissenschaftliche Arbeiten von Politologen eingehen wird, denn erstmals ist zunehmend erkennbar, dass ein beträchtlicher Teil unserer Bevölkerung offenbar nicht mehr bereit ist, sich dem Diktat linksprogressiver Meinungsführer widerspruchslos zu unterwerfen“… Ob genau 2014, sei dahingestellt, aber die kommenden Jahrzehnte werden die Auseinandersetzungen zwischen „Links“ und „Rechts“, Ratio und Emotion, Intellekt und Intelligenz gesellschaftlich, kulturell und zerebral beherrschen. Um weitere Katastrophen modernistischer Gesellschaften zu vermeiden, wird eine funktionierende, höhere Synthese dieser Gegensätze buchstäblich not–wendig werden.

Gravatar: Hans-Peter Klein

Sehr geehrter Herr Oberdörffer, vielen Dank,
als Nicht-Ökonom und "Nur"-Ingenieur erlaube ich mir Sie nach der Berechnungsmethode zu fragen, wie man die Todesopfer je TWh (ich vermute pro Jahr) im Mittel über die gesamte technische "Lebensdauer" der Kernenergie bestimmt, d.h. etwa seit dem Aussterben des Neandertalers bis heute, jawohl Atommüll "lebt" solange. Ich vermute mal, das da einige nicht naturwissenschaftlich-technische Annahmen getroffen werden mussten, z.B. über das "Restrisiko" (wer trägts? Solange?), Ressourcenverbrauch (wer gibt, wer nimmt ?), aber klären Sie mich, nein uns, gerne mal auf, oder schicken uns besser die Links mit Quellenangaben, das Beschlauen machen wir dann schon selbst. Bei den "Kosten" verhält es sich im Prinzip ganz genau so. In unseren Stromkosten ist die EEG-Abgabe sowieso nur mit etwa 6-7 % enthalten, weit über 50% sind Steuern und Abgaben, die mit dem EEG gar nichts zu tun haben. Selbst die reinen Herstellungskosten des Stroms von etwa 25-30 % sind beileibe nicht von der Wiege bis zur Bahre gerechnet. Was nicht passt wird hübsch "externalisiert" , räumlich, zeitlich, von der Verantwortungsübergabe her. Im Übrigen sind die durchschnittlich monatlichen Stromkosten für Privathaushalte immer noch ein ziemlicher Pipifax gegenüber dem , wofür hierzulande überall Geld ausgegeben wird, täglich, monatlich , übers Jahr. Das habe sogar ich als "Nur".-Ingenieur verstanden..

Eine Umstellung der Stromversorgung auf eine fehlerfreundliche, umweltfreundliche (die diesen Namen auch verdient, eben nicht Umweltschäden-verringernde) Stromversorgung bedeutet nun mal, das alles "smarter" wird, will heißen, das hinter der Steckdose alles viel dynamischer wird, damit vorne aus der Steckdose uns Premiumenergie in Form von Strom zur Verfügung steht.

Diese Entwicklung kostet Zeit und Geld, Ja und:
Gut Ding muß Weile haben.

Hans-Peter Klein, Dipl. Ing.






was

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Sehr geehrter Herr Klein,
Sie schreiben: "Um sich zur Energiepolitik zu äußern sollte man was davon verstehen." Richtig, und was verstehen Sie davon? Sie haben sich hier und bei EIKE verschiedentlich als Verfechter der Energiewende und der "erneuerbaren Energien" zu erkennen gegeben. Damit haben Sie bewiesen, daß Sie jedenfalls nichts davon verstehen. Wind und Sonne sind nicht in der Lage, ununterbrochen Strom nach Bedarf zu erzeugen, wie er in einem Industrieland wie Deutschland gebraucht wird. Das geht nur mit thermischen Kraftwerken, die fossil oder nuklear befeuert werden. Obwohl die Kernenergie, gemessen an den durch die jeweilige Form der Stromerzeugung verursachten Todesopfer je TWh mit Abstand die sicherste Form der Stromerzeugung ist, wird sie in Deutschland abgeschafft, gestützt auf das Gutachten einer zweifelhaften Ethikkommission, in der nicht ein Fachmann für Kernenergie vertreten war. Die exorbitanten Kosten der Erzeugung "grünen" Stroms scheinen Sie auch nicht zu interessieren. Ein guter Ingenieur achtet aber im Gegensatz zu Ihnen immer auch auf die Kosten der Lösungen, die er vorschlägt. SCHADE ist es um Ihr Ingenieurstudium, es war wohl vergebens.

Gravatar: A. Schurmann

Statt rationaler Argumente wird in Massenmedien politisch korrektes Flexibelsprech benutzt. Flexibelsprech ist in http://www. l-schoepfer.de/vern-relig.html , Abschn. 3.5, erläutert.

Gravatar: Hans-Peter Klein

Sehr geehrter Herr Kelle,
Gut angefangen, stark nachgelassen, dann wieder leicht aufgeholt.
Sie packen m. E. zu viele Themen auf einmal an und verheddern sich dadurch. Bei den gesellschaftspolitischen Themen folge ich Ihnen ja gerne (Asyl, Homo-Ehe, kiffende Kinder, polygame Ehe, usw), warum belassen Sie es nicht dabei?
Um sich zur Energiepolitik zu äußern sollte man was davon verstehen. Seien Sie doch mal ehrlich, können Sie GW, TWh/Jahr, kWh/m² und Euro/kWh auseinanderhalten? Also. Nicht so wichtig?
Wie kommen Sie dann zum "Jeföhl" die Kernenergie sei rundherum "...sauber und wirtschaftlich ..." ? Ein Satz wie, dass "... ganze Vogelarten vom Himmel gemetzelt werden ... " ist einfach nur Schwachsinn, man muß darauf hier nicht wirklich eingehen. Zu solchen Themen sollten nur solche Journalisten zur Feder (resp. Tatstatur) greifen, die eine naturwissenschaftlich-technische Grundausbildung genossen haben. Da kehrt sich Ihr eigenes, un-analytisches "Jeföhl" ins Gegenteil um, kehrt als Bumerang zurück und wirft dadurch einen Schatten auf die anderen, hier eingangs erwähnten Themen. Sie schaffen es durch Ihren "Jeföhl"sartigen Rundumschlag, eine anfangs vorhandene, positive Leseneugier in ein mitleidiges Kopfschütteln zu verwandeln. Leider haben Sie sich dadurch für mich als typischen Feuilleton-Journalist desavouiert und als Nicht-Fachmann (in Sachen Energiepolitik) geoutet.

SCHADE.

Hans-Peter Klein, Dipl. Ing.

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