Widersprüche

Ironie der Politik: Ausgerechnet die Familienpolitikerin Manuela Schwesig, die in ihrer Oppositionszeit das Betreuungsgeld mit geiferndem Eifer bekämpfte, musste es nun verteidigen (lassen). Das gebot die Kabinettsloyalität.

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Und damit sie es nicht selbst tun musste, schickte sie ihren Staatssekretär – und machte damit die Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht vollends zur Posse. Denn es war dieser Sekretär, der in seiner Zeit als Staatsrat in Hamburg die Verfassungsklage der Hansestadt gegen das Betreuungsgeld vorbereitete.

 

Politisch gibt es nichts Neues. Die üblichen Vorurteile der vor allem rotgrünen Ideologen (nicht nur in Hamburg) gegen die Erziehungsleistung der Familie bestätigen das Wort Einsteins: Es ist einfacher Atomkerne zu zertrümmern als Vorurteile. Gerade der Streit der öffentlichen Erzieherinnen, bei dem Frau Schwesig derzeit munter mitredet, zeigt ja, daß dieser Gesellschaft eine gute Erziehung nur kleine Münze wert ist. Und dass Frau Schwesig in dem einen Fall mehr Geld für eine zeitlich und emotional begrenzte Leistung fordert, im Fall von Eltern indes für eine gleiche, aber zeitlich und emotional unbegrenzte Leistung den Lohn ganz streichen will, illustriert und vergrößert ihre Vorurteile wie in einem Vexierspiegel. Übrigens: Mütter streiken nicht.

 

Wäre es für die Zukunft dieses Landes nicht so traurig, man könnte in homerisches Gelächter ausbrechen. So kann man nur erneut darauf hinweisen: Die Familie ist der „Kern jeder Sozialordnung“ (Benedikt XVI.) und wer es gut meint mit Deutschland, der müsste eigentlich Ehe und Familie unterstützen. Und das nicht nur aus demographischen und gesellschaftlichen Gründen (drei von vier Kindern leben bei ihren beiden leiblichen und verheirateten Eltern), sondern vor allem aus Gründen der Gerechtigkeit. So sah es das Bundesverfassungsgericht in seinem Betreuungsurteil vom 19.1.1999, als es forderte, private und öffentliche Betreuung gleichzustellen, woraus ja auch das Betreuungsgeld entstanden ist. Die Kinderbetreuung sei „in der jeweils von den Eltern gewählten Form zu ermöglichen und zu fördern“. Genau das tut das Betreuungsgeld, es schafft Wahlfreiheit. Und „der Staat hat dementsprechend dafür Sorge zu tragen, daß es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten“. Das war der Auftrag zur Schaffung des Betreuungsgeldes.

 

Hier kommt das Neue, die juristische Betrachtung: Der Auftrag ging nicht an die Länder oder Kommunen, sondern an den Staat, also auch an den Bund. Dennoch hoffen die rotgrünen Gegner des Betreuungsgeldes und Fans der öffentlichen Beherrschung der Kinderseelen, daß die Richter in Karlsruhe diese Leistung über ein juristisches Formalkriterium kippen und dem Bund die Zuständigkeit absprechen. Die Chancen dafür stehen nicht so schlecht. Denn die jetzigen (kinderlosen) Richter in Karlsruhe sind bei weitem nicht so familienfreundlich wie jene, die das Betreuungsurteil erarbeiteten. Im Gegenteil, sie wollen sich gerade in diesem Punkt distanzieren, und sei es mit dem Risiko des Widerspruchs zu früheren Urteilen.

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