Wenn wir Deutschland erhalten wollen, müssen wir auch seine Traditionen pflegen

Die real existierenden St. Martin-Umzüge am Niederrhein waren wieder farbenfroh, überschwänglich und lehrreich.

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 Tagelang hatten die Kinder auf das Ereignis hingefiebert und in mühevoller Kleinarbeit phantasievolle Laternen entworfen. Dann ging es, begleitet von Feuerwehrkapellen durch die Innenstadt, wo praktisch die komplette Einwohnerschaft versammelt war. Das Fest des Heiligen Martin von Tours, der in einer eisigen Winternacht einen armen und unbekleideten Mann traf, dem er die Hälfte seines Mantels gab, hat in dieser Region eindeutig Volksfestcharakter. Auch wenn in der Metropole Düsseldorf einige Kitas und Grundschulen hip sein möchten, und die wunderbaren Martins-Umzüge zu schnöden „Lichterfesten“ umbenannt haben, zeigte sich auch in diesem Jahr, dass die große Mehrheit in der Bevölkerung die Tradition bewahren will. Das Bemerkenswerte dabei ist, dass es die gern zitierten Menschen aus anderen Kulturkreisen überhaupt nicht zu stören scheint, ja, dass es ihnen sogar sehr gefällt. Auch beim heutigen Umzug, an dem unsere Jüngste als Schülerin einer katholischen Grundschule teilnahm, waren selbstverständlich auch die muslimischen Schüler mit ihren Laternen dabei – so wie ihre Mütter, einige mit Kopftuch. Sie leben in diesem Land, und sie nehmen am Leben und am Feiern der Traditionen teil. Ein reicher und mächtiger Mann teilt seine Kleidung mit einem Armen – was für eine schöne Geschichte, nicht nur für Kinder.

Ich habe heute, am Straßenrand in der Menge auf die Kinder wartend, viel darüber nachgedacht, warum es in diesem Land Menschen gibt, die bereit sind, alle Traditionen bedenkenlos über Bord zu werfen. Integration kann man von Zuwanderern doch nur erwarten, wenn es irgend etwas gibt, in das die sich integrieren können. Genau das ist doch der Grund, warum Integration anderswo gut funktioniert und in Deutschland eher schleppend, wenngleich es auch hier nüchtern betrachtet bisher besser funktioniert hat, als wir oft annehmen. Noch mal zur Erinnerung: In Deutschland lebten nach vorsichtigen Schätzungen bis zum Beginn der Flüchtlingswelle mindestens vier, wahrscheinlich eher sechs bis sieben Millionen Muslime, größtenteils aus der Türkei. Die überwältigende Mehrheit friedlich im Mit- und Nebeneinander zur Mehrheit der Gesellschaft.

Aber dieses Brauchtum, das ist doch etwas, das uns Deutsche ganz besonders ausmacht, neben dem Hang zur Pünktlichkeit, zur Ordnung und zum Fleiß, die man uns bisweilen nachsagt. Warum unsere Traditionen opfern, obwohl es niemand von uns verlangt? Es ist erbärmlich, was einige Kitas und Grundschulen da tun. Klar, dies ist ein freies Land, und sie dürfen das so entscheiden. Aber es muss uns nicht gefallen. Mir gefällt es so, wie es ist, mit einem Martin hoch zu Ross, mit fröhlichen Kindern, mit Weckmännern und Spielmannszügen. Eigentlich müsste man sich noch viel mehr dafür engagieren, dass dieses Land bleibt, wie es ist. Und dass unsere Traditionen und Sitten nicht unter die Räder kommen in modernen Zeiten wie diesen. Viele Vereine, besonders die, die vom Aussterben bedroht sind, brauchen Unterstützung. Wer geht heute noch und singt in einem Chor mit? Wer engagiert sich bei der Freiwilligen Feuerwehr oder in einem Bürgerverein? Wie viele Menschen vertrödeln einfach ihre Zeit vor der Glotze, anstatt sich einmal in der Woche irgendwo hinzubewegen, um etwas Sinnvolles für die Allgemeinheit zu tun? Das Deutschland, das den meisten von uns so gut gefällt – das sollten wir hegen und pflegen. Weniger im politischen Alltagsstreit und mit flacher Unterhaltung als vielmehr, indem wir mitmachen.

Beitrag zuerst erschienen auf denken-erwuenscht.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Skipper

Da sprechen Sie eine unbequeme Wahrheit an Herr Kelle. Danke dafür.

Wer ein Erbe erhalten will muß es auch antreten. Goethe liefert die Formel in seinem Faust "Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen".

Also runter vom Sofa, die Gemeinschaft und Vereine pflegen und die eigene Familie bzw. Sippe nicht vergessen sondern Fördern.

Ein solches Verhalten fordert vom einzelnen Verzicht und dies wiederspricht diametral den derzeit modernen Verheißungen von käuflicher Selbstbestimmung und individualität.

Ich befürchte allerdings, daß es unseren Landsleuten (leider) noch zu gut geht um dies zu erkennen. Eine Zukunft hat unser heutiges (Fehl-) Verhalten sicher nicht. Umkehr tut not, dann stellt sich der Erfolg, die Stärkung des eigenen von selbst ein.

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