Wenn die Bäckerei eine Bank wäre

Einfaches und sachliches Szenario: So sähe es aus, wenn die Bäckerei nebenan eine klassische Bankfiliale wäre.

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Du  kommst rein und bist dir noch nicht sicher welche Brötchen du kaufen willst. Der Bäcker muss nun fragen,  ob du überhaupt schon mal Brötchen gekauft hast. Er muss in Erfahrung bringen, was du beruflich machst und welchen Schulabschluss zu hast. Auch muss er protokollieren wie oft und welche Brötchen du in der Vergangenheit gekauft hast. Um abzuschätzen, ob er dir überhaupt ein Brötchen empfehlen darf, muss dich der Bäcker noch nach deinem Einkommen und deinem Vermögen befragen.

Wird eine konkrete Empfehlung ausgesprochen, dann wird dir der Bäcker jede einzelne Zutat des Brötchen erläutern müssen. Auch die Mischungsverhältnisse und jeder einzelne Produktionsschritt wird transparent dargestellt und protokolliert. Selbstverständlich klärt der Bäcker auch über die steuerliche Behandlung des Brötchens auf. Damit in der Bäckerei alles nach den gesetzlichen Vorschriften abläuft, musste der Bäcker eine personalintensive Compliance-Abteilung aufbauen.

Durch gezieltes Nachfragen muss der Bäcker feststellen, ob du alles verstanden hast. Wenn ja, dann übergibt dir der Bäcker die 140 seitige Bröschüre “Basisinformationen über Brötchen” sowie die wesentlichen Brötcheninformationen und das 455 seitige Verkaufsprospekt. Handelt es sich um ein besonderes Brötchen, dann muss dir der Bäcker 7 Tage Bedenkzeit geben, bevor er dir etwas empfehlen darf. Möchtest du das Brötchen gemeinsam mit deiner Partnerin oder deinem Partner essen, dann gelten die Pflichten für alle Personen.

Alle Einzelheiten werden dokumentiert. Wenn du Angaben verweigerst, dann darf der Bäcker keine Empfehlung aussprechen. Alle Bäcker werden ähnlich wie Nazis und Sexualstraftäter in einer nationalen Datei gespeichert. Macht der Bäcker einen Formfehler in der Dokumentation oder schmeckt dir das Brötchen nicht, dann kannst du ihn anschwärzen. Hat das Aufsichtsamt zu viele Einträge für einen Bäcker erhalten, dann kann er ein Berufsverbot bekommen.

Zum Schluss muss dir der Bäcker noch erzählen, welche Einkaufspreise er für die einzelnen Zutaten hat. Auch muss er dir auf den Cent genau offenlegen, was er an dem Brötchen verdient. Gibt es das gleiche Brötchen irgendwo anders billiger, dann muss er dir das auch noch sagen. Manchen kleinen Bäckern ist der Aufwand zu hoch. Sie schließen ihre Filialen, während die großen Konzernbäckereien weiterbacken wie bisher. Die kleinen Bäcker vor Ort werden so behandelt, als hätten sie die große Backkrise in 2008 verursacht.

Beitrag zuerst erschienen auf pinksliberal.wordpress.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Ein Verarschter

Meine Bank hat sich mir gegenüber in keiner Weise so verhalten.
Ich habe nicht einmal eine Kündigung vorliegen und habe alles verloren, bis auf das was ich am Leib trug, so und nicht anders lief es ab.
Alle haben einen Gewinn eingefahren, außer mir, mir der seinen Verpflichtungen nachkam, so sieht es hierzulande aus.

Gruß, ein Amoklaufversteher

Mir darf keiner mehr von denen in die Quere kommen!!!!!!!

Gravatar: H.Roth

Vielen Dank für diesen gelungenen Beitrag, Frau Ger.
Einem Finanzwelt-Banausen wie mir, der mehr von Brötchen als von den vielen Geldverwirrungen versteht, ist nun doch Vieles verständlicher geworden.

Gravatar: Bapthist

Verehrte Jenny,
manch einen deiner Beiträge (ich darf einfach mal "du" schreiben?!) las ich mit leichter Verwunderung. Diesen hier mit einfach nur Begeisterung! Sehr anschaulich die aktuelle Lage geschildert. Du scheinst die Branche zu kennen ;-)?
Leider steckt die ganze Wahrheit über die aktuelle Situation in deinen Zeilen. Leider, da es auf genau die traurige Quintessenz hinausläuft: der kleine Bäcker muss sich abwenden, auch wenn der Kunde einfach nur ein ganz normales Brötchen kaufen will. Der Aufwand, und auch das Risiko, sind einfach viel zu groß für den armen Bäckersmann.
Und kaum ein Kunde weiß, wie schnell er seinen Bäcker auf die "Nazi- und Sexualstraftäterliste" bringen kann. Mit absurden Kleinigkeiten, die früher über den Tresen geklärt wurden. Herzlichen Dank an die BaFin! Bis auch euer Bäcker die Pforten schließt... und der hat um 2008 die Krise bestimmt nicht verursacht! Schauen bildet - einfach mal aufmerksam "The Big Short" verinnerlichen.

Bapthist

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