Was ist deutsch?

Diese Frage wird von Politikern gerne gestellt. Weil eine exakte Definition schwer fällt, schließen diese Politiker fälschlich, dass es ein „Deutsches“ nicht gäbe und darum Einwanderer auch nicht deutsch werden müssten.

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In der Diskussion um die sog. „Flüchtlingskrise“ wird immer wieder die Forderung nach „Integration“ erhoben. Die massenhafte und ungelenkte Einwanderung von Asiaten und Afrikanern wird kaum noch thematisiert, sie scheint für die deutsche Politik eine Art Naturgesetz zu sein; ebenso wird nicht mehr zwischen Asyl- bzw. Flüchtlingsstatus einerseits und Wirtschaftsmigration andererseits unterschieden, wie es anfangs noch als reines Lippenbekenntnis der Fall war, was nur bedeuten kann, dass alle, die ihren Fuß über die ungeschützte deutsche Grenze gesetzt haben, auch bleiben werden. „Nun sind sie halt da.“ Darum soll ja auch unhinterfragt „integriert“ werden, obwohl schon fragwürdig ist, warum Menschen, die keinen und solche, die nur einen temporären Anspruch auf Bleibe haben, unbedingt „integriert“ werden müssen. Auch hier also die unausgesprochene Annahme hinter der Forderung nach „Integration“: Alle, die sich den Zutritt de facto erzwungen haben, sollen auch bleiben.

Nun kommt die Frage, wo hinein sich diese Millionen „integrieren“ sollen. Die deutsche Wirtschaft gibt zusammen mit der Politik die Antwort: zunächst in den Arbeitsmarkt. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, fordert deshalb die Einrichtung eines Billiglohnsektors in Deutschland, weil die Ankommenden ja zum überwiegenden Teil nicht einmal das haben, was in Deutschland einem Hauptschulabschluss entspräche. Arbeit soll angeblich bei der „Integration“ helfen, obwohl die Erfahrungen aus Großbritannien, Frankreich und leider auch Deutschland dagegen sprechen. Denn auch bei arbeitenden Migranten ist immer noch nicht geklärt, wo hinein sie sich „integrieren“ sollen. Worüber Einigkeit herrscht: Sie sollen, wenn sie denn alle bleiben, irgendwann und irgendwie „deutsche“ Staatsbürger werden, was ja in der Sprache der veröffentlichten Meinung identisch sein soll mit „deutsch“. 

Und hier fängt die Schwierigkeit für die politische Klasse an: Was ist deutsch? Ein türkischer Politiker wie C. Özdemir, der eine Klientel zu bedienen hat, die sich selbst auch nach 50 Jahren kaum als deutsch sieht, umgeht aus begreiflichem Grund diese Frage und beruft sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: das Grundgesetz. Das Grundgesetz soll „unsere“, also deutsche Leitkultur sein. Das würde aber bedeuten, dass z. B. Neuseeland oder Alaska „deutsch“ wären, würde dort das Grundgesetz gelten. Der offenkundige Unsinn dieser Forderung Özdemirs ist klar. Sie steht auch im Widerspruch zur multikulturellen Ideologie (nicht nur) der Grünen, denn dieser gemäß sollen alle Bleibenden ja ihre offenkundig nicht-deutsche Kultur weiterleben dürfen, die häufig nicht mit Geist und Buchstaben des Grundgesetzes vereinbar ist. Wer dann außer dem deutschen Volk der Träger einer „Leitkultur des Grundgesetzes“ sein soll, bleibt offen, womit der gedankliche Fehler entlarvt ist. Man kann darum auch gleich von einer deutschen Leitkultur sprechen. Und wieder stellt sich die Frage: Was ist deutsch?

Die politische Einheitsfront sei hier stellvertretend durch R. Künast zitiert: Ich weiß gar nicht, was deutsch ist, ich weiß nicht, was das sein soll. Und in der Tat, wer könnte so ohne weiteres definieren, was deutsch sei? Und weil das so schwer ist, kommen öffentlich-rechtliche Propagandisten wie Herr Plasberg zum (Fehl-)Schluß, dass es so etwas wie „deutsch“ nicht gäbe. Damit soll jeder Forderung nach Assimilation die Spitze gebrochen werden. Weil keiner definieren kann, was deutsch sei, könne auch niemand verlangen, dass jemand deutsch werde. Zwar ist diese Prämisse falsch, aber sie dient Politik und Wirtschaft dazu, lediglich die Staatsangehörigkeit als Band zwischen den multikulturell verschiedenen und deshalb nebeneinanderherlebenden Gruppen eines Vielvölkerstaates namens Deutschland einzuführen.

Warum diese Prämisse falsch ist? Hier sei aus einem Interview zitiert, das mit dem Philosophen Karl Popper im Jahr 1974 geführt wurde. Popper sagt dort: „Meiner Meinung nach ist es eine Art Lebensaufgabe, sich zu trainieren, so klar wie möglich zu sprechen. Und das wird nicht dadurch erreicht, dass man besonders auf die Worte achtet, sondern das wird dadurch erreicht, dass man seine Thesen so formuliert, dass sie kritisierbar werden. Die Leute, die zuviel über Definitionen, Worte, Begriffe reden, die bringen eigentlich nichts vor, das einen Wahrheitsanspruch erhebt. Eine Definition ist eine rein konventionelle Angelegenheit; die Erwartung, dass jeder die Begriffe, die er benützt, definieren kann, ist eine überaus ruinöse Einstellung für die Philosophie. Was meinen Sie mit Gerechtigkeit? Wenn jemand nicht weiß, wie er das definieren soll, heißt das doch nicht, dass er nicht weiß, was Gerechtigkeit ist. Wenn jemand sagt: Definieren Sie »Mensch«! Und er gibt zur Antwort: Ein federloser Zweifüßler - wissen Sie dann mehr? Wenn einer vorher nicht gewußt hat, was ein Mensch ist, wird er es nach der Definition auch nicht wissen. Definitionen helfen nicht. Definitionen führen nicht zur Klarheit, sondern zu einer prätentiösen, falschen Präzision. Ich bin gegen die Diskussion von Begriffen und Definitionen, sondern für einfaches Sprechen. Die politische Philosophie und Diskussion ist voll von solchen Begriffsbestimmungen, Diskussionen über Begriffe; man sollte sie ersetzen durch die Diskussion von politischen Vorschlägen, Planungsvorschlägen (nicht dirigistisch gemeint, sondern was man durchführen soll). Zum Beispiel ist die Frage: Was ist der Staat? kein Problem; stattdessen die Frage: Wie weit soll sich der Staat in die privaten Affären der Staatsbürger einmischen und wann? Das ist ein Problem.“

Jemand, der mit den Hintergedanken an Billiglohnsektor und Vielvölkerstaat die unsinnige Frage stellt, was deutsch sei, will also von vornherein so diskutieren, dass er nicht kritisiert werden kann. Er will keinen Wahrheitsanspruch erheben, sondern den Diskussionsgegner vorführen und mundtot machen, wenn dieser - wie erwartet - nicht definieren kann, was deutsch sei. Das ist aber weder möglich noch nötig. Jeder Deutsche weiß auch ohne Definition, wer deutsch ist. Einige Worte genügen im Gespräch, um mit einem ersten Eindruck zusammen festzustellen, ob man es mit einem oder einer Deutschen zu tun hat. Das Wohinein der Integration kann damit eindeutig und einfach beantwortet werden. Die Frage: Was ist deutsch? stellt laut Popper kein Problem dar, weil es sich von selbst versteht; ein Problem im Sinne Poppers ist dagegen: Wodurch sollen welche und wieviele Einwanderer deutsch werden? Diejenigen unter den Bleibenden, die die Voraussetzungen dafür haben, sollen Deutsche werden. Diejenigen, die die Voraussetzungen nicht erfüllen, kommen garnicht herein oder müssen wieder gehen. Wodurch sollen sie Deutsche werden? Durch Assimilation - bis man dem Herrn Piontek nicht mehr anmerkt, dass seine Vorfahren aus Polen stammten. Auswahl, Begrenzung, Assimilation als logische Grundlagen der Einwanderung: Diese simple Erkenntnis macht blitzartig klar, warum die politische Klasse alles dafür tut, von ihr abzulenken.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Manfred J. Ludwigs

Es gibt sie, die ruskaja duscha (die russische Seele). Jeder Russe weiß, was damit gemeint ist. Nur: exakt definieren kann er sie nicht. Warum also soll es den Deutschen anders gehen mit der Erklärung dessen, was das Deutsche ist? Hauptsache ist, daß wir es wissen; nicht notwendigerweise intersubjektiv mitteilbar. Schon Augustinus hatte ein Definitionsproblem. Er schreibt: "Was also ist die Zeit? Wenn mich niemand darüber fragt, so weiß ich es; wenn ich es aber jemandem auf seine Frage erklären soll, so weiß ich es nicht." Eines aber weiß er sicher: es gibt die Zeit.

Gravatar: ropow

Der Begriff „deutsch“ ist doch ein Ethnonym, also eine Bezeichnung, mit dem eine sich zusammengehörig fühlende Bevölkerungsgruppe selbst bezeichnet, da sie auf Grund eines einheitlichen autochthonen europiden anthropologischen Hintergrundes, einer gemeinsamen Herkunft, Sprache und Kultur sowie basierend auf den christlichen Wurzeln kollektive kulturelle, soziale, historische, sprachliche und ethnische Identitäten entwickelt hat.

Natürlich haben die vielen Völkerwanderungen im Lauf der Jahrhunderte in allen autochthonen Völkern „Spuren“ hinterlassen, auch bei den Deutschen, aber sie wurden dadurch nicht so unkenntlich gemacht, dass sie sich nicht mehr als eigenständiges „Volk“ verstehen könnten. Interessanterweise billigt man das den Juden, Palästinensern, Kurden, Samen, Basken oder Tibeter sofort zu, nur die Deutschen sollen sich von dieser Vorstellung verabschieden.

Sollte Monsanto einmal Interesse daran haben, am Willen der Bevölkerung vorbei dieses Land mit genmanipuliertem Saatgut zu verseuchen, würden auch hier gekaufte Politiker ihrer Bevölkerung empfehlen, sich vom Idealbild eines unverseuchten Biotops zu lösen und die so erzielte genmanipulierte Vielfalt als „Lebenswirklichkeit“ anzunehmen.

Gravatar: harald44

Antwort an JOMENK und seinen Beitrag von heute:
Der von Ihnen zitierte türkische Gemüsehändler zeigt sich allenfalls gut integriert bzw. angepaßt, auch wenn das schon unter den Zigmillionen integrationsunfähiger Ausländer sehr viel ist, jedoch gehört zum Deutschsein sehr viel mehr, und das hat man entweder von Geburt an oder man hat es nicht.
Daß übrigens Deutsche von Ariern abstammen sollten, das ist Unfug, weil niemand genau weiß, wer oder was die Arier wirklich waren. Das hat allenfalls eine kleine Gruppe von Rassetheoretikern um Heinrich Himmler gemeint, aber das wurde niemals von unserem Volk in seiner Gesamtheit anerkannt.
Ebenso ist es auch nicht zulässig von einem Scheitern deutscher Kultur zu sprechen, denn daß die leidige Amerikanisierung in Film und Musik und Werbung von allzu vielen deutschen "Kunstschaffenden" nachgeäfft wird, hat etwas mit deren Versagen und mangelndem Selbstbewußtsein zu tun. Diese also sind es eigentlich, die ständig scheitern, und nicht deutsche Kunst und Kultur.

Gravatar: harald44

Man mache es doch nicht so kompliziert! Deutscher ist, wer vier deutsche Großeltern hat, so einfach ist das.

Und deutsch ist zum Beispiel:
- Die gegenseitige Hilfe bei Hochwasser und in direkter Not und Gefahr.
- Die Sentimentalität, die uns wohl alle beim Lied "Heile, heile Gänsje....." überfällt.
- Die Romatik, die uns ergreift, wenn wir das Lied von der Loreley hören.
- Das Bewundern der Burgunder bei ihrem letzten Kampf in Etzels Hallen gemäß dem Nibelungenlied.
- Das gelinde Grausen bei Kriemhilds Rache, gleichfalls aus dem Nibelungenlied.

Und vieles ander mehr, was ander Völker und Nationen NIE verstehen werden.

Gravatar: Marc Detemple

Auch wenn es utopisch ist, die deutsche Wirtschaft würde ich da als Letzte fragen.
Für die ist Deutschland ein Produktionsstandort, nicht weniger nicht mehr.

Gravatar: Jomenk

Was ist deutsch?
Es ist die schwierigste Frage überhaupt und wahrscheinlich auch die wichtigste, wenn man über die Zukunft dieses Landes nachdenkt. Im Ausland weiss man genau, wer die Deutschen sind. Nur wir selber wissen es nicht mehr. Vielleicht sollte man mal einen Franzosen fragen, was französisch ist. Oder einen Italiener oder Spanier?. Auf die Antworten wäre ich gespannt.
Einem normalem Bürger kann man diese Unkenntnis vielleicht noch verzeihen. Aber was ist mit unseren Politikern? Müssten die es nicht wissen. Frau Künast fällt ja schon einmal weg.
Bei unserer Kanzlerin bin ich mir aber ziemlich sicher.
Für sie hat der Begriff deutsch keinerlei Bedeutung.
Wenn man ihre Reden hört, dann spricht sie selten von dem Deutschen Volk, sondern von der Bevölkerung.
Und das kann nun wirklich jeder sein.
Für Herrn Özdemir definiert sich deutsch aus dem Grundgesetz. Wir sind also nichts anderes als eine Ansammlung von Paragraphen. Hätten wir wenigstens dieses Grundgesetz selber verfasst und darüber abgestimmt, wäre es zumindest ein Anfang. Aber leider ist das nicht so.
Selber war ich mir nie bewusst, das "deutsch" einer Definition bedarf. Für mich war immer klar, das ist deutsch und das nicht. Ich denke da an unseren türkischen Gemüsehändler um die Ecke. Der macht seine Laden ordentlich und spricht ausgezeichnet Deutsch. Er hat zwei Töchter. Die eine studiert und die andere macht gerade ihr Abi. Beide Mädchen sind westlich gekleidet. Dies gilt auch für seine Frau, die an der Kasse sitzt. Er liebt dieses Land und die Art wie wir leben. Für mich ist er "deutsch", auch wenn sein Pass wahrscheinlich etwas anderes sagt. Ich habe ihn danach niemals gefragt, weil es mir egal ist.
Er passt zu uns und ist deshalb für mich deutsch.
So einfach ist das.
Dieser Gemüsehändler ist für mich auf jeden Fall mehr "deutsch" als jeder unserer Politiker, die nicht wissen, was das eigentlich ist.

Gravatar: Stefan O. W. Weiß

Na ja, ich finde, sie machen es sich da etwas einfach.
Historisch hat es drei Versuche gegeben, Deutsch zu definieren. 1) über die Sprache - Deutsch ist, wer deutsch spricht, 2) über die Kultur - Deutsch ist, wer an der deutschen Kultur partizipiert.
3) über die Rasse - Deutsch ist, wer von den Ariern abstammt.
Nachdem Nr. 2 und 3 kläglich versagt haben, bleibt eigentlich nur noch Nr. 1.

Gravatar: siggi

Jeder bayrische Migrant, der nun in Essen lebt, wird sagen, Deutschsein - sind die Bayern. Migranten nördlich des Mains suchen auch nach 30 Jahren ihr Deutschtum. Das direkte, forsche Selbstsein der Bayern, ist Urdeutsch. Das Rumdrucksen - wasch mich, aber mach mich nicht nass, vernebelt das deutsche Brauchtum. So sind nur Deutsche im Norden der Meinung, sie schämen sich ihrer Herkunft, fliehen im Urlaub ins Ausland, dort Mensch sein zu können. Trillieren dort, wie toll Deutsch ist, zu Hause - Schweigen im Wald, Asche aufs Haupt legen. Der ewig Zauderer, ständig Unruhe verspüren, Haus und Hof negieren, Gerechtigkeit fordern, Gott anklagen, fremden Göttern nacheifern - ist Sozen-Deutsch. Dass das Fremde nicht wollen, ist verständlich, also darf es Deutsch nicht geben.

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