Warum die Energiewende hilft, den Euro zu retten

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Warum Frankreich keine Reformen braucht und die Energiewende hilft, den Euro zu retten? Eine Denksportaufgabe, die der Verfasser von „Henkel trocken“ heute seinen Lesern stellt. Die Antwort ist bei den Ungleichgewichten innerhalb der Euro-Zone zu suchen.

Auch diejenigen, die nicht viel von Wirtschaft, Finanzsystemen und Geldtheorien verstehen, wissen inzwischen, dass man den Euro nur retten kann, wenn die Ungleichgewichte zwischen dem Norden und dem Süden einigermaßen eingeebnet werden. Mit dem Fiskalpakt, dem Nachfolger des zerstörten Maastricht-Vertrages, wollen die Euro-Retter die Länder im Süden Europas an die Produktivität des Nordens, insbesondere von Deutschland, heranführen.

Dass dies nur teilweise gelingt, wird immer deutlicher. Keins der Länder, für die der Norden bisher Kredite zugesagt und Bürgschaften abgegeben hat, erreichte bisher auch nur eins der im Gegenzug verabredeten Ziele. Die Arbeitslosigkeit in den Südländern, insbesondere unter den Jugendlichen, hat Rekordniveau erreicht und erschreckende soziale Folgen, von der steigenden Abneigung der Bürger dieser Länder gegen den deutschen Zuchtmeister ganz zu schweigen. Der Troika, dem reisenden Schnellgericht, bleibt jedes Mal nur übrig, neue, weniger ambitionierte Ziele zu vereinbaren. Derweil bauen alle Südländer weiter neue Schulden auf. Das ist kein Wunder, denn in der Geschichte der über einhundert Umschuldungen von Staaten hat es noch keinen Fall gegeben, der nicht von einer Abwertung begleitet wurde. Die ist in einer Einheitswährung wie dem Euro bekanntlich nicht möglich.

Da der Süden es nicht schafft, das Produktivitätsniveau des Nordens zu erreichen, versuchen die Euro-Retter es jetzt von der anderen Seite. Der Norden soll dem Süden entgegenkommen und seinerseits seine zu hohe Produktivität abbauen. Das ist durchaus logisch, denn man kann die den Euro destabilisierenden Unterschiede auch vom Norden her reduzieren. Hier kommt Frankreich ins Spiel, denn immer öfter verlangen französische Politiker von Deutschland, sich weniger anzustrengen. Deutschland müsse, so der französische Finanzminister, seine Exportüberschüsse abbauen. Dass diese vor allem im Handel mit Nicht-Euro-Ländern erwirtschaftet werden, spielt bei ihm keine Rolle. Das Renteneintrittsalter der Deutschen, so letzte Woche der französische Industrieminister, müsse gesenkt und in Deutschland „französische Mindestlöhne“ eingeführt werden. Dass diese nach Meinung vieler französischer Ökonomen eine der Hauptursachen der steigenden Jugendarbeitslosigkeit sind, wird ausgeblendet.

Nachdem der französische Arbeitsminister vorgeschlagen hat, die Arbeitslosenversicherung Deutschlands und Frankreichs solidarisch zusammenzulegen, hat die EU-Kommission jetzt die Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung vorgeschlagen. Das würde die Aufwendungen deutscher Arbeitgeber und Arbeitnehmer belasten, die der Franzosen entlasten. Wie bei allen anderen französischen Vorschlägen auch, zog die Bundesregierung zwar auch jetzt zunächst „rote Linien“ in den Sand, die auf keinen Fall überschritten werden dürften.

Während sich die Regierungen Griechenlands, Italiens, Spaniens und Portugals wenigstens bemühen, durch Reformen ihre aufgeblähten Staatsapparate zu verschlanken, ihre Arbeitsmärkte zu liberalisieren und ihre Sozialversicherungssysteme zu modernisieren, tut Frankreich – nichts! Und es braucht auch nichts zu tun. Wenn der Süden effizienter wird, gleichzeitig der Norden auf einen Teil seiner Produktivität verzichtet, wird sich die Euro-Zone irgendwo auf französischem Niveau treffen. Klar, das hilft dem Euro. Auch klar, dass diese „Harmonisierung“ nur zum Preis der Beschädigung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu haben ist.

Und hier kommt die Antwort auf das oben aufgegebene Rätsel: Das durch die Energiewende angerichtete Chaos wird der deutschen Industrie Belastungen auferlegen, die Frankreich nicht zu tragen hat. Auch das hilft dem Euro und schadet der deutschen Wettbewerbsfähigkeit. Dafür kann Frankreich nichts. Das hat sich die deutsche Politik selbst zuzuschreiben.

Beitrag erschien zuerst auf: handelsblatt.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Winfried Schley

In Frankreich erlebe ich in den Gesprächen mit Bekannten eine etwas andere Stimmung. Die einen träumen davon, dass Hollandes Versprechungen eines Tages doch noch Wirklichkeit werden. Die Mehrheit jedoch verkündet einen Rechtsruck zur FN bei den Kommunalwahlen im März 2014 . Deutschland selbst wird von ihnen als Musterland gesunden Wirtschaftens gesehen. Die Forderungen der frz. Politik an Deutschland werden als faule Ausreden für eigenes Versagen gedeutet.

Gravatar: Klimax

Das mag dem Euro helfen, ändert aber nichts am Hauoptproblem: der massiven Überschuldung aller Staaten. Wer immer nur vom Euro spricht, wird das aber vielleicht nicht mehr sehen können.

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