Vier stolze Rebellen fordern die EU heraus

Fast täglich werden die Aussagen aus Brüssel und einigen europäischen Hauptstädten gegen Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei aggressiver. Aber auch umgekehrt sind von diesen Ländern nicht gerade sanfte Töne gegen die EU zu hören. Dieser Konflikt schaukelt sich immer mehr auf, ohne dass irgendwo ein Staatsmann etwa vom Format eines Helmut Kohl am Horizont sichtbar wäre, der die Dinge wieder zur Vernunft zurückführen würde.

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Am ehesten hätte derzeit ja der Franzose Macron die nötige Statur dafür, der sich anscheinend derzeit ja auch lieber international zu profilieren versucht als in der reformresistenten französischen Arena. Aber er scheint verständlicherweise kein Interesse zu haben, sich auch in Mittelosteuropa zu engagieren. Dort war ja nie Frankreichs Spielwiese. Macron parliert lieber auf globaler Top-Ebene mit den USA (siehe die auffallende Teilnahme Donald Trumps an der Parade beim französischen Nationalfeiertag), mit Deutschland und Russland, als sich mit den schwierigen Mittelosteuropäern zu befassen. Außerdem engagiert er sich wie alle seine Vorgänger in Nordafrika, das ja zu großen Teilen einst französisches Kolonialgebiet gewesen ist.

Angela Merkel, die zweite europäische Großfigur, hat unwiederbringlich viel Kredit in den mittelosteuropäischen Staaten verloren. Sie ist auch umgekehrt selbst böse auf diese. Grund für diese gegenseitige Entfremdung ist eindeutig das harsche osteuropäische Nein zu Merkels Öffnungspolitik für nichteuropäische Massen. Die Mittelosteuropäer stehen auf dem ja nicht ganz unlogischen Standpunkt: Warum sollen wir die Suppe auslöffeln, die Europa durch falsche politische Entscheidungen Merkels eingebrockt worden ist?

Dafür bellen die EU-Figuren aus der zweiten Reihe umso lauter Richtung der vier Visegrad-Staaten. Vor allem (aber nicht nur) die Sozialdemokraten tun sich dabei hervor, ob sie nun in der EU-Kommission sitzen, in Luxemburg oder im Wiener Bundeskanzleramt. Die Sozialdemokraten lassen sich dabei auch durch die Tatsache nicht hindern, dass zwei dieser vier Staaten (Tschechien und die Slowakei) von Genossen regiert werden. Freilich: Diese Sozialdemokraten stehen in Wahrheit in allen politischen Fragen rechts von der Merkel-CDU und sonstigen Links-Christdemokraten, wie etwa die Herren Juncker oder Karas welche sind.

Die Liste der Streitpunkte zwischen der EU und den Visegrad-Vier wird immer länger. Dazu zählt etwa die polnische Justizreform. Dazu zählt die Weigerung der vier Länder, sich "Flüchtlinge" aufzwingen zu lassen. Dazu zählt die Kampagne Ungarns gegen die Aktivitäten des amerikanischen Großinvestors George Soros und seine Budapester Privatuniversität, der Ungarns Regierung als Sympathisant der Völkerwanderung politisch konterkariert.

Viele doktrinäre EU-Europäer sind jedenfalls empört: Zählen doch diese Länder zu den jüngsten EU-Mitgliedern, kassieren sie doch viele EU-Gelder und sind dennoch so aufsässig. Diese EU-Exponenten drohen daher immer offener (vor allem Christian Kern versucht sich neuerdings solcherart zu profilieren), dass es beim nächsten EU-Mehrjahresbudget weniger Geld für Osteuropa geben wird. Freilich dürften sich Kern & Co da nicht ganz auskennen: Denn ein EU-Budget kann nur im Konsens aller Mitgliedsländer beschlossen werden. Also können Polen&Co jeden gegen sie feindlichen Beschluss blockieren.

Einzige Waffe der EU gegen die Vier dürfte wohl der EU-Gerichtshof sein, der bei konkreten Rechtsverletzungen – wie es die Nichtteilnahme an der einst mehrheitlich beschlossenen Zwangsumverteilung sein dürfte – Strafen verhängen kann. Aber etliche Visegrad-Politiker haben bereits angekündigt, lieber Strafen zu zahlen, als sich Moslems aufzwingen zu lassen.

Solange die EU-Mitgliedschaft dennoch in der Summe vorteilhaft für die Vier ist, könnten sie in der Tat so reagieren. Und wenn das einmal nicht mehr der Fall sein sollte, dann könnte in diesen Ländern sehr bald eine (derzeit keineswegs vorhandene) EU-Austrittsdiskussion einsetzen. Das wäre für die EU nach dem Brexit absolut desaströs und vielleicht sogar das eigene Ende.

Nicht nur aus diesem Grund sollte man in Europa also deutlich behutsamer mit den Vieren umgehen.

Das EU-Recht selber gibt jedenfalls sonst absolut keine Handhabe, gegen einen sich (angeblich oder wirklich) falsch und undemokratisch entwickelnden Staat vorzugehen – solange es zumindest einen zweiten Staat gibt, der ihm die Stange hält. Und zumindest Polen und Ungarn haben einander dies geschworen (gerade diese beiden Völker sind übrigens auch historisch immer sehr eng emotional miteinander verbunden gewesen).

Österreich sollte eine zusätzliche Warntafel beachten: Nicht weniger als drei der Vier sind direkte Nachbarn. Wir leben so eng mit den Visegrad-Ländern zusammen wie kein anderes Land – und zwar zum gegenseitigen Nutzen. Weshalb es saudumm ist, dass sich nun schon der zweite Bundeskanzler an die Spitze der Hetzer gegen diese Länder stellt. Als einst Jörg Haider blöde Bemerkungen über Polen gemacht hat, hat ihn das ganze Land als Rassisten attackiert. SPÖ-Chefs hingegen dürfen das unkritisiert? Selbst wenn es Österreich schadet? Oder müssen wir uns mit unseren Nachbarn verfeinden, nur damit Italien ein paar Hundert Migranten loswird?

Nicht nur Österreich, sondern auch alle anderen EU-Länder sollten sich aber auch dringend die emotionale Intensität des nationalen Bewusstseins dieser Länder bewusst machen: Sie alle haben sich jahrzehntelang – und letztlich mit Erfolg – gegen die Unterjochung durch eine andere ausländische Großmacht aufgelehnt, die auch ständig von einem linken Internationalismus gebrabbelt hat. Gerade in diesen vier Ländern hat es die heftigsten antirussischen Revolutionen gegeben, die allesamt in ihrem starken und unausrottbaren nationalen Identitäts-Bewusstsein gewurzelt haben. Das immer viel stärker war als etwa das österreichische.

Angesichts dieses Hintergrunds ist es geradezu absurd anzunehmen, dass sich diese Länder, welche die brutale Diktatur einer globalen Macht mit Mut und Erfolg herausgefordert haben, von Leichtgewichten wie Kern, Juncker & Co in die Knie zwingen lassen. Ganz abgesehen davon, dass sich die Visegrad-Länder wirtschaftlich geradezu sensationell entwickeln. Wovon in Österreich seit zehn Jahren keine Rede mehr sein kann.

Zumindest in Ungarn und Polen kommt dazu, dass die jeweils mit absoluter Mehrheit regierenden konservativen Regierungsparteien den Konflikt geradezu genießen. Wie viele andere Parteien auch glauben sie – wahrscheinlich zu Recht – sich in der Auseinandersetzung mit einem äußeren Feind selbst profilieren, sich selbst als stark zeigen zu können. "Wir gegen das linke und muslimfreundliche Bürokraten-Europa" ist eine Wahlkampflinie, die jedenfalls Stimmen bringen dürfte, selbst wenn die europäische Correctness sie als populistisch zu denunzieren versucht.

Besonders blamabel für viele Europäer ist auch, dass sie die Kampagne Ungarns gegen George Soros als antisemitisch kritisiert haben. Denn das hat den Visegrad-Vier nur eine demonstrative Allianz mit einem neuen Partner eingebracht: ausgerechnet mit Israels Premierminister Netanyahu. Denn auch der ist alles andere als ein Soros-Freund. Und es ist im übrigen kein Antisemitismus, wenn man einen politisch engagierten Juden kritisiert, solange man das nicht rassisch oder religiös einfärbt.

Auch sonst haben die Vier mehr Freunde, als man Zeitungen und Fernsehen entnehmen kann: Besonders Washington, aber auch Großbritannien empfinden viel Sympathien für sie, wie etwa der demonstrative Trump-Besuch in Polen gezeigt hat. Aber auch in Osteuropa denken viele ähnlich: etwa Bulgarien und Rumänien, nur sind die beiden politisch und wirtschaftlich zu schwach, um aus der Deckung zu gehen.

Ähnlich wie die Vier denken auch die drei kleinen baltischen Länder. Nur wagen die keinerlei Konflikt mit der EU. Denn sie haben eine ganz andere alles dominierende Sorge: Sie fürchten sich vor allem vor Russland seit dessen Zuschlagen in der Ukraine und Georgien. Da haben die Balten den großen Nachbarn neu und über alles zu fürchten gelernt. Da sind ihnen die Themen nur tertiär, die Polen, Ungarn &Co bewegen.

Lediglich in Hinblick auf Russland selbst sind die Vier gespalten: Polen hasst den großen Nachbarn, Ungarns Premier hingegen redet – trotz seiner antikommunistischen Vergangenheit – neuerdings voller Sympathie über Russland.

Aber diese Frage wird den Viererblock wohl nicht spalten.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Aufbruch

@ wolfg.wilms

Sie haben Recht. Hier ist mir ein Fehler unterlaufen. Natürlich Christian Kern, nicht Sebastian Kurz, ist es, der sich unterwürfig gegen die Visegrad-Länder stellt. HJerr Kurz wird mir hoffentlich verzeihen.

Gravatar: Master of Puppets

EU, nicht Europa!, 2017

Ungarn ruft Botschafter aus Holland zurück

https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2017/ungarn-ruft-botschafter-aus-holland-zurueck/

"Ungarn hat seinen Botschafter aus den Niederlanden zurückgerufen und die diplomatischen Beziehungen vorübergehend ausgesetzt." ... "Grund ist eine Äußerung des niederländischen Botschafters in Budapest, Gajus Scheltema, gegenüber dem Wochenmagazin 168 Ora. Dem Blatt sagte Scheltema, islamische Extremisten wendeten dieselben Methoden an, um sich Feinde zu schaffen, wie die ungarische Regierung."

Ungarn fordert eine Entschuldigung.

Der Zerfall der EU ist nur eine Frage der Zeit.

Gravatar: wolfg.wilms

@Umbruch
Es ist nicht Sebastian Kurz der sich in den Reigen derer einreiht, die die Visegrad-Länder attakieren, sondern vor allem Christian Kern versucht sich solcherart zu profilieren.

Gravatar: Umbruch

"In Summe ist es eben so, dass das Volk eines demokratisches und informiertes Land sich gegen die unkontrollierte Masseneinwandrung entschieden hat, das scheint mit ein gutes Recht zu sein und es ist schön, dass die Regierung in Prag diese Entscheidung unterstützt. Von solchen aufrechten Demokranten kann das Resteuropa nur träumen."
Genau so ist es, Herr Dr. Unterberger. Was mich allerdings überrascht ist, dass Sebastian Kurz sich in den Reigen derer einreiht, die die Visegrad-Länder attakieren. Von ihm hätte ich das am wenigsten erwartet. Ist nicht nicht er es, der immer wieder für geschlossene Grenzen eintritt und diese fordert? Welches Spiel spielt er denn dann? Was Macron betrifft, ist der sehr darauf bedacht, Merkel zu gefallen, da der deutsche Steuerzahler Frankreichs Schuldenmisere beheben soll. Eines steht fest, wenn nach der Wahl in Deutschland die unbegrenzte und unkontrollierte Masseneinwanderung wieder stärker aufleben sollte, wird das die EU, auch im Hinblick auf die anderen Verwerfungen, auf Dauer nicht überstehen. Wenn diese nicht imstande ist, sich gegen die Deutschland und Europa aufgezwungene Massenimmigration zu wehren sondern sie noch befördert, wäre das wahrlich kein Verlust.

Gravatar: Unmensch

@Enrico B.
Sie verstehen nicht, dass es das Volk garnicht gibt, nicht geben darf, weil das rassistisch und nationalistisch und populistisch usw. wäre.
Es gibt nur Menschen. Solche die schon länger hier leben, und solche die neu angekommen sind. Und eine Regierung der das Land gehört in dem die Menschen nach Belieben an- und abgesiedelt werden.

Gravatar: Sigmund Westerwick

Gelebte Demokratie

Ich bin relativ gut auf dem Laufenden, wie es so in der Tschechischen Republik läuft.
Von der Liste der demokratischen Vorteile möchte ich mich auf 3 wesentlichen Punkte konzentrieren.
Die Medien in Tschechien berichten offen über Probleme mit der Masseneinwanderung, auch nach Deutschland, direkt, wertfrei ohne zwischengeschalteten Weichspüler, jeder Artikel kann auch ohne Zensur kommentiert und diskutiert werden. Wenn ich neutral und zeitnah über das Wesen der Neubürger in Dutschland informiert werden möchte, sind tschechische Nachrichten erste Wahl.
Die Tschechen sind nicht erpressbar, auch ohne Euro haben sie eine erstaunliche wirtschaftliche Leistung vollbracht, sie haben schon Vollbeschäftigung und haben sich alles erarbeitet, da kann man selbstbewusst in die Zukunft schauen.
Die Tschechen kennen noch die kommunistische Diktatur aus eigener Erfahrung. Sie haben den eisernen Vorhanges aus eigener Kraft beseitigt und sind nicht bereit, eine EU oder Merkeldiktatur zu akzeptieren.
In Summe ist es eben so, dass das Volk eines demokratisches und informiertes Land sich gegen die unkontrollierte Masseneinwandrung entschieden hat, das scheint mit ein gutes Recht zu sein und es ist schön, dass die Regierung in Prag diese Entscheidung unterstützt. Von solchen aufrechten Demokranten kann das Resteuropa nur träumen.

Gravatar: N_K

»Vier stolze Rebellen fordern die EU heraus«

Gut so! Hoffentlich finden die ganz schnell noch ein paar gleichgesinnte Kameraden!
Wenn der EU-Misthaufen – nicht Europa mit seinen Nationen! – nicht schon vorher platzt, besteht vielleicht Hoffnung dazu im Herbst durch die Bundestagswahl, die allerdings eine Fortsetzung der GroKo — aber unter anderen Vorzeichen — wie folgt voraussetzen würde:

ALLE Parteien müßten derart geschwächt werden, daß NUR EINE GroKo möglich wird/ist. Dadurch wird
1. verhindert, daß »Genosse M. Schulz Der Rote Raffzahn« (Peter Helmes) Kanzler wird.
2. spätestens dann, wenn die Wahlergebnisse in den Keller rutschen bei den Schwarzen der innerparteiliche Widerstand ausbrechen. Ob die verlogene Rauten-Tante nicht gleich am Wahlabend das Handtuch wirft bei einer entsprechender Wähler-Backpfeife sei dahin gestellt. Jedenfalls wird sie politisch keine weitere Amtsmißbrauchzeit überleben. Deutschland wäre sie endlich los!

Das geht allerdings nur, wenn die AfD entsprechenden Stimmenzuwachs verzeichnen kann. Argumente, die hätten keine Parlaments-/Regierungserfahrung zählen hierbei nicht. Denn:

- Diese können und würden sie erlernen
- Alleine durch unbequeme Fragen im Parlament kämen vermutlich ungeahnte Schweinereien der bisherigen Politschauspieler zutage.
- Dieses Vorgehen würde zumindest solange funktionieren, bis sie in den »Hand wäscht Hand«-Betrieb integriert sind, was einige Jahre dauern dürfte.

- im übrigen ging es den Grünen, NPD, Piraten, Schill-Partei genauso. Und wäre dort »Gesunder Menschenverstand« an erster Stelle gestanden statt Homo-gegenderte Lesbenidiotie der SchwaRoGGLiSpis (Schwarz-Rot-Gelb-Grün-Linke-Spinner), wären sie vielleicht noch (länger) in den Parlamenten (geblieben).

Also denn: Auch wenn die Sympathie für die AfD nicht allzu groß ist – nur die AfD kann gegen das verfilzte Altparteien-Chaos helfen. Oder habt Ihr noch nie etwas von »KALERGI« und dem »KALERGI«-Preis (Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi) für die Ausrottung der Weißen Rasse (Europas) gehört? Merkel hat ihn bereits 2011 erhalten!

Gravatar: Enrico B.

und die täglichen Ereignisse von kultureller Bereicherung im restlichen Europa geben Ländern wie Ungarn, Polen ,Tschechien und der Slowakai Recht, diese Länder werden nicht von gesteuerten hirnverbrannten Idioten regiert wie Deutschland sonden von Politikern denen das Wohl des Landes und der eigenen Bevölkerung am Herzen liegen, Respekt , warum haben wir nur Bodensatz im Bundestag??

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