Valerie und der Priester

Priester? Das sind in unserer Welt solche Exoten, daß man kaum noch einen kennt, der einen kennt.

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Journalisten? Das sind doch die mit der „Lügenpresse“ und überhaupt. Wer braucht die denn noch in Zeiten des Internet.

Priester und Journalistin? Wie soll eine solche Begegnung gehen?

Und doch macht man nun einen Versuch einer solchen Begegnung.

Nicht nur für ein Interview oder einen schnellen Artikel, sondern gleich für ein ganzes Jahr.

Einmal das volle Programm. Einmal das ganze Kirchenjahr für eine Journalistin. Für den Priester ist es seine Lebenswirklichkeit. Wie der Blick der Journalistin darauf sein wird, wird sehr spannend werden.

 

Aus einer Pressemeldung der DBK dazu:

Das Konzept: Eine Journalistin begleitet ein Jahr lang einen Priester. Sie dokumentiert seinen Alltag und versucht zu verstehen, warum er heutzutage Priester ist. Das Projekt soll eine Brücke bauen zwischen denen, die wenig mit der katholischen Kirche anfangen können und jenen, die alles für Gott geben, weil ihnen der Glaube so viel gibt.

Die Journalistin ist Valerie Schönian, 25 Jahre alt, gebürtig aus Magdeburg. Dort hat sie ein katholisches Gymnasium besucht. Sie ist evangelisch getauft und konfirmiert. Seit Jahren hat sie aber keinen Bezug mehr zur Kirche. Nach ihrem Schulabschluss studierte sie in Berlin  Germanistik und Politikwissenschaft und besuchte anschließend die Deutsche Journalistenschule in München. Jetzt lebt sie wieder in Berlin.

Der Priester ist Kaplan Franziskus von Boeselager, 38 Jahre alt, geboren in Wickede (Ruhr). Einen Teil seiner Schulzeit verbrachte er in einem benediktinischen Internat in Irland, zurück in Deutschland besuchte er ein Jesuiteninternat. Nach dem Abitur studierte er Betriebswirtschaftslehre in Elmshorn bei Hamburg und in Köln. Daran schloss sich ein Theologiestudium in Bonn, Spanien und Belgien an. 2013 wurde er im Kölner Dom zum Priester geweiht. Seit September 2014 lebt und arbeitet er in Roxel, einem Ortsteil von Münster. Er teilt sich das Pfarrhaus mit zwei anderen Priestern, die wie er zur geistlichen Gemeinschaft Emanuel gehören.

Valerie Schönian hat bereits im April 2016 ihren Lebensmittelpunkt nach Münster-Roxel verlagert. Dort wird sie bis Ostern 2017 Franziskus von Boeselagers Alltag teilen. Sie ist dabei, wenn er den Gottesdienst feiert oder im Gespräch mit Freunden und der Gemeinde ist. Valerie Schönian begleitet ihn zum katholischen Weltjugendtag nach Krakau, beim Mittagessen, beim Morgengebet, bei seinem Weg zum Steuerberater. Denn es geht darum, neben der Kirche und dem Alltag auch den Menschen Franziskus von Boeselager kennenzulernen. Das Zentrum für Berufungspastoral legt Wert darauf, dass die Journalistin völlige Freiheit bei der Beschreibung dessen hat, was sie erlebt und wie sie dies deutet. Valerie Schönian und Kaplan Franziskus von Boeselager werden begleitet von dem Direktor des Zentrums für Berufungspastoral, Pfarrer Michael Maas, der das Projekt verantwortet.

Verarbeitet wird das in einem Blogprojekt, in dem die Journalistin ihre Erfahrungen dokumentieren wird. Schon der erste Artikel zeigt, wie groß die Fremdheit zwischen der Journalistin und der Kirche ist. Ein Video zeigt allerdings, daß die Chemie zwischen der Journalistin und dem Priester schon mal zu stimmen scheint.

Video

Das ist eine gute Voraussetzung. Es ist zu erwarten, daß die Fremdheit im Alltag zu Entfremdung führt. Da ist ein Grundvertrauen nötig. Es gehört auch für einen Priester Mut dazu, sich ein Jahr einem schon sehr nahe am Voyeurismus liegenden Projekt auszusetzen. Da wird an der einen oder anderen Stelle auch Abgrenzung nötig sein.

Bei dem Projekt handelt es sich um ein Projekt des Zentrums für Berufungspastoral. Unterm Strich ist es also als ein Werbeprojekt für den Priesterberuf gedacht. Berufungsfördernd dürfte es allerdings nur indirekt sein, denn ein junger Mann, der sich für den Priesterberuf interessiert ist für gewöhnlich durch einen mehr oder weniger langen Berufungsweg mit und in der Kirche gegangen. Die dem Projekt zu Grunde liegende Konzeption der Fremdheit, welche sich insbesondere dadurch ausdrückt, daß eine nach eigener Aussage nicht gläubige Journalistin distanziert und objektiv schreibt, wird eine bestimmte Form geistlicher Tiefe nicht zulassen. Doch gerade diese ist es, die auf einem Berufungsweg unbedingt gesucht wird.

Auch wenn das Projekt als ein Instrument der Berufungspastoral nach menschlichem Ermessen untauglich ist, sollte man immer bedenken, daß Gott auch auf noch so krummen Zeilen gerade schreiben kann. Im Zweifelsfalle die Gelegenheit nutzen und säen. Darüber hinaus ist es ein sehr interessantes Medienprojekt, das Kurzatmigkeit und Schnelligkeit der modernen Medienwelt hinter sich läßt und geduldig ein Jahr ins Land gehen läßt.

Die Journalistin fragt in obigem Film, ob der Kaplan es für möglich hält, daß sie am Ende glaubt. Er hält es für möglich. Es ist sogar mehr als wahrscheinlich, daß ein Jahr einen Priester in seinem Alltag zu begleiten, eine große Tür zur Bekehrung öffnet. Nur: Gott zwingt nicht. Ob Valerie Schönian am Ende hindurch geht, daß ist eine Sache zwischen ihr und Gott.

Man möchte dem Projekt viel Erfolg wünschen, denn über die Berufungspastoral hinaus kann es insgesamt nicht schaden, im Netz Fenster und Türen zur Kirche hin zu öffnen.

Wer sich interessiert, kann den beiden im Web folgen: Auf der Internetseite www.valerie-und-der-priester.de, auf FacebookTwitter und YouTube wird Valerie Schönian dokumentieren, was sie in diesem Jahr erlebt.

Beitrag zuerst erschienen auf katholon.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Joachim Datko

Zu Wolf Köbele 22:46 "Herrn Datkos eindimensionales Ceterumcenseo könnte ja auch einmal eine Frischzellenkur brauchen."

Es ist doch interessant, dass es in Deutschland kaum noch r.-k. Priesternachwuchs gibt. Da bricht gerade ein Koloss, die r.-k. Kirche, zusammen. 75 Neupriester für den Gemeindedienst in 2014.

Die Kirchenaustritte waren 2014 verheerend. Die beiden großen Kirchensteuerkirchen verloren zusammen 487.719 Mitglieder. Ohne die Kleinkindtaufe wären die christlichen Kirchen bedeutungslos oder nicht existent.

Gravatar: Wolf Köbele

Vielleicht liest man in der kath. Kirche nicht. Petra Morsbach hat ihren Roman "Gottesdiener" bereits 2004 im Eichborn-Verlag, Frankfurt vorgelegt (als Taschenbuch noch immer zu bekommen, glaube ich). Freilich ist die o.g. Aktion pressewirksamer und fordert das Verstehen (Denken) nicht so heraus. Dabei ist Petra Morsbach nicht nur ein intensiver Blick in das Leben und Denken eines Priesters gelungen, sondern auch die Einordnung in "unsere" Welt in humorvoller Empathie.
Zwar bin ich weder Kirchenangehöriger noch gläubig, aber als kulturinteressiert und als Kulturverteidiger gebe ich guten Mutes eine Lese-Empfehlung ab. Herrn Datkos eindimensionales Ceterumcenseo könnte ja auch einmal eine Frischzellenkur brauchen.

Gravatar: Joachim Datko

2014 gab es in Deutschland nur noch 75 r.-k. Neupriester für den Gemeindedienst. Davon werden im Laufe der Jahre sicherlich noch einige das Handtuch werfen und einige den Anforderungen der r.k. Kirche nicht genügen.

- Es gibt keinen Gott, es gibt keine Götter.

Ich bin gerne bereit, eine Lanze gegen den Priesterberuf und für das naturwissenschaftliche Weltbild zu brechen.

Joachim Datko - Physiker, Philosoph
Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft
http://www.monopole.de

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