Unsere Kinder auf den nächsten Bildungsabschnitt vorbereiten: Ein Erfahrungsbericht

Veröffentlicht:
von

Seit bald nunmehr fünf Jahren praktizieren wir den in unserem Wohnkanton Zürich für Eltern mit Lehrpatent erlaubten Privatunterricht. Für uns wird die Frage aktuell: Wie wird es weitergehen in der Oberstufe nach der 6. Klasse? Von einem meiner Vorgesetzten habe ich gelernt stets Varianten abzuwägen. Also haben wir folgende Möglichkeiten aufgezeichnet:

     

  1. Übertritt in ein Langzeitgymnasium
  2. 7. Übergangsjahr zu Hause, dann Übertritt in ein Langzeitgymnasium
  3. 8 Schuljahre zu Hause, dann Übertritt in ein Kurzzeitgymnasium
  4. 9 Schuljahre zu Hause, dann Übertritt in ein Kurzzeitgymnasium
  5. 9 Schuljahre zu Hause, dann Berufslehre
  6. 8 Schuljahre zu Hause, das letzte an einer Privatschule
  7. 8 Schuljahre zu Hause, das letzte an der öffentlichen Schule
  8. Hausmatura
  9. Die Wohnkantone wechseln, um die Matura an einer öffentlichen Schule zu machen
  10.  

Gerade so bedeutsam wie das Abwägen von Varianten war es, unseren Sohn in die Überlegungen einzubinden. Eines Tages fragte ich ihn: "Wie sieht dein weiterer Weg aus?" Er konnte mir zunächst keine Antwort geben. Er überlegte es sich und teilte mir seinen Wunsch mit: Er möchte gerne ans Langzeitgymnasium, falls er es schafft. Er fragte mich, ob ich ihn darauf vorbereiten könne. Wir diskutierten, was er sich inhaltlich und bezüglich Lerntechnik aneignen müsste.

Ein nächster wichtiger Schritt bestand darin, etwa zwei Dutzend Lehrpersonen, Eltern, Gymnasiasten und ehemalige Gymnasiasten zu interviewen. Diese Fragerunde half uns dabei, uns ein Bild zu machen - wohl wissend, dass die Antworten je nach persönlichem Hintergrund ganz verschieden ausfielen. Wir stellten Fragen wie:

     

  • Auf welchem Weg seid ihr zur Entscheidung gekommen?
  • Welche waren eure positiven und negativen Erlebnisse auf diesem Weg?
  • Was würdet ihr nochmals gleich machen, was ändern?
  • Was empfehlt ihr uns?
  •  

Diese Impulse von anderen Menschen stimulierten unser eigenes Gespräch beträchtlich. Wir sahen uns im Internet die verschiedenen Schulen vor Ort an und wählten eine bestimmte aus. An einem Freitag war es dann so weit: Am Besuchstag der Schule ging meine Frau mit den Buben hin. Nach einer Lektion drückte sie meinem Ältesten etwas Geld für ein Mittagessen in die Hand und meinte: "So, jetzt suchst du dir einen Schüler aus und fragst ihn, ob du ihn durch den Tag begleiten darfst. Wenn du das Gefühl hast, du hättest genug gesehen, kommst du nach Hause."  Er kam erst abends wieder nach Hause und schilderte ausführlich seine Beobachtungen. Besonders auffällig: Jede Pause verschwanden die Jungs in einem Raum, um virtuell das gemeinsame Spiel fortzusetzen.

Die Idee dieses Schnuppertags gefiel mir so gut, dass mir der Gedanke kam: Warum könnte man nicht - ähnlich wie in den USA - eine "Kombivariante" einführen? Meine Söhne besuchen die Fächer, die für sie ergiebig sind, und erarbeiten sich im übrigen selbständig den Stoff für die Klausuren und Abschlussprüfungen. Ich weiss: Unser System wäre überfordert mit einem solchen Vorgehen. Ein Versuch wäre es allemal wert.

Wie geht es weiter? Ich bin selber gespannt. Meine Aufgabe in den nächsten Jahren wird darin bestehen, meine Söhne einer nach dem anderen in die Mündigkeit zu begleiten.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Charakterbilder

Traurig aber wahr Herr und Frau Strebel sind sich nicht bewusst was mit dieser Entscheidung des Kindes wirklich auf Sie als Eltern und ganze Familie zu kommt!

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang