Trump ist Trumpf

Was fordert der Hauptfeind des Systems?

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Wie sich die Bilder gleichen: In Deutschland bezeichnete ein prominenter Sozialdemokrat kritische Bürger, also die, die seiner Herrschaftslogik nicht brav folgend ihre demokratischen Rechte wahrnehmen, als „Pack“, in den USA nannte die Präsidentschaftskandidatin der (Sozial-)Demokraten, Hillary Clinton, Opponenten aus dem Volk „deplorable“, was so viel wie bedauernswert oder erbärmlich bedeutet. T-Shirts mit dieser Aufschrift sind jetzt bei Trump-Anhängern so populär wie in Deutschland die Demo-Parole „Wir sind das Pack“. Wir lernen aus der gemeinsamen Feindseligkeit der Volksvertreter gegen das eigene Volk, dass es eine Internationale des Hasses gibt. Deren populärstes Opfer beiderseits des Atlantiks ist wohl Donald Trump. Er spricht die Sprache des Volkes, er spricht dem Volk aus der Seele. Und damit ist er naturgemäß ein Todfeind des Systems.

Damit ist keineswegs gesagt, dass Trump etwa eine Lichtgestalt wäre. Niemand kann wissen, was er nach einer Wahl wirklich tun würde oder überhaupt tun könnte. Doch seine Positionen machen im Kontrast zu „Killary“ Clinton wenigstens Hoffnung. Ja, er ist ein Großmaul, doch ist das nicht sogar ein Vorteil inmitten einer Politikerkaste von Blendern? Im Gegensatz zu seiner Konkurrentin hat ihm die Welt nicht zahlreiche Kriege und einen ganzen Katalog erstaunlicher Lügen zu „verdanken“. Um seinen Leumund zu schädigen, werden deshalb mehr oder weniger harmlose blöde Männersprüche von vor Jahrzehnten ausgegraben, die damals komischerweise niemanden aufgeregt haben. Nicht Trump hat sich verändert, sondern die Welt um ihn herum.

Was aber will dieser Trump, der am 8. November trotz aller Propaganda des Systems die Chance hat, Präsident des mächtigsten Landes der Welt zu werden, nun wirklich? Was ist von ihm zu erwarten, und was bedeutet dies für uns in Deutschland? Zuallererst steht er für eine neue Nichteinmischungspolitik. Sein Wahlspruch „America first“ schließt einen weitgehenden Rückzug amerikanischer Truppen, aber auch der Geheimdienste und begleitender politischer Verflechtungen ein. Ausdrücklich rückte er von einer Kernstrategie der US-Machtpolitik ab, der Politik der geostrategischen „Nationenbildung" und des inszenierten „Regimewechsels“.

Hier steht natürlich wie auch bei den folgenden Punkten immer die Frage im Raum, welche Positionen ein amerikanischer Präsident gegen Apparat und Wirtschaft überhaupt durchzusetzen in der Lage ist. Da Konrad Kustos aber kein Hellseher ist, dokumentiert er hier in aller Vorsicht die formulierten Ansprüche, deren politische Grundhaltung immerhin gegenüber seiner Konkurrentin auffällig sachorientiert, friedfertig und demokratisch daherkommen.

Schließlich hat Trump recht, wenn er für Clinton bilanziert: „Die Außenpolitik Hillary Clintons hat Amerika tausende Leben und Billionen Dollar gekostet – und den IS entfesselt. …2009, bevor Hillary Clinton ins Amt geschworen wurde, war es eine andere Welt. Libyen hatte kooperiert. Irak erlebte einen Rückgang der Gewalt. Syrien war unter Kontrolle. Iran wurde von Sanktionen stranguliert. Ägypten wurde von einem freundlichen Regime regiert, das seinen Frieden mit Israel geschlossen hatte. Der IS war noch gar nicht auf der Landkarte. …

In nur vier Jahren hat Ministerin Clinton es vollbracht, fast im Alleingang den gesamten Mittleren Osten zu destabilisieren. Ihre Invasion in Libyen hat das Land IS-Barbaren ausgehändigt…. Hillary Clintons Unterstützung für einen gewaltsamen Regimewechsel in Syrien hat das Land in einen der blutigsten Bürgerkriege gestürzt, den man je gesehen hat – und dem IS eine Startrampe für Terrorismus gegen den Westen geliefert. Sie hat geholfen, ein freundliches Regime in Ägypten mit der radikalen Moslembruderschaft auszutauschen.“

Eine kaum zu bestreitende Bilanz, die im Umkehrschluss Trump als lernfähig und änderungswillig zeigt. Im Gegensatz zur gesamten westlichen Politikerkaste sympathisiert er mit Putin, was unschätzbare Bedeutung für den Erhalt des Weltfriedens haben könnte. Dagegen fordert Clinton ganz offen, die USA und auch Europa müssten mehr „Stärke gegen Russland und Putin“ zeigen.

Auch in der Wirtschaftspolitik scheint Trump ein natürlicher Verbündeter des deutschen Widerstands zu sein. Ausdrücklich votiert er gegen die elementaren Globalisierungsprogramme des Systems, gegen TISA und TTIP.  „Am wichtigsten ist, all unsere vielen katastrophalen Handelsabkommen zu korrigieren. Denn nicht nur das politische System ist manipuliert, sondern die gesamte Wirtschaft. Sie wird von Großspendern manipuliert, die die Löhne niedrig halten wollen. Sie wird vom Big Business manipuliert, das unser Land verlassen, unsere Arbeiter feuern und ihre Produkte an die USA zurückverkaufen will, ohne irgendwelche Konsequenzen zu fürchten. … Falls ich zum Präsidenten gewählt werde, werde ich das Monopol der besonderen Interessen in Washington beenden.“ Das ist, sagen wir es direkt, revolutionär (und könnte auch bei deutschen Linken mehrheitsfähig sein – wenn die denn wirklich links wären). Trump sagt dem System offen den Kampf an, wichtiger noch: Er scheint verstanden zu haben, wie das Spiel bisher läuft.

Wie im amerikanischen Wahlkampf üblich, illustriert er viele seiner Positionen mittels der Sünden und im Kontrast zu seiner Kontrahentin. Aber das ist in diesem Falle auch fast ein Freilos: „Nach ihrem Ausstieg verdiente sie in weniger als zwei Jahren 21,2 Millionen Dollar mit Reden vor Wall-Street-Banken und anderen Sonderinteressen, geheime Reden, deren Inhalte sie nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen will. …Zusammen haben sie und Bill Clinton seit 2001 durch Reden vor Lobbyisten, CEOs und fremden Regierungen 153 Millionen Dollar verdient.“

Trump setzt voll auf Antiglobalisierungskurs. Mithilfe eines in der reinen Lehre der Wirtschaftspolitik seit Jahrzehnten verteufelten Protektionismus will er heimische Wirtschaftsbetriebe stärken und Arbeitsplätze sichern. Dazu sollen heftige Importzölle erhoben werden und ebenso Abwanderungen von Unternehmen finanziell erschwert werden. Für die deutsche Exportindustrie beispielsweise, als deren wichtigster Handelspartner die USA gilt, wäre das eine Katastrophe. Die politische Antwort könnte dann aber ein eigener Protektionismus sein, der am Ende eine weltweite Dominoreaktion auslösen und die Globalisierung ordentlich ins Stottern bringen könnte. Kein Mensch weiß, was wirklich passieren würde, aber angesichts der Perspektiven der Globalisierung, wäre mir der Versuch das Risiko wert.

Wie der Kandidat des Volkes, wie verkündet, eine Steuerpolitik umsetzen will, bei der es in jeder Einkommensgruppe Erleichterungen geben soll, ist natürlich schleierhaft. Vielleicht nach dem Fordschen Prinzip, dass finanzkräftigere Bürger mehr konsumieren und damit die Wirtschaft ankurbeln. Im konkreten Fall können wir die Frage aber auch ausklammern, denn Clinton hat ihren Wählern in der Frage noch üppigere Wolkenschlösser versprochen.

Das gegenwärtig aufregendste Thema der Trump-Philosophie ist natürlich die Einwanderungspolitik. Mit einer Mauer an der Grenze zu Mexiko will er den Zuzug von schlecht gebildeten Billiglöhnern aus Mittel- und Südamerika stoppen. Dafür wurde er oft verhöhnt, denn ein solches Bollwerk sei ja gar nicht möglich. Ähnliches mussten wir uns auch in Deutschland anhören, als es um das Schließen der Balkanroute ging. Und dann wurden in klügeren Ländern als Deutschland ein paar Zäune gezogen und die ganze Völkerwanderung war fürs erste Geschichte.

Die Motive Trumps klingen naiv, doch kommt die schlichte Wahrheit eben auch oft mit schlichten Worten aus, erst recht, wenn mit einigen Schlüsselbegriffen Ross und Reiter genannt werden: „Clinton ist die Kandidatin des Imperiums. Wenn ihre Herren die Flutung der USA beschließen, wird sie nicht zögern, dem Wunsch nachzukommen. … Ich werde nur Menschen zulassen, die unsere Werte teilen und unser Volk lieben. Hillary Clinton will Leute reinholen, die glauben, Frauen gehören versklavt und Schwule getötet. Nationale Sicherheit ist auch Einwanderungssicherheit.“

In den USA illegal lebende Einwanderer sollen inhaftiert und abgeschoben werden. Für Syrer gibt es keinen Freifahrschein. Obamas Plan, elf Millionen illegalen Einwanderern die Staatsbürgerschaft zu verschaffen, soll gestoppt werden. Und er spricht, wieder mit Verweis auf Clinton, auch ökonomische Hintergründe des angeblich humanistischen Aktes der inszenierten Masseneinwanderung an. „Sie kann nicht für sich beanspruchen, sich um afro-amerikanische und hispanische Arbeiter zu kümmern, wenn sie Millionen neue Niedriglohnkräfte holen will, um mit ihnen zu konkurrieren.“

Hinter diesen elementaren Fragestellungen werfen andere Themen nur kleinere Schlagschatten, die jeder Leser für sich beantworten mag. Trump ist, unter Änderung seiner ursprünglichen Position und wohl als Zugeständnis an fundamentalistische Christen, gegen freie Abtreibung und er ist für die Todesstrafe (und damit mit beidem nah an Clinton). Er hält die menschgemachte Klimaerwärmung für eine großangelegte Täuschung und setzt auf Ölförderung. Die Abschaffung von Obamas Krankenversicherung klingt in deutschen Ohren unsozial, doch wenn man deren praktische Umsetzung auf Kosten des Mittelstands zugunsten von Einwanderern sieht, ist dies schon nachvollziehbar. Wenn er verspricht, Verbrechen und Gewalt würden mit ihm als Präsidenten bald der Vergangenheit angehören, zeigt er dann einen ziemlichen Realitätsverlust. Das sei ihm gegönnt, angesichts des von seiner Konkurrenten ins Feld geführten kompletten Phrasenkatalogs des Milieus - von Treibhausemissionen bis Transgender.

Viel wesentlicher sind dann doch die grundsätzlichen Positionen. Als Antwort auf die verordnete Wahlparole Clintons „I’m with her (Ich folge ihr)“ sagte Trump: „Wissen Sie, was mein Wahlspruch ist? Ich folge Euch: dem amerikanischen Volk.“ Zwar kann man viel erzählen, doch angesichts des in den letzten Jahren erschreckenden Demokratieverlustes der entwickelten Staaten kann man ein solches Statement nicht oft genug hören. Und er wird hier auch noch präziser. „.. wir können uns zur Lösung all dieser Probleme nicht auf eben die Politiker verlassen, die sie verursacht haben. Wir werden niemals in der Lage sein, ein manipuliertes System zu reparieren, indem wir uns auf diejenigen verlassen, die es überhaupt erst manipuliert haben. Die Insider haben die Spielregeln aufgestellt, um damit an der Macht und am Geld zu bleiben.“

Trump laviert nicht, er konfrontiert. Er konfrontiert ein korruptes und zerfallendes System mit seiner konservativen Utopie. Damit hat er in den USA große Hoffnungen und eine enorme Wahlbegeisterung ausgelöst. Das Volk spürt, dass ein Ewiggestriger ihnen möglicherweise die Chance gibt, das Rad zurückzudrehen, und die begangenen Fehler im Neuanlauf zu vermeiden. In der Tat ist diese Wahl für die USA existentiell. Verliert Trump, wird es aufgrund der dann veränderten und fixierten Strukturen keine weitere Chance für einen Neuanfang mehr geben – für Amerika nicht und für die restliche Welt auch nicht. Und weil das System sich dieses Paradigmas bewusst ist, zieht es alle Register, die in diesem Falle mangels Argumenten aus negativen Emotionen und lügenhaften Verfälschungen bestehen. Für die freie Welt gilt aber: Von Trump lernen, heißt überleben lernen.

Mehr von Konrad Kustos gibt es hier: http://chaosmitsystem.blogspot.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Michal Kucera

Ich seh es genau so. Dann sind aber 70% der Deutschen Idioten. Die sind nämlich überzeugt, daß Clinton die besser Wahl ist. Armes Detschland!

Gravatar: fegalo

Eine sehr gute Analyse, sogar die beste, die ich bezüglich der Alternative Clinton und Trump bisher gelesen habe.

Konrad Kustos ist jemand, der verstanden hat und auszudrücken fähig ist, dass wir in einer Epoche leben, in der fundamentale Strukturen der abendländischen Welt ins Rutschen geraten und dabei sind, unterzugehen.

Trump, Le Pen etc. sind ein letztes Aufbäumen gegen den Untergang einer zivilisatorischen Struktur, bei dem niemand weiß was folgt.

Gravatar: Marlies Wildberg

Danke für diese mutige Analyse. Auch wenn ich nicht absehen kann, was ein Präsident Trump in der Welt bewegen kann, hoffe ich dennoch auf einen Wahlsieg von ihm, damit der arroganten Meinungselite, die sich vom Bürger und von der Demokratrie entfernt hat, mal ein Denkzettel verpasst wird. Natürlich ist die wichtigste Hoffnung die auf Frieden durch weniger Einmischung der USA.

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