Taktik und Wahrheit

Oder: Entscheidend ist die Glaubwürdigkeit. Ein Ergebnis der Volkszählung ist in der breiten Berichterstattung bisher unerwähnt geblieben. Die Zahl der Wähler, die älter als 50 Jahre sind, liegt jetzt bei 50,5 Prozent aller Wähler.

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Das heißt, die Themen Rente und Gesundheit werden, sobald die Parteien das genauer registriert haben, im Wahlkampf eine noch bedeutendere Rolle spielen und vermutlich dürfte das auch schon einer der Gründe sein, weshalb die Union das Thema Familie und Kinder sowie Renten ziemlich weit oben auf die Agenda gesetzt hat. Das umso mehr, als auch jüngere Wähler sich wegen der Alterung der Gesellschaft bereits jetzt schon um ihre Altersvorsorge Gedanken machen.

Was die Kritik aus den eigenen Reihen der Union an den Wahlversprechen angeht, so darf man weiter vermuten, daß diese Versprechen nicht sofort umgesetzt werden, sondern erst in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode – wenn überhaupt und falls die Union weiter die Regierungsgeschäfte führt. In der ersten Hälfte bleibt es also bei der Konsolidierung des Haushalts. Damit läuft auch die Kritik aus der Opposition ins Leere. Von einem „Betrug“ zu sprechen, wie SPD-Chef Gabriel das tut, ist reichlich verfrüht. Ein Betrug kann erst mit Fakten behauptet werden, sonst muß man sich den Vorwurf gefallen lassen, selber die Wähler mit unbewiesenen, ja unbeweisbaren Behauptungen zu betrügen. Aber das gehört wohl zur Empörungsrethorik eines Wahlkämpfers, dem die Themen ausgehen, die zeitliche Streckung der Wahlversprechen über vier Jahre müsste wenigstens mal zwei Jahre abgewartet werden.

Alles gut also für die CDU? Nicht ganz. Es bleibt das Thema der Glaubwürdigkeit. Hier kann man nur sagen: An den Früchten werdet ihr sie erkennen. Das von der CSU durchgedrückte Betreuungsgeld ist eine. Ansonsten sieht man im Korb nur Saures. Vor allem die Zeiten der großen Koalition stoßen den Familien bitter auf. Die damaligen Minister Steinbrück und von der Leyen hatten den Familien das Kindergeld um zwei Jahre gekürzt, die Wohnungsbauförderung schlicht gestrichen, obwohl das für viele Familien auch eine, meist sogar die einzige Form der privaten Altersvorsorge war, und mit weiteren Maßnahmen den wirtschaftlichen Rahmen von Familien so eng gezogen, daß viele Eltern gezwungen waren, beide außer Haus zu arbeiten, um über die Runden zu kommen. Und das war gewollt, denn die Wirtschaft braucht Fachkräfte, am besten gut ausgebildete junge Mütter, die sind billiger als Männer und wegen der Kinder auch weniger mobil, sie wechseln weniger den Job.

Die einzig wirkliche Maßnahme, die sowohl die Rahmenbedingungen für Familien als auch die Glaubwürdigkeit der Parteien und ihrer Programme verbessern würde, wäre die Einführung eines Familienwahlrechts nach dem Motto: One man one vote. Die Eltern stimmen für ihre Kinder mit ab. Das Prinzip ist verfassungskonform, eine Reform des Wahlrechts würde nichts kosten. Streiten kann man über Details. Aber solch eine Reform würde die Lage für alle Parteien ändern und auch alle Parteien und ihre kinderarmen Chefs zum Schwur pro oder contra Familie zwingen. Es wäre ein Offenbarungseid. Und es würde die demographische Waagschale noch einmal etwas ins Lot bringen.

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