Staatliche Bildung, freie Bildung

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Um eines schon mal vorwegzunehmen, was den meisten meiner Leser schon klar ist: Ich bin kein besonderer Freund von sogenannten „Staatsleistungen“ (das Wort setze ich deshalb in Tüddelchen, weil der Staat als Konstrukt nichts zu leisten in der Lage ist, es sind seine Organe bzw. deren Angestellte die – oft mehr schlecht als recht – etwas leisten). Wenn ich im Wahlkampf oder in Koalitionsvereinbarungen höre, wie der Staat Arbeitsplätze schaffen, den (angeblichen) Klimawandel stoppen und Kinderarmut bekämpfen werde, ganz abgesehen von staatlichen Glanzleistungen wie die Verkürzung der Wartezeit auf einen Facharzttermin, muss ich spätestens lachen, wenn ich mir Angela Merkel beim Anpusten eines Windrades oder Sigmar Gabriel mit Gummistiefeln bei der Errichtung einer neuen Werkshalle vorstelle. Nein, der Staat leistet erst mal gar nichts, jedenfalls nicht 99 % aller heute relevanten Politikfelder.

Milde stimmt es mich dann, wenn der Staat beabsichtigt Geld für Themen auszugeben, deren Nutzen mir zumindest transparent erscheint. Wer kann was dagegen haben, dass der Staat Geld für die Altenpflege bereit stellt? Und wer wird sich wehren gegen Unterstützung für Familien mit Kindern? Und, um zu meinem eigentlichen Thema zu kommen, niemand wird ernsthaft den Nutzen von Investitionen in die Bildung unserer Kinder bestreiten. Bei näherem Hinsehen hat das aber einen Pferdefuß: Denn wer entscheidet, wie viel Geld in welche Art von Bildung für welche Kinder gesteckt wird?

Wenn ich mich als Erwachsener selber weiterbilden möchte, steht mir ein ganzer Blumenstrauß an Themen und Anbietern zur Verfügung, von der vermutlich recht günstigen (und staatlich unterstützen) Volkshochschulvariante bis hin zu privaten Trägern mit teilweise horrenden Kursgebühren. Dazu kommen häufig noch Angebote von Arbeitgebern, bei denen ich zwar nicht unbedingt nach Thema und Anbieter wählen kann, schon aber ob ich das Angebot überhaupt annehmen möchte oder nicht. Nicht ausklammern möchte ich auch staatliche „Angebote“, die teilweise aber verpflichtend für diejenigen sind, die staatliche Leistungen in Anspruch nehmen möchten. Prägnantes Beispiel ist das Bewerbungstraining für Arbeitslose, wobei sich der Sinn einzelner Maßnahmen nicht immer erschließt. Da der Arbeitslose aber nach unserem Verständnis von staatlichen „Leistungen“ (es sind eigentlich Transferzahlungen der sogenannten Solidargemeinschaft) abhängig ist, behält sich der Staat vor, diese Leistungen auch entsprechend zu reglementieren, wie es ein Arbeitgeber tut, der auch nur ihm genehme Angebote und diese zu seinen Konditionen anbietet (in einem freien Markt jedenfalls).

Was uns an dieser Stelle selbstverständlich erscheint, gilt allerdings nicht für Kinder! Hier gilt in Deutschland die Schulpflicht, sodass Kinder bzw. in Vertretung deren Eltern nicht die Möglichkeit haben, zwischen fundamental unterschiedlichen Bildungsangeboten zu wählen. Selbst sogenannte private Schulen, wenn auch mit einem oft etwas anderen Leistungsanspruch, müssen den Bildungsvorgaben des Staates genügen, um anerkannt zu werden. Eltern können also nicht entscheiden, ob sie eine bestimmte Bildungsleistung für ihre Kinder haben wollen oder nicht – sie sind gesetzlich zur Abnahme verpflichtet und über die Steuern auch verpflichtet sie zu bezahlen.

Im Kern ist das das Problem des Bildungsplans in Baden Württemberg. Man kann sich nämlich trefflich streiten, welche Art von – sagen wir mal – „Toleranz“ als Bildungsziel unserer Kinder gelten soll. Da es sich bei den in Rede stehenden Teilen im Wesentlichen um die „Regenbogenthemen“ LSBTTI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Transsexuelle und Intersexuelle) geht, nehmen wir ein Beispiel aus diesem Umfeld:

Wenn die Gefahr besteht, dass sich bei Schülern die Erkenntnis durchsetzen könnte, dass es in Ordnung ist, Homosexuelle zu benachteiligen, zum Beispiel durch Mobbing oder auch durch physische Bedrohungen, dann wären die meisten Eltern sicher bereit, hier gegenzusteuern (zumindest die meisten christlichen Eltern, die dem Themenkomplex ansonsten eher skeptisch gegenüber stehen). Wenn aber gefordert wird, entsprechende sexuelle Präferenzen als gleichwertig zu betrachten und diese Erkenntnis und das allgemeine Kennenlernen dieser nicht-heterosexuellen Präferenzen Lernziel der Kinder sein soll, dann werden christliche Eltern dem widersprechen.

Ob das eine oder das andere richtig ist, ist dabei gar nicht die Frage. Die besteht gesellschaftlich gesehen darin, ob Eltern einen entsprechenden „Bildungskurs“ für ihre Kinder in einem freien Bildungsmarkt wählen würden, und ob sie bereit wären, dafür auch noch zu bezahlen. Was mich betrifft: Mit mir wäre nicht zu rechnen!

Ich werde alles daran setzen, unseren Kindern beizubringen, dass jeder Mensch ein Geschöpf Gottes ist, unabhängig von Geschlecht, Religion, physischer Konstitution, Intelligenz … und eben auch sexueller Orientierung. Benachteiligung in diesem Sinne ist nicht nur nach aktueller Auffassung ungesetzlich sondern – und das ist für einen Christen das wesentlichere Kriterium – immer unchristlich, gegen den Willen Gottes! Und doch werde ich ihnen beizubringen versuchen, wie der Mensch eigentlich gedacht ist, was die Schöpfungsordnung für den Menschen vorsieht, ganz unabhängig von Fragen der Sexualität das Thema der Sünde (und der Barmherzigkeit Gottes) thematisieren, damit sie den für sich richtigen Weg im Leben finden können und das ohne andere Menschen zu verurteilen.

Natürlich ist das ein Drahtseilakt, nicht leicht den Kindern zu vermitteln, vermutlich noch am ehesten, indem man es nicht nur „lehrt“ sondern auch vorlebt. Deshalb wäre ich durchaus bereit für eine Schule, die Bildungsangebote machen kann, die ich den Kindern nicht bieten kann – was mache ich, wenn unsere Kinder sich plötzlich für Impressionismus interessieren oder für Astrophysik? – und die gleichzeitig meine religiösen Vorstellungen wenn nicht teilt dann doch zumindest respektiert und nicht konterkariert, zu bezahlen.

Das oben beschriebene gilt aber nur in einem freien Bildungsmarkt, den es in Deutschland im Unterschied zu den meisten anderen Ländern dieser Welt nicht mal im Ansatz gibt. Der Staat hat sich das Bildungsmonopol gesichert, das er – siehe immer wieder aufflammende Berichte über funktionale Analphabeten unter Schulabgängern und Pisa-Studienergebnisse – höchstens mangelhaft verwaltet, und bestimmt zusätzlich auch noch, was unter Bildung zu verstehen, welche Bildung für unsere Kinder lohnend, welche vernachlässigbar ist, und übernimmt auf diesem Weg neben der Bildung auch noch einen guten Teil der Erziehungsaufgaben, die nach unserer Verfassung Recht und Verpflichtung der Eltern sind.

In diesem Sinne kann man sich durchaus fragen, ob die Unterstützung der Petition „Zukunft – Verantwortung – Lernen: Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“, selbst wenn man die dort artikulierten Bedenken gegen den diskutierten Bildungsplan in Baden-Württemberg teilt, richtig ist oder nicht vielmehr zu kurz springt. Solche Petitionen befassen sich notwendigerweise mit Symptomen und sind lediglich in der Lage „Schlimmeres“ zu verhindern. Ein wirklich funktionierendes Bildungssystem, dem ich meine Kinder guten Gewissens anvertrauen kann, wird so aber nicht etabliert.

Die Aufgabe, von Christen wie von Liberalen, muss daher sein, die Bildungshoheit wieder vom Staat zurück zu erobern und wieder in die Hände von Eltern und privaten Institutionen wie Kirchen oder Vereinen zurückzulegen, in denen sie Jahrhunderte lang gut lag.

Hinweis: Ich muss zugeben, dass diese Gedanken nicht alleine auf meinem Mist gewachsen sind, sondern eine Erkenntnis aus dem letzten Veranstaltungsabend „Glauben Sie (nicht) alles!“ darstellen – entsprechende Überlegungen sind im Vortrag von André Lichtschlag enthalten.

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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