Sozialismus und Glauben: Mut zur Veränderung? Ja, aber …

„Katholisch, konservativ & libertär“ – Man hat es in den Tagen des Südamerikabesuchs des Papstes bei Vertretern des Sozialismus nicht leicht!

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Da müssen wieder Scherben aufgekehrt werden! Das waren meine Gedanken bei vielen Wiedergaben von Reden und Ansprachen, die in den vergangenen Tagen von der Papstreise nach Mittel- und Südamerika verbreitet wurden. Der Papst hat es mit seinen Worten mal wieder in die Tagesschau und Tagesthemen geschafft, und ich bin – im Gegensatz zu vielen anderen eher konservativen Katholiken – der Meinung, dass das durchaus ein Wert „an sich“ ist. Der Papst, die Kirche, wird wahrgenommen, auch wenn es Atheisten, denen schon ein Gottesdienst im Fernsehen zu viel ist, noch so wurmt.

Und der Papst hat, abgesehen vom Feiern der Messe, von Gesprächen mit Menschen aus allen Klassen, abgesehen von der Verkündigung Christi, das getan, was man von ihm erwarten kann: Er legt den Finger in die Wunden der Gesellschaft, zeigt auf, wo es Fehlentwicklungen gibt. Er hat dabei den Vorteil, dass er für die Fehlentwicklungen weder Ursachen noch Konsequenzen nachweisen muss, es reicht darauf hinzuweisen, wo etwas nicht stimmt.

Unter den vielen Berichten sticht ein Treffen mit Vertretern von Volksbewegungen in Bolivien hervor. Die Rede des Papstes, dieses ganze Treffen war schon insofern denkwürdig, als das politische Vertreter Boliviens, insbesondere Präsident Evo Morales, sozialistische Parolen gegen den Internationalen Währungsfonds, die Gloablisierung im Allgemeinen und die USA im Besonderen, schmetterten. Morales war bereits durch das Überreichen eines Kruzifixes auf Hammer und Sichel an den Papst aufgefallen, und hatte offenbar keine Absicht, seine Stellung als Polithasardeur in dieser Runde zu verbessern. Es wird berichtet, dass er zu dem Treffen einen Blazer mit dem Bild von Che Guevara trug, einem sozialistischen Massenmörder und gutes Beispiel dafür, wie guter Wille ideologisiert in den Untergang führt. Ich weiß nicht, wie ich als Papst damit umgegangen wäre – vermutlich war es richtig von Papst Franziskus, das nicht weiter zu thematisieren.

Was er aber getan hat, ist auf Misstände hinzuweisen. Und wie oben schon angedeutet, in dieser Rolle kann ich Papst Franziskus nur bestärken. Seine folgenden Worte vom Beginn seiner Rede kann ich unterschreiben (Zitate hier wie im Folgenden von kath.net):

Beginnen wir mit der Einsicht, dass wir eine Veränderung brauchen. Damit es keine Missverständnisse gibt, möchte ich klarstellen, dass ich von den gemeinsamen Problemen aller Lateinamerikaner – und generell der ganzen Menschheit – spreche. Von Problemen, die globalen Charakter haben und die heute kein Staat im Alleingang lösen kann. Nach dieser Klärung schlage ich vor, dass wir uns folgende Fragen stellen:

Sehen wir ein, dass etwas nicht in Ordnung ist in einer Welt, in der es so viele Campesinos ohne Grund und Boden, so viele Familien ohne Wohnung, so viele Arbeiter ohne Rechte gibt, so viele Menschen, die in ihrer Würde verletzt sind?

Sehen wir ein, dass etwas nicht in Ordnung ist, wenn so viele sinnlose Kriege ausbrechen und die brudermörderische Gewalt sich selbst unserer Stadtviertel bemächtigt? Sehen wir ein, dass etwas nicht in Ordnung ist, wenn der Boden, das Wasser, die Luft und alle Wesen der Schöpfung einer ständigen Bedrohung ausgesetzt sind?

Sagen wir es ganz unerschrocken: Wir brauchen und wir wollen eine Veränderung.

Was aber dann kommt, liest sich wie eine Bestärkung der anwesenden Sozialisten, ist eine kämpferische politische Rede, die man nur in der Nähe der Befreiungstheologie verorten kann – freilich, und das ist wichtig, ohne deren ambivalentes Verhältnis zur Gewalt wieder aufzunehmen! Es ist eine Fortsetzung der von mir bereits kritisierten Inhalte der Enzyklika Laudato Si‘. Das wäre an sich nicht weiter schlimm, hätte er diese Ansprache vor Industrievertretern oder Staatsmännern aus den USA oder Westeuropa gehalten. Der Papst ist bei denen nicht gerade zimperlich, sie mit der Nase auf die eigenen Versäumnisse zu stoßen. Ich kann dem Papst auch nicht vorwerfen, dass er angesichts der unzweifelhaft vorhandenen Probleme versucht ist, die Lösung in staatlichen und überstaatlichen Regulierungen zu suchen – damit steht er nicht alleine auf der Welt, das sehen nicht wenige Politiker so, die weit von sich weisen würden, sozialistisch zu sein.

Ich kann die Inhalte der Rede hier nicht in aller Kürze wiedergeben, man wird nicht umhin kommen, sie zu lesen, wie sie auf kath.net wiedergegeben wird. Es empfiehlt sich auch, einen Blick in das ebenfalls dort verlinkte Video zu werfen, um die Stimmungs- und Stimmlage des Papstes aufzunehmen. Wenn ich oben von den klaren Worten gesprochen habe, die der Papst westlichen Politikern und Unternehmern ins Stammbuch schreibt, dann würde ich aber in einem Umfeld wie dem hier genannten, durchaus auch Kritik an sozialistischen Tendenzen erwarten, Kritik an linken Totalitarismen, wie sie in einigen Länden Süd- und Mittelamerikas beobachtet werden können, an Tendenzen für die ein Che Guevara steht. Leider werden sich die betreffenden Politiker – dort wie hier – letztlich nur bestätigt fühlen durch die Rede des Papstes.

Und seine folgenden Worte sind auch konsequenterweise in der sonstigen medialen Berichrerstattung nicht weiter thematisiert worden:

[…] erwarten Sie bitte kein Rezept von diesem Papst. Weder der Papst, noch die Kirche besitzen das Monopol für die Interpretation der sozialen Wirklichkeit, und sie haben auch keine Lösungsvorschläge für die gegenwärtigen Probleme. Ich wage zu behaupten, dass es gar kein Rezept gibt. Die Geschichte wird von den aufeinander folgenden Generationen aufgebaut im Rahmen von Völkern, die auf der Suche nach ihrem eigenen Weg sind und die Werte achten, die Gott ihnen ins Herz gelegt hat.

In der Tat: ein Rezept, an das sich eine Regierung halten könnte um die soziale Lage im Land zu verbessern, scheint es nicht zu geben. Leider sind aber solche Worte nur bedingt nachrichtentauglich, also stürzt man sicher auf die Hinweise, die der Papst hinsichtlich der Notwendigkeit gibt, „die Wirtschaft in den Dienst der Völker zu stellen“. Da kann man einiges von halten, man kann dem aus einer christlichen Sicht einen wahren Kern entnehmen. Es ist aber auch klar, dass diese Subjektivierung der „Wirtschaft“ Assoziationen auslöst, die am Ende nur zu dem Ergebnis führen können, dass „die Wirtschaft“ in bestimmte Bahnen gezwungen werden muss. Dass das nicht funktioniert, haben sozialistische Experimente in ehemals blühenden Wirtschaften in Europa bereits bewiesen, und die wirtschaftlichen Probleme der Entwicklungsländer resultieren eben nicht aus zu viel sondern zu wenig wirtschaftlicher Freiheit.

Die „Wirtschaft in den Dienst des Menschen zu stellen“, das heißt, das eigene Wirtschaften auch vom Gemeinwohl leiten zu lassen, das ist ein Anspruch an christliche Unternehmer, an Unternehmenslenker guten Willens generell. Wird es zu einem ideologischen Anspruch an Politik und Regierungen ist der Weg in den Sozialismus und dem ihm inhärenten Totalitarismus vorgezeichnet. Ich kann nicht sagen, ob der Papst diese Gefahr möglicherweise sieht, thematisiert hat er sie – in dieser Rede vor Vertretern einer solchen Politik – jedenfalls nicht. Den Eindruck, den der Papst dabei hinterlässt ist – ich kann es in aller Treue zu ihm und eingedenk der Tatsache, dass ich keinen Zweifel habe, das ihm das Schicksal der betroffenen Menschen am Herzen liegt, nicht anders formulieren – fatal. Hier aufzuräumen, die Begehrlichkeiten, die eine solche Rede des Vertreters von mehr als einer Milliare Katholiken wecken könnte, wieder einzufangen, die Scherben wieder aufzukehren, das wird nicht leicht sein.

Um noch einmal zu bekräftigen, was ich zu „Laudato Si'“ bereits geschrieben habe: Meine Papsttreue wird das nicht in Frage stellen. Der Papst ist und bleibt katholisch, ich habe keinen Zweifel an seiner Rechtschaffenheit und an seinem Bemühen, für mehr Gerechtigkeit vor allem für die zu sorgen, die Not leiden. Die Mittel und Maßnahmen, die er dazu anregt, bleiben aber ungeeignet, ja sie schaden am Ende den Menschen, denen der Papst doch beistehen will.

Beitrag erschien auch auf: papsttreuerblog.de 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: freerob

Euer Papst ist ein Top-Mann, da kann man euch nur gratulieren !
Und Medien-wirksam dazu, also Respekt. Mich als "Freikirchler" freut im Besonderen seine Offenheit für
meinesgleichen.
Noch ein paar Gedanken zum eigentlichen Thema: Die Rechten sind böse, die Linken sowieso und die dazwischen auch ! Kritisch wird es wenn der Staat (laut Paulus die staatliche Macht im Dienste Gottes, Römer 13), böse ist, von Paulus irgendwie unterbelichtet. Petrus gibt eine kleine Korrektur mit dem Imperativ "man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen".
Das Dilemma unserer Tage ist, das "Böse" nimmt zu und somit das repressive Agieren des Staates , ein Teufelskreis. Die libertäre Gesellschaft ist etwas für Nostalgiker.

Gravatar: Klimax

Wann werden Sie endlich einsehen, daß dieser Papst hoffnungslos sozialistisch ist? Das Armutsideal (Franziskus) gibt ihm das geradezu vor. Nur sollen eben alle gleich arm sein.

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