So zerstört der Niedrigzins unsere Regionalbanken und damit den Mittelstand

Seit langer Zeit verfolgt die EZB eine Nullzinspolitik. Darunter leiden vor allem Volksbanken und Sparkassen, also das Rückgrat unserer Wirtschaft. Sie können ihre Aktiva nicht ausweiten, weil ihr Eigenkapital nur langsam wächst - es droht eine Kreditklemme.

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In der Geschichte gab es noch nie über einen so langen Zeitraum so ultraniedrige Zinsen. Deshalb kann auch niemand sagen, wie das Experiment ausgeht. Ein Stolperstein für die Wirtschaft könnten dabei Banken sein.

Die kleinen und mittelgrossen Banken Deutschlands hat eigentlich fast niemand auf dem Schirm – immer spricht man nur von den großen Privatbanken. Doch die Volksbanken und Sparkassen sind nunmal die Finanziers der breiten Wirtschaft, vom “kleinen Mann” bis zum regionalen Großunternehmen.  Eine Untersuchung von Bundesbank und BaFin ergab, dass diese Banken besonders unter dem anhaltenden Niedrigzinsniveau leiden werden. Es berichten das Handelsblatt, die NNZ, die Welt, SpiegelOnline, N-TV, der Tagesspiegel, Reuters und viele andere.

Die meisten Journalisten schlussfolgern daraus, dass dann “die Bankgebühren steigen”. Ich glaube eher, dass höhere Gebühren unser kleinstes Problem mit den Banken werden! Bundesbank und BaFin hatten 1500 Sparkassen, Genossenschafts- und Privatbanken unter die Lupe genommen. Sie verwalten bzw. verleihen jeden vierten Euro, den es in der BRD gibt. Die Untersuchung der Aufseher sagt für diese Banken bis 2019 fallende Gewinne voraus. Dies träfe sogar noch bei einem moderaten Zinsanstieg zu. Allerdings würden diese Institute die Gewinrückgänge durch Reserven und eine dicke Kapitaldecke abfedern können, sodass kein Grund zur Sorge besteht.

Grund zur Sorge besteht zwar nicht für die Existenz der Institute, denn diese verlieren kein Geld; sie verdienen nur weniger. Was heißt das nun, wenn die örtliche Volksbank nur noch 20 Millionen Euro und nicht mehr 70 Millionen Euro verdient? Das heißt ganz einfach, dass der Teil des Gewinns, der dem Eigenkapital zugeführt wird, kleiner wird. Das Eigenkapital der Banken wird also wesentlich langsamer wachsen. Dies hat zur Folge, dass diese Banken ihre Aktiva nicht so schnell ausweiten können, wie sie wollen. Oder einfacher gesagt: Die Banken können ihre Ausleihungen an die Wirtschaft nicht erhöhen – es droht eine Kreditklemme.

Diese 1.500 Banken werden nun durch Kosteneinsparungen und die Erschließung neuer “zinsunabhängiger” Ertragsquellen versuchen, dem Effekt gegenzuwirken. Kunden werden sich an die “Handy-Bank” gewöhnen müssen. Wollen die Institute ihr bisheriges Kreditwachstum von ca. 2% bis 3% pro Jahr beibehalten, dann sollten sie auch Jahr für Jahr ihr Eigenkapital um 2% bis 3% stärken. Gelingt das nicht, dann können weniger Kredite vergeben werden. Und genau hier sehe ich die Gefahr für die Wirtschaft. Es ist ein Paradoxon: Das Geld ist billig und weil es billig ist, kann es nicht in die Wirtschaft.

Fachlicher Hintergrund: Deshalb sinken bei einem anhaltenden Niedrigzins die Gewinne der kleineren Banken. (Darüber habe ich schon im November 2013 geschrieben!)

Zuerst erschienen auf pinksliberal.wordpress.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freigeist

Mit welchem Recht fordert man eigentlich Zinsen? Nur weil das System bisher so war, Gewöhnung, oder? Haben wir zu viel Banken für das Computerzeitalter? Ja, haben wir. Es gibt zu viel Banken. Also Banken fusionieren und die Gehälter der Banker runter, dann haben wir wieder eine bessere Bankenwelt. Banker hielten sich für feine Beamte ohne Beschäftigungsrisiko - Fehlmeinung. Nun zu den Zinsen. Vergeben Sie doch Investoren selbst ihr Geld. Das bequeme Geld-Anlegen beim Staat ist nun politisch mehr und mehr tabu, siehe die Schwarze Null von Schäuble.
Hier im Blog ist man auch gegen das Schuldenmachen.

Gravatar: Joachim Datko

Zitat 21.09.2015 - 14:43 "Meine Cousine und ihr Mann hatten Festgeld bei der hiesigen Sparkasse angelegt."

Sparkassen hatten meiner Ansicht nach schon immer keine guten Konditionen! Der Vorteil für den Kunden ist das relativ dichte Filialnetz.

Gravatar: Lisje Türelüre aus der Klappergasse

Kann ich nur bestätigen.
Meine Cousine und ihr Mann hatten Festgeld bei der hiesigen Sparkasse angelegt.
Der Vertrag wurde gekündigt und das Geld rücküberwiesen, weil die Zinsvereinbarung der Sparkasse zu hoch wurde.

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