Sex-Akrobatik als Lebenshilfe für Kinder und Jugendliche?

„Mama, wieso spritzt die Feuerwehr die Hose von dem Mann nass?“ Der Mutter schießen die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Dann setzt bei ihr reichlich Ärger ein. Wieso werden Kinder auf dem Weg zu KiTa oder Schule mit einem solchen Plakat konfrontiert? Was sollen Eltern antworten?

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„Das weiß ich auch nicht.“ Erstmals gab’s keine Nachfrage. „Ja, dann tschüss Markus.“  Zuhause erfuhr die Mutter dann, als sie die ganze Plakatserie ‚Liebes-Leben’ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZfgA) mit insgesamt 8 Motiven per Internet kennen lernte, dass – bei anderen öffentlich zur Schau gestellten Abbildungen – auch die Frage auch lauten könnte: „Mama, was machen die Frau und der Mann denn da im Aufzug? Wieso turnen da zwei Männer nackt auf einen Nachtschrank?“

Zum Hintergrund: An Haltestellen, vor Schulen bzw. Kindergärten und an sonstigen Blickfängen springen seit einigen Wochen Abbildungen der neuen Plakatserie der BZfgA ins Auge, welche Kinder und Jugendliche (angeblich) offiziell vor AIDS schützen sollen. Mit Bildern von Homo- und Heteropärchen bei sexuellen Handlungen und Slogans wie „Egal worauf ihr steht, benutzt Kondome“, „Brennt´s im Schritt“ oder „Dein Ex juckt Dich noch immer?“ setzt die BZgA weiter auf einen „offenen Umgang mit Sexualität“. Die Comic-Motive sollen die „bunte Vielfalt von Sexualität widerspiegeln“ und den Umgang mit „sexuell übertragbare Krankheiten enttabuisieren“.

Da stellt sich doch die Frage: Werden unsere Kinder nicht schon viel zu intensiv mit sexistischen Bildern und Äußerungen konfrontiert? Wie hätte wohl Vater Gröhe, der als Bundesgesundheitsminister die Serie am 4.5.2016 mit Anderen präsentierte, vor einigen Jahren auf entsprechende Fragen seiner kleinen Kinder reagiert?

'Sexualität der Vielfalt', - ‚Sex als locker-lustiger Spaß’?

Wer etwas genauer hinschaut stellt schnell fest, dass es bei einigen Abbildungen gar nicht und bei den anderen nur vordergründig um AIDS geht. Ich finde, dass diese Aktion aus unterschiedlichen Gründen nicht hinnehmbar ist, denn es geht nicht um AIDS-Verhütung sondern um eine frivole Einführung in eine Ideologie der 'Sexualität der Vielfalt und Beliebigkeit', - "Sex als locker-lustiger Spaß". Merkt das denn keiner außerhalb der grün-roten BZfgA? Diese Einrichtung müsste entweder aufgelöst werden oder eine komplett anders ausgerichtete neue Leitung erhalten.

Da ich Minister Gröhe schon vor Wochen – nach einigen Facebook-Aktionen – mitteilte, dass diese Plakat-Aktion nicht hinnehmbar sei, liegt mir zwischenzeitlich auch eine differenzierte Stellungnahme vor. Ein Auszug: Um wichtiger Ziele willen muss man „durchaus kalkuliert Tabubrüche in Kauf nehmen, um überhaupt eine Gesprächsfähigkeit etwa im Hinblick auf die Nutzung von Kondomen zu erreichen. Solch kalkulierter Tabubruch musste und muss stets vermeiden, Schamgrenzen in unserer Gesellschaft rücksichtslos zu missachten“. Aber genau das ist der Kritikpunkt. Hier werden sowohl Schamgrenzen missachtet als auch ein inakzeptabler Umgang mit dem Thema Sexualität propagiert. Und durch die öffentliche Plakatierung werden Kinder und Jugendliche auf eine Weise mit diesem Thema konfrontiert, welche weder dem Alter der Heranwachsenden, noch einem ethisch vertretbaren Umgang mit dem Thema entspricht. Im Grunde geht es um die Frage, ob oder bis zu welchem Punkt der - gute oder wichtige - Zweck die Mittel heiligt?

Staatliche Werbung für den One-Night-Stand ?

Auch wenn um der wichtigen AIDS-Prävention willen drastische oder ins Auge springende Aktionen geplant werden, sollte möglichst kein Kollateralschaden entstehen. So fragte mich schon vor Jahren, wieso die sicher wichtigen Info-Spots zur Nutzung von Kondomen zur AIDS-Prävention in solche Film-Situationen eingebettet wurden, wo - so nebenbei - durch den situativen Kontext deutlich wurde, dass sich das Paar erst ganz kurz kannte. Damit wurde gleichzeitig – gewollt oder ungewollt - für den One-Night-Stand geworben.

Ein Sexualakt im Aufzug mag vielleicht ein lustiger Hingucker für Erwachsene sein, aber keinesfalls für Kinder. Alle Menschen müssten sich jedoch fragen, was eine solch artistische Akrobatik denn mit Liebe und einem verantwortlichen Umgang mit einer Beziehung zu tun hat. Denn eine Plakatserie wird nicht dadurch dem sittlich-kulturellen Wert der Liebe gerecht, wenn man ihr das Etikett „LiebesLeben“ anheftet. Etikettenschwindel gibt es schon genug.

Minister Gröhe äußert, dass es bei dieser Plakataktion nicht nur um AIDS geht. Das wird nicht in angemessener Weise erkennbar. So steht auf etlichen Motiven: „Gib AIDS keine Chance“, aber auf den Plakaten, bei welchen es um Geschlechtskrankheiten geht, müsste dann konsequenterweise der Hinweis stehen: ‚Gib Geschlechtskrankheiten kein Chance’.

Sexualität als Konsum- und Spaßfaktor

Ich unterstreiche: Das Ziel, den dramatischen Anstieg an Neuinfektionen bei sexuell übertragbaren Krankheiten zu stoppen, ist wichtig. Aber ein verändertes Sexualverhalten hat in erster Linie etwas mit Verantwortung, einer Abkehr vom Prinzip ‚Genuss, jetzt und sofort’, mit der schon von Sigmund Freud als so wichtig angesehenen Bedürfnis-Aufschub-Fähigkeit und weniger mit lustig wirken sollenden Plakat-Information zu tun. Die BZfgA setzt so auf - durch rot-grün-rot-rot gepuschte - Ideologien einer so genannten sexuellen Vielfalt im Zuge einer Gendererisierung unserer Gesellschaft. Wollen wir das hinnehmen?        


Copyright: Dr. Albert Wunsch, 41470 Neuss, Im Hawisch 17

Dr. Albert Wunsch ist Psychologe, Diplom Sozialpädagoge, Diplom Pädagoge, Kunst- und Werklehrer sowie promovierter Erziehungswissenschaftler. Bevor er 2004 eine Lehrtätigkeit an der Katholischen Hochschule NRW in Köln (Bereich Sozialwesen) begann, leitete er ca. 25 Jahre das Katholische Jugendamt in Neuss. Im Jahre 2013 begann er eine hauptamtliche Lehrtätigkeit an der Hochschule für Ökonomie und Management (FOM) in Essen / Neuss. Außerdem hat er seit vielen Jahren einen Lehrauftrag an der Philosophischen Fakultät der Uni Düsseldorf sowie der CVJM-
Hochschule in Kassel und arbeitet in eigener Praxis als Paar-, Erziehungs-, Lebens- und Konflikt-Berater sowie als Supervisor und Konflikt-Coach (DGSv). Er ist Vater von 2 Söhnen und Großvater von 3 Enkeltöchtern.

Seine Bücher: Die Verwöhnungsfalle (auch in Korea und China erschienen), Abschied von der Spaßpädagogik, Boxenstopp für Paare und: Mit mehr Selbst zum stabilen ICH - Resilienz als Basis der Persönlichkeitsbildung, lösten ein starkes Medienecho aus machten ihn im deutschen Sprachbereich sehr bekannt. Weitere Infos: www.albert-wunsch.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Thomas Rießler

Teresa, wenn man solche Aktionen durchführt, muss man ja nicht unbedingt erwarten, einen sichtbaren Einfluss auf die ganze Gesellschaft zu haben, so dass die Plakate gar nicht mehr aufgehängt werden. Es ist doch schon wertvoll genug, wenn die eigenen Kinder durch das Verhalten der Eltern signalisiert bekommen, dass diese Dinge nicht in Ordnung sind. Wenn dann die Eltern wegen dieser Fürsorge für ihre Kinder gar noch eine Strafe auferlegt bekommen, bleibt dies im Gedächtnis der Kinder doch viel mehr haften als stundenlange verbale Erklärungen. Viele Kinder, die unter Wohlstandsverwahrlosung leiden, könnten damit eventuell eine ganz neue Beziehung zu ihren Eltern aufbauen.

Dass viele Leute in unserer Gesellschaft eher an einem öffentlichen Kruzifix als an öffentlicher Pornographie Anstoß nehmen, ist bezeichnend. Dies kann aber keine Entschuldigung dafür sein, die Verhältnisse in Sodom und Gomorrha einfach so hinzunehmen, wie sie sind. Auch zehn Gerechte können den Unterschied machen.

Gravatar: Teresa

@ Herr Rießler

Wir haben soetwas vor vielen Jahren, als wir noch Eltern junger Kinder waren, hin und wieder gemacht: In den frühen Morgenstunden die laszive Werbung für ein Bordell besprayt oder mal bei den alten Plakaten der BZgA im ganzen Ort bei dem Logo "Gib Aids keine Chance" das 'k' unsichtbar übermalt.

Allerdings waren die Reaktionen bei letzterer Aktion gleich null: Höchstwahrscheinlich ist es auch nur jenen aufgefallen, die sich genauso wie wir immer über dei BzGA geärgert haben.

...und der Bordellbesitzer hatte schon am nächsten Morgen im Berufsverkehr frische Werbeflächen aufgestellt.

Nur ein Freund, der alle Plakate für eine Erotikmesse systematisch von den Laternenmasten geknipst hat, wurde erwischt und hat eine Anzeige am Hals gehabt.

Was soll man da machen? Es ist ja schon bezeichnend, dass es nur noch die Kinder sind, die verwirrt sind.

Zu meiner Zeit waren es die Kondomautomaten in den öffentlichen Toiletten, die ich meinen Kindern "erklären" musste.

Gravatar: Hans Meier

Die Aktionen dokumentieren das Erleben und den Umgang mit ihrer Sexualität als Handelnde.
Da sie Sexualität nicht anders erfahren können, als sich „gegenseitig Einläufe zu verabreichen“ offenbaren sie auch, welche Folgen dabei zu befürchten sind.
Unsere „politischen Bonobonos“ haben halt wenig zwischen den Ohren und darum veranstalten sie „läufigen Aktionismus“.
In den Berliner Parlaments-Kreisen ist Normalität oder Klugheit ganz sicher die Ausnahme, dafür heben die politischen Spitzen ihre Stimme, um Geräusche zu machen.

Gravatar: Thomas Rießler

Ob sich hierzulande jemand getraut, die Dinger abzuhängen oder zu übermalen?

Gravatar: Lisje Türelüre aus der Klappergasse

Sie haben völlig recht.
Es gibt hier eine Ampel, vor der ich bei Rotlicht stehe und genau auf ein solches Machwerk schauen muß.
Unerträglich!

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