Reduktion langlebiger Spaltprodukte

Aktuell wird wieder einmal in der Fachliteratur die Beseitigung von langlebigen Spaltprodukten diskutiert.

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Das Problem

Irgendwann ist jedes Brennelement erschöpft und muß erneuert werden. Die “abgebrannten” Brennelemente werden von “Atomkraftgegnern” gern als “Atommüll” verunglimpft, obwohl sie recycelt werden können. Sie bestehen noch zu rund 96% aus Uran und Plutonium, die erneut als Brennstoff genutzt werden könnten. Sicherheitstechnisch betrachtet, stellt ihre ionisierende Strahlung ein – durchaus unterschiedliches – Problem dar. Es sind daher dauerhafte Abschirmungen in der Form von Wasserbädern, Sicherheitsbehältern etc. notwendig. (Hier der Artikel in nature)

Der Faktor Zeit

Je länger die Halbwertszeit ist, um so länger dauert es, bis dieser Stoff verschwunden ist. Wenn man von einer Gefahr durch ionisierende Strahlung ausgeht, ist damit der Zeitraum bestimmt, in dem man den Stoff von der Biosphäre fern halten sollte:

  • Es gibt unterschiedliche Arten ionisierender Strahlung, die auch biologisch unterschiedlich wirken. Strahlung, die z. B. von Uran und Plutonium ausgeht, ist nur dann bedrohlich, wenn sie innerhalb des Körpers frei wird. Nimmt man sie nicht in den Körper auf (Nahrung, Atemluft), sind sie genauso harmlos, wie jedweder anderer Stoff auch.
  • “Die Dosis macht’s”. Insofern ist die Konzentration eines radioaktiven Stoffes (z. B. im Trinkwasser) entscheidend.
  • Freigesetzte Stoffe können sich (z. B. über die Nahrungskette) anreichern. Dies gilt naturgemäß besonders für langlebige Stoffe. Insofern sollten sie möglichst gar nicht erst freigesetzt werden.

Der Endlager-Standpunkt

Überzeichnet man die Gefahr, die von radioaktiven Stoffen ausgeht, kommt man zu dem Schluß, man müßte sie quasi “für ewig” sicher einschließen. Der Begriff des “Endlagers” ist erschaffen. Ein hervorragender politischer Kampfbegriff, weil wie ein Gummiband dehnbar. Man muß nur die Gefährlichkeit – was auch immer darunter zu verstehen sei – ausdehnen und kommt schnell zu Zeiträumen, die nicht mehr als beherrschbar erklärt werden können. Gipfel dieser Gespensterdebatte ist die Erforschung irgendwelcher Piktogramme, die Außerirdischen oder sonst wie verblödeten Erdbewohnern die Lage eines “Endlagers” in Millionen von Jahren näher bringen sollen. Interessant ist dabei nur, wie locker man beispielsweise den Fallout aus unzähligen Kernwaffenversuchen nicht gekennzeichnet hat. Wären die Stoffe auch nur annähernd so gefährlich, wie sich Ökoaktivisten gern an den Lagerfeuern im Wendland erzählen, müßte die gesamte Menschheit bereits ausgestorben sein. Aber es geht dabei ja auch weniger um Fakten, als um Gesellschaftsveränderung.

Gleichwohl sollte man mit radioaktiven Abfällen verantwortungsvoll umgehen. Es ist das Verdienst der Kerntechnik, der erste Industriezweig zu sein, der sich von Anfang an um seinen Abfall Gedanken gemacht hat: Wiederaufbereitung und geologische Tiefenlager waren erfunden. Letztere aus einem ethischen Anspruch heraus, den Abfall nicht den folgenden Generationen als Problem und Kosten zu hinterlassen. Immer noch revolutionär, wenn man es mit dem sonst voll akzeptierten Umgang mit Abfällen und Deponien vergleicht.

Die Art der Beseitigung

Wenn man gebrauchte Brennelemente aufarbeitet, können sie weiterhin zur Energiegewinnung verwendet werden: In konventionellen Reaktoren als Mischoxid und in schwerwassermoderierten Reaktoren sogar in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung. Bedingung ist die Trennung von Uran und Plutonium von den Spaltprodukten.

Verwendet man diesen aufbereiteten Brennstoff in Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum (meist mit Natrium oder Blei als Kühlmittel), kann man damit sogar die minoren Aktinoide “verbrennen”. Sie bilden sich aus Uran- und Plutoniumkernen, die trotz Neutroneneinfang nicht gespalten worden sind. Sie sind besonders langlebig und müssen zusammen mit Plutonium als Argument für eine “sichere Endlagerung über Millionen von Jahren” her halten.

Bleiben die Spaltprodukte übrig. Sie sind zumeist recht kurzlebig und strahlen deshalb sehr stark. So stark, daß sie sich aufheizen, deshalb gekühlt und sicher abgeschirmt werden müssen. Ein Problem, das sich nach einigen Jahrhunderten von selbst erledigt hat. Es wäre mit der Lagerung in simplen Bunkern technisch leicht beherrschbar, wenn es nicht einige wenige sehr langlebige Spaltprodukte geben würde. Hier setzt wieder die Ethik ein: Ist es zulässig, solche Stoffe unseren Nachfahren zu vererben? Es handelt sich um recht harmlose Stoffe (lange Halbwertszeiten bedeuten wenige Zerfälle pro Sekunde und damit grundsätzlich geringe Dosisleistungen) in sehr kleinen Mengen. Es geht hier um Halbwertszeiten von einigen Hunderttausend (Se79, Tc99) bis zu einigen Millionen (Zr93, Pd107, I129, Cs135) Jahren.

Man kann Atomkerne nur durch Neutronen in ein anderes Element umformen. Man benötigt also eine (möglichst starke) Neutronenquelle. Dieser Vorgang wird Transmutation genannt. Ein Favorit hierfür sind Spallationsquellen, bei denen Atomkerne beschossen werden und förmlich verdampfen. Sie sind sehr aufwendig, produzieren aber dafür auch große Mengen Neutronen. Grundsätzlich bleibt aber ein Problem: Die Stoffe existieren meist in einem Isotopengemisch. Man will aber eigentlich nur ein bestimmtes (besonders langlebiges) Isotop umwandeln. Alle anderen Kernreaktionen sind parasitär und kosten nur die teueren Neutronen. Ein Schlüssel hierfür, sind die energieabhängigen Einfangquerschnitte.

Beseitigung in schnellen Reaktoren

Reaktoren mit schnellen Neutronen sind hervorragend zur “Verbrennung” von Plutonium und minoren Aktinoiden geeignet. Darüberhinaus benötigen sie nicht einmal Natururan, sondern geben sich sogar mit abgereichertem Uran als Brennstoff zufrieden. Allerdings sind sie nur schlecht zur Beseitigung der langlebigen Spaltprodukte geeignet. Diese besitzen nur sehr kleine Einfangquerschnitte für schnelle Neutronen. Es gibt aber einige Energiebereiche, in denen sie solche Neutronen begierig aufnehmen. Verzichtet man auf einige bei der Spaltung freigewordenen Neutronen – im statistischen Mittel auf 0,3 Neutronen pro Kernspaltung – kann man sie zur Umwandlung abzweigen. Man muß sie allerdings noch auf die ideale Geschwindigkeit abbremsen.

Damit ergibt sich folgendes Reaktorkonzept:

  • Man baut einen zentralen Kern, in dem die eigentliche Energieproduktion aus Uran und Plutonium durch Spaltung mit schnellen Neutronen stattfindet.
  • In einem “schnellen Brüter” ist diese Zone von einer Schicht aus abgereichertem Uran umgeben. Die Neutronen, die aus dem Kern rausfliegen und nicht zur Aufrechterhaltung einer Kettenreaktion benötigt wurden, reagieren hier mit dem Uran und bilden zusätzliches Plutonium. Bei einem “Brüter” ist hier die Produktion von Plutonium größer als gleichzeitig davon im Kern verbraucht wird.
  • Verzichtet man nun auf einen Teil der “Brutrate”, hat man Neutronen für eine Umwandlung von Spaltprodukten zur Verfügung. Man muß diese nur noch – möglichst an Ort und Stelle – auf die “richtige” Geschwindigkeit abbremsen. Man kann in den “Brutmantel” eine gewisse Anzahl von Brennstäben einfügen, die mit einem Gemisch aus den zu beseitigenden Spaltprodukten und einem geeigneten Moderator gefüllt sind. Ein solcher Moderator könnte z. B. Yttrium Deuterid (YD2) sein. Er erfüllt die Bedingungen, selbst kaum mit Neutronen zu reagieren und die richtige Masse für die notwendige Abbremsung zu besitzen.

Die notwendige Verfahrenstechnik

Die Wiederaufbereitung wird erheblich komplizierter. Bei dem klassischen PUREX-Verfahren – wie es z. B. in Frankreich angewendet wird – gewinnt man möglichst reines Uran und Plutonium. Alles andere ist Abfall, der verglast und später in einem geologischen Tiefenlager “endgelagert” wird. Um diesen Abfall weiter zu entschärfen, müßte man in weiteren Schritten die Aktinoide und die langlebigen Spaltprodukte abtrennen. Beides ist sehr aufwendig und man sollte darüber nicht vergessen, daß es sich dabei nur um rund 4% des ursprünglichen Brennstoffs eines Leichtwasserreaktors handelt. Die zusätzliche Volumenverkleinerung ist somit äußerst gering.

Die langlebigen Spaltprodukte müssen nun noch in möglichst reiner Form gewonnen werden, um parasitäre Effekte zu vermeiden. Darüberhinaus muß ein eigener Wiederaufbereitungskreislauf eingerichtet werden, da nicht alle Spaltprodukte in einem Schritt beseitigt werden können. Ein gewaltiger Aufwand für so geringe Mengen. Darüberhinaus macht die ganze Sache nur wirklich Sinn, wenn mehr langlebige Spaltprodukte umgeformt werden, wie bei dem Betrieb dieses Reaktors wieder neu entstehen.

Schlußbemerkung

Der Aufwand für eine Transmutation ist sehr hoch. Gleichwohl erscheint der Erfolg durchaus verlockend. Wie Simulationen für den japanischen Monju-Reaktor zeigen, kann über einen Betrieb von 20 Jahren eine Reduktion der effektiven Halbwertszeit langlebiger Spaltprodukte von über 100.000 Jahren auf rund 100 Jahre erzielt werden.

Trotzdem darf die Frage erlaubt sein, ob der gewaltige (wirtschaftliche) Aufwand den (vermeintlichen) Sicherheitsgewinn aufwiegt. Andererseits wird Menschen mit Strahlenphobie auch dieser Aufwand nicht genügen. Es steht zu befürchten, daß das bekannte Rennen zwischen Hase und Igel der “Atomkraftgegner” lediglich fortgesetzt wird.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Elsa Friedrich

Herr Stemmer,

'die wirklichen Täter sind jene welche mit Tatsachen die Wahrheit verkleistern..' Ein alter und guter Satz.

Ihr Art Menschen wie Hr. Miersch zu verungimpfen, zumal ihre genannten Links ganz andere Ursachen hatten, zeugt von 'wahrer Größe'.
Herabwürdigung anderer Menschen und Meinungen. 'Wer ohne Schuld ist werfe den ersten Stein..'.

Aber das ist ja Mode bei einigen politischen Bewegungen in D geworden, nicht wahr.

Gravatar: Udo Stemmer

Herr Hand Meier,
was hat den jetzt ihr Link mit der Reduktion langlebiger Spaltprodukte zu tun.

Haben Sie überhaupt den Beitrag von Herrn Dr. Klaus-Dieter Humpich gelesen ?? wenn ja, verstanden haben Sie das aber nicht.

*

Übrigens der Verfasser Herr Miersch ist ja bekannt für seine Urwahrheiten die er versucht unters Volk zu bringen.

Das Umweltbundesamt hat Herr Michael Miersch auch bereits seine Unfähigkeit bescheinigt und Herr Michael Miersch wg. der Verbreitung von Falschinformationen entlarvt.

Herr Michael Miersch hat das dann gerichtlich überprüfen lassen, nur ist Herr Michael Miersch da auch runter gefallen.

Die Klage gegen das Umweltbundesamt ist gescheitert.

http://shuu.de/tNc

http://shuu.de/tBr

Mit der Klage auf Unterlassung scheiterten die Autoren vor dem Verwaltungsgericht Halle. Die Äußerungen in der Broschüre, so Gerichtspräsident Volker Albrecht, „sind sachlich, nicht verfälschend und nicht zu beanstanden“.

Das Umweltbundesamt sei berechtigt Äußerungen von sich zu geben. Zur Aufgabe der Behörde gehöre geradezu, die Öffentlichkeit über Umweltfragen zu informieren.

Das geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle hervor (Aktenzeichen: 1 A 304/13 HAL).


Auch beim der Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Magdeburg „3 L 44/16“ ist Herr Michael Miersch gescheitert.

Herr Hand Meier,
wenn Sie auf Berichte verweisen sollten zumindest die Verfasser eine „weiße Weste“ haben und nicht durch falschen Aussagen in der Vergangenheit aufgefallen sein.

MfG

Gravatar: Udo Stemmer

Herr Dr. Klaus-Dieter Humpich,

alles etwas theoretisch was Sie da erzählen.

In der Praxis und in der Realität sieht das aber etwas anders aus.

Sie schreiben z.B.
„Wie Simulationen für den japanischen Monju-Reaktor zeigen“

Nur ist der Monju-Reaktor eine einzige Katastrophe gewesen.
Baubeginn war im Jahr 1985, die Inbetriebnahme erfolgte im Herbst 1994.
Bereits nach ca. einem Jahr war der Reaktor wieder außer Betrieb, Dezember 1995.

Auch im Ruhezustand verschlang der Reaktor jährlich Betriebskosten in Höhe von 20 Milliarden Yen.

In September 2016 entschied die japanische Regierung, den Reaktor zurückzubauen.
Laut Regierungsangaben hätte eine weitere Inbetriebhaltung bis zu fünf Milliarden Euro gekostet.

Es hat sich ausgebrütet mit dem Monju-Reaktor.

http://www.handelsblatt.com/my/unternehmen/energie/atomkraftwerk-monju-in-japan-es-hat-sich-ausgebruetet/19164530.html?ticket=ST-357882-5OIEUrKYneQVzEsfpONR-ap2


Auch die Strommengen die der Reaktor über 20 Jahre ans Netz abgegeben hat ist eine Sternstunde der Kernkraft und sucht seines gleichen.

https://www.iaea.org/PRIS/CountryStatistics/ReactorDetails.aspx?current=357


Herr Dr. Klaus-Dieter Humpich,
wenn Sie sich auf einen Reaktor beziehen dann nicht auf einen „Rohrkreppierer“.

#

Auch diese Aussage ist etwas seltsam:

„einen Betrieb von 20 Jahren eine Reduktion der effektiven Halbwertszeit langlebiger Spaltprodukte von über 100.000 Jahren auf rund 100 Jahre erzielt werden.“

Da reden wir über eine Verkürzung der Halbwertszeit 1000 auf 1, das sind dann doch so leichte zweifel angebracht.

Ich dachte immer das
238U ca. 4.500.000.000 Jahre hat als Halbwertszeit
und
235U ca. 704.000.000 Jahre.
u.s.w.

Wo kommen jetzt die 100.000 Jahren Halbwertszeit und die Ecke geschossen ?


MfG

Gravatar: Hans-Peter Klein

Der Artikel wirft m. E. mehr Fragen auf, wie er Antworten bietet.

Als Kernenergie-Laie erkenne ich nicht die eigentliche Lösung der Atom-Müll-Problematik, weder rein technisch, noch wirtschaftlich, noch aus Gründen des vorbeugenden Umweltzschutzes, noch ethisch.

Spontan ergeben sich mir folgende Fragen:

1. Warum derart aufwendig Wasser zu Wasserdampf erhitzen, der Turbinen antreibt, die Generatoren antreiben, die Wechselstrom ins Netz einspeisen?
(Der Wirkungsgrad ist immer <1, während z.B. Wasser-Wasser-Wärmepumpen bereits Leistungszahlen von > 5 erreichen).

2. Wie bilden sich sämtliche zukünftig anfallenden Kosten in den heutigen Marktpreisen wider?

3. Sie heben selbst mehrfach den "sehr hohen Aufwand" hervor. Das heisst stets Wirkungsgradverluste und damit Verschlechterungen der Wirtschaftlichkeit.
Wer soll das bezahlen?

4. Wie sieht eine "dauerhafte Abschirmung" aus, damit "harmlose" ionisierende Strahlung dauerhaft Nicht als Zukunftshypothek in den Nahrungskreislauf, die Atemluft gelangen kann ?

5. Ihre "Verlockungen" beruhen auf Simulationen. Warum glauben Sie diesen Simulationen ?
Den Simulationen (Modellen) der Klimaforschergemeinde begegnet man hier doch mit aller grösster Skepsis.
Was wären die grössten anzunehmenden Unfälle, wenn die jeweiligen Simulationen nicht der Realität entsprechen?

MfG, HPK

Gravatar: Hand Meier

Danke für den Artikel.
Ich finde es peinlich, wie die deutschen Medien das was längst Realität ist beschweigen.
Es gibt gar keine „Atom-Müll-Problematik“ wenn man offen für sinnvolle Lösungen ist. Nur die ideologische Fixierung, ein „Problem haben zu wollen“ ist das idiotische, dummer Leute, denen diese Bockigkeit dieser Trotz anhaftet. Es geht selbstverständlich auch anders http://www.ingenieur.de/Fachbereiche/Kernenergie/BN-800-Groesster-Schneller-Brueter-speist-jetzt-Netz

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