Rechts und billig

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Dr. Motte, der kein Doktor ist, hat der Republik die Love-Parade geschenkt. Demonstriert wurde damals für monotone Musik, Freiheit, Gleichheit und sexuelle Unorientiertheit. Der Staat gewährte den Party-People die Privilegien einer politischen Demonstration, und Dr. Motte hat das alles vielleicht sogar selber geglaubt. Als er Jahre später aber als Falschparker notiert wurde, beleidigte er die Ordnungskräfte wenig liebevoll mit einem sarkastischen „Blockwart“ und „Heil Hitler“. Diesmal aber hatte er die Rechnung ohne das System gemacht, denn straflose Attacken gegen Polizeibeamte sind zwar längst üblich, aber dieses Grundgesetz gilt nicht bei der Verwendung eines rechtsradikalen Vokabulars. 15.000 Euro kostete deshalb den wohl über rechtsextremen Verdacht erhabenen Künstler sein Fehltritt. Er weiß nun das, was uns auch immer bewusster wird: Es gibt ein Recht und ein Recht gegen Rechts - und beides klafft immer weiter auseinander. Aber mit dem Verlust eines eindeutigen und unabhängigen Rechtsverständnisses geht nicht nur die Gerechtigkeit, sondern auch die Freiheit und damit das wichtigste Merkmal unseres Zusammen-Lebens flöten.

Tritt man gegen die Mainstreampositionen, besonders in der Frage des inzwischen nur scheinbar zweifelsfrei gerechten Kampfes gegen Rechts, kann es leicht passieren, dass man selbst in alternativen, der Pluralität verpflichteten Internetforen zensiert wird, sobald man zu differenzieren beginnt. Deshalb hier also ein vorausgeschicktes und hoffentlich respektiertes Statement: Konrad Kustos bekämpft und verachtet jede Form von politischer Radikalität, wobei der Rechtsradikalismus aufgrund seiner schrecklichen Vergangenheit und der niederen Instinkte, an die er auch heute noch appelliert, einen Spitzenplatz in der Ablehnungshierarchie hat.

Wenn es aber in der politischen Auseinandersetzung gar nicht wirklich um Rechtsradikalität geht, sondern letztlich um eine Kampagne gegen Pluralismus, Meinungsfreiheit und Freiheit schlechthin, ist jeder Demokrat aufgerufen, die Mechanismen der Unfreiheit zu entlarven und zu bekämpfen. Dies soll hier nun in kurzer Folge in drei Beiträgen geschehen, und sinnvollerweise fangen wir mit dem ersten Teil an: den Feinden der Freiheit, die sich als Menschenfreunde verkleiden, und ihren Methoden.

Es gibt inzwischen eine Häufung unzulässiger und erschreckender Einschränkungen der Bürgerrechte und der Meinungsfreiheit, deren Verursacher dies als Kampf gegen Rechts maskieren, aber stattdessen persönliche materielle oder psychologische Vorteile anstreben oder, fast noch schlimmer, einem naiven und gefährlichen Welterklärungsmodell anhängen oder sogar beides. Erinnern wir uns beispielsweise an den tiefen Fall der olympischen Ruderin Drygalla, deren Verbrechen darin bestand, mit einem ehemaligen NPD-Kandidaten befreundet zu sein, obwohl der sich inzwischen vom Rechtsextremismus distanziert hatte. Bei den Spielen in London wurde sie von Verbänden und Medien in Sippenhaft genommen und genötigt, mitten in den Wettkämpfen abzureisen. Damals gab es noch Widerstand gegen das Procedere seitens mancher Politiker und Medien, ob dies heute, drei Jahre später, noch der Fall wäre, ist zweifelhaft.

Wenn es um den Popanz „Rechtsradikalismus“ geht, verlieren bewährte rechtsstaatliche Mechanismen und institutionelle Verhaltensweisen plötzlich ihre Gültigkeit. Die Öffentlichkeit nimmt sich nicht nur heraus, Gesinnungsschnüffelei zu betreiben und die Privatsphäre des Individuums zu verletzen, sondern sie sonnen sich auch noch in ihrem politisch korrekten Tun. Dann wird Datenschutz plötzlich obsolet, und Verdächtigungen reichen aus, um Menschen zu diskreditieren und zu benachteiligen. Und das dann in diesem Falle noch über eine Sippen-Schuld, für die makabererweise ja gerade die Nazis die Vorlagen geliefert haben.

Das geht den Aktionären der Rechtschaffenheit leicht von der Hand. So fand die „Rechtsextremismus-Expertin“ Anetta Kahane, ihres Zeichens EX-IM der Staatssicherheit und hauptberufliche Vorsitzende der zwielichtigen Amadeu-Antonio-Stiftung, die Schuld Drygallas schon dadurch bewiesen, dass diese nicht ausdrücklich gesagt habe, dass „sie nationalsozialistische Ideologie ekelhaft finde“.

In der Folge dieser Vorgänge hatte das Bundesinnenministerium sogar erwogen, ein „Demokratiebekenntnis“ in seine sportlichen Förderrichtlinien aufzunehmen. Natürlich ist gegen ein Demokratiebekenntnis aus Sicht eines Demokraten nichts einzuwenden, solange dies nicht zu weitergehenden Kontrollen und Bespitzelungen führt. Inzwischen ist aber pikanterweise gerade dieses Demokratiebekenntnis für linke und linksradikale vom Staat geförderte Organisationen abgeschafft worden. Behalten wir dies einmal im Hinterkopf, wenn es später darum geht, was die Ziele und Interessen des Kampfes gegen Rechts betrifft, wie er derzeit geführt wird.

Drygalla ist ein Beispiel, aber es gibt beliebig viele. In England musste ein Ehepaar wegen der Mitgliedschaft in einer rechtsbürgerlichen Partei (UKIP, wohlgemerkt: rechtsbürgerlich oder in bekannt bewertender Journalistendiktion: rechtspopulistisch, aber nicht rechtsradikal oder rechtsextrem) seine Pflegekinder abgeben. Die (farbigen) Kinder seien nicht in einem „optimalen kulturellen Umfeld“ gewesen, argumentierte das Jugendamt. Die Vorurteile scheinen gerade bei Leuten zuhause zu sein, die anderen Vorurteile gegen Andersdenkende vorwerfen. Bezeichnend: Die Eltern waren vorher Mitglieder der Labour-Partei, und schon acht Wochen nach ihrem Übertritt zur UKIP, offenbar aufgrund eines „anonymen Hinweises“, wurden die Kinder aus ihrem Elternhaus geschafft - oder sollte man hier schon dem Thema angemessen „deportiert“ sagen?

Mit nachträglicher Unterstützung des Bundesgerichtshofes wurden dem ehemaligen NPD-Chef Udo Voigt die Bürgerrechte abgesprochen, als er in Bad Saarow in ein reserviertes Zimmer in einem Wellness-Hotel ziehen wollte. Höchstrichterlich wissen wir nun, dass „unliebsame Gäste“ grundsätzlich keinen Anspruch auf Beherbergung haben. Es sei schließlich möglich gewesen, so die Begründung, dass sich andere Gäste durch Voigts Anwesenheit hätten „provoziert fühlen“ können. Egal, wie man zu einem Udo Voigt steht, immerhin einem Mitglied einer nicht verbotenen Partei, die bisweilen auch in deutschen Parlamenten sitzt, kann man Menschen natürlich nicht wegen einer möglichen passiven „Provokationsausstrahlung“ diskriminieren, ohne letztlich Menschenrechte zu beugen. Mit seiner Begründung hat das Gericht einen Präzedenzfall geschaffen, der zu anderen Zeiten leicht auch gegen Schwule, Behinderte, Ausländer oder andere missliebige Minderheiten gewendet werden könnte. Ob Brandenburgs dann amtierender Ministerpräsident dieses Urteil ebenfalls als Ermutigung für Zivilcourage feiert?

Ebenfalls bis vor den Bundesgerichtshof zog die Deutsche Post, musste sich dort aber erklären lassen, dass sie doch tatsächlich eine Zustellungspflicht hat. Vorher hatte sie sich geweigert, eine NPD-Publikation an 200.000 Haushalte zu verteilen. Lesen will ich das Zeug auch nicht, aber bei mir gibt es Mülleimer. Auf keinen Fall möchte ich von der Post, einem Dienstleistungsunternehmen (!) gesagt bekommen, was ich zu lesen habe und was nicht. Wo kommen wir hin, oder besser: wo sind wir hingekommen, wenn einzelne, auch noch mehr oder weniger öffentliche Institutionen, sich herausnehmen, die Gesetzgebung außer Kraft zu setzen und steuerfinanzierte Dienstleistungen nach Gutsherrenart zu verweigern? Das ist nicht Recht, das ist billig!

Zur Ausprägung von solchem zweierlei Recht führt auch immer mehr das Mobbing durch Gruppen und Institutionen. Über den Boykott eines deutschen Musikpreises, des Echos, mit der Begründung, dass dort mit FreiWild eine heimatverbundene Rockgruppe auftreten wollte, und der darauffolgenden Eliminierung von Freiwild aus dem Wettbewerb, wurde hier ausführlich berichtet. Einem Bremer Pastor wurde ganz aktuell von seiner eigenen Kirche Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie, Antisemitismus und Rassismus vorgeworfen, weil der sich demonstrativ an das erste Gebot „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ und damit seinen protestantischen Christengott gebunden fühlte. Martenstein witzelte darüber: „Auch strenggläubige Christen gehören zu Deutschland.“

Man denke auch an die physischen und informellen Angriffe auf die rechtskonservative Wochenzeitung „Junge Freiheit“, die zwar unpopuläre Positionen vertritt, aber alles andere als rechtsradikal ist. Konservativ, rechts, nationalsozialistisch und faschistisch - alles was nicht links ist, wird derzeit zu einem indifferenten Brei, zum Feindbild „Rechts“ zusammengerührt und zum Abschuss freigegeben. Wo bleibt da der unter zivilisierten Menschen eigentlich übliche Versuch zu differenzieren und das eigene Weltbild mit sinnvollen Abstufungen zu schärfen? Wem soll der scharfe Gegensatz zwischen Toleranz für alle Gleichdenkenden und Außenseiter einerseits und Nulltoleranz für den Andersdenkenden in allen Abstufungen wirklich helfen, wenn nicht dem Profiteur aus solchen Scherenschnitten?

Da passt es irgendwie, wenn in Berlin mit Förderung durch die Integrationssenatorin und andere Institutionen (Zeit, DFB, BSR, Vattenfall, Verdi) jetzt eine „Nazi-App“ an den Start gegangen ist. Praktisch jeder kann hier nun ohne Chance auf Widerspruch oder Rechtfertigung von „Berlin gegen Nazis“ zum Rufmordkandidaten ernannt und den Autonomen zum Fraß vorgeworfen werden. Brandanschläge, Drohungen und gewalttätige Angriffe sind bekanntermaßen die Folge. Hier werden neben der Staatsautorität institutionelle Apparate für Anti-Rechte- oder Antirassismus-Milizen vorbereitet, die sich der demokratischen Kontrolle entziehen und sich schnell gegen jedermann umprogrammieren lassen. Und selbst wenn ein solches Volksverhetzungsnetzwerk in der Regel die Richtigen träfe, wo ist dann um der demokratischen Fairness willen die Gleichstellung durch eine ebenso geförderte Linksextremismus-App?

Man muss sich immer wieder vor Augen halten, was passiert, wenn die Glaubwürdigkeit von Staat und Justiz sowie die gesellschaftlichen Spielregeln erst einmal außer Kraft gesetzt wurden und plötzlich der Wind wirklich in eine rechte Gesinnung dreht. Wie soll der Rechtsstaat funktionieren, wenn man ihn nicht respektiert - auch wenn er Andersdenkende schützt, die man persönlich, womöglich auch aus guten Gründen, ablehnt? Wozu haben wir dann noch Gesetze und eine Strafverfolgung? Sind diese so undemokratisch, dass ein von sich überzeugter, aus Minderheiten rekrutierter Mob oder ein ebensolches Individuum die Sache selber in die Hand nehmen dürfte?

Unser Staat ist vielleicht problematisch, und seine Erosionserscheinungen wurden hier auch ausführlich angesprochen, aber er ist immer noch die einzige Wand, die zwischen uns und der Willkür steht. Wer dies nicht akzeptieren kann, muss sich gerade für den Problemkreis Rechtsradikalismus sagen lassen, dass er vorgibt, den Faschismus zu bekämpfen, aber handelt wie die SA.

Mehr von Konrad Kustos gibt es hier: chaosmitsystem.blogspot.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Joachim Datko

Auf Diffamierungen nicht eingehen!

- Diffamierung bekämpft man wohl am besten durch Ignorieren. Stellungnahmen sind meist kontraproduktiv und sollten falls notwenig, minimal sein. Gegenvorwürfe sind in der Regel effektiv und drehen im Idealfall die Rollen, aus dem Angreifer wird ein Verteidiger.

- Nach Möglichkeit nur die eigene Botschaft, entweder in identischer Form oder leicht abgewandelt bringen. Je prägnanter die eigene Botschaft ist, desto leichter ist sie von der Gegenseite merkbar.

Gravatar: Björn

Danke für den Artikel!

Gravatar: Hendrik

Danke für diesen Artikel!

Gravatar: Andreas Schneider

"Es gibt ein Recht und ein Recht gegen Rechts" - oje, Herr Kustos!

Die geeigneten Kreise unserer Republik werden wohl schon dieses Sätzchen als "rechts" einstufen... ;-)

Gravatar: Reiner Schöne

Um diesen Arikel zu kommentieren braucht man viel Platz. Zur Zeit in Deutschland links ins rutschen gekommen. Deutschland verstrickt sich immer mehr in links ideologische Fantasien. Die Linken haben Rechte bekommen, die nichts mehr mit Recht zu tun haben, sondern sie haben die Vormachtstellung bezogen, sie sitzen jetzt dort wo die Mehrheit der Deutschen sie nie wieder haben wollte aber sie haben es geschafft. Schlagen sie sich ständig auf das rechte Bein, nach einiger Zeit werden sie nur noch im Kreis laufen können. Der herrschende Nationalsozialismus in der DDR wird jetzt zum International Sozialismus in der Bundesrepublik, und ich bin überzeugt das der Letztere jetzt und heute noch um ein vielfaches Schlimmer wird als der bis 89 bestehende. Diese Stasi-Tante Anetta Kahane, die anscheinend voraus sah was kommen wird und 86 den Ausreiseantrag stellte, wird nun nur aus Grund des Antrages in den Himmel gehoben, andere die 74 schon einen stellten und alle Schrecken durch leben mußten, kämpfen inzwischen zum zweiten Mal um ihre Rechte und müssen alles noch einmal durchleben. Es fängt von vorn an, und wieder fallen diese Verbrecher auf die Füße.

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