PEGIDA will in der Landespolitik mitmischen

Es bleibt der Eindruck, dass Pegida professioneller wird, aber auch, dass ein toter Punkt erreicht ist. Doch wie geht das alles weiter? Montags Dresden, Mittwochs Leipzig und dazwischen Landeszentrale und kostenlose Konzerte für alles und jeden?

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Entgegen der Meldung am Montag auf MDR info, dass das islamkritische Bündnis Pegida in Dresden wieder „marschiert“ sei, hatten die Veranstalter lediglich zu einer Steh-Demonstration auf den Dresdner Theaterplatz eingeladen. Mit der Vorverlegung des montäglichen „Abendspazierganges“ hatte das Bündnis auf eine für Montag angekündigte Gegenveranstaltung mit Herbert Grönemeyer und anderen namhaften Künstlern auf dem Neumarkt reagiert. Man wolle es nicht zu Zusammenstößen von Gegnern und Befürwortern von Pegida kommen lassen, begründete Pegida-Sprecherin Oertel den Schritt. Spöttisch fügte sie an, man wünsche allen einen schönen Abend beim kostenlosen Grönemeyerkonzert.

Die bisherige Stellvertreterin von Pegida-Hauptinitiator Lutz Bachmann hat sich seit ihren ersten Auftritten deutlich gesteigert, was Ausdruck und Flüssigkeit ihrer Reden angeht. Mit keinem Wort ging sie auf die Umstände von Bachmanns Rücktritt von der Pegida-Spitze ein. Ausdrücklich bedankte sie sich noch einmal bei Frank Richter, dem Leiter der Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen. Der hatte am vergangenen Montag seine Räume zur Verfügung gestellt, damit Pegida aufgrund der Terrordrohung gegen Bachmann eine Pressekonferenz abhalten konnte, auf welcher der für vergangenen Montag angesetzte Demonstrationszug abgesagt wurde. Man habe auch sonst in der Stadt niemanden gefunden, der dem Bündnis kurzfristig einen Raum vermieten wollte. Oertel fügte an, dass der Besitzer eines Hotels, in dem im Dezember eine Zusammenkunft mit der sächsischen AfD-Fraktion stattfand, sich im Nachhinein davon in der Öffentlichkeit distanziert habe. Auch wies sie den Eindruck zurück, dass die sächsische AfD-Fraktion, und da insbesondere AfD-Frontfrau Frauke Petry, die Pegida-Spitze beim Bachmann-Rücktritt medial beraten habe. Das wäre definitiv nicht so gewesen. Man sei und bleibe überparteilich.

Dennoch bleibt der Eindruck, dass Pegida professioneller wird. Darauf deutet die inhaltliche Hinwendung zur Landespolitik. So wurde am Sonntag lautstark der Widerstand gegen die in Sachsen geplante Polizeireform 2020 angekündigt. Die sieht vor, die Zahl der Polizisten schrittweise zu verringern, indem keine jüngeren Polzisten mehr eingestellt würden. Die Staatsregierung begründet das mit der sinkenden Einwohnerzahl. Weniger Einwohner bräuchten weniger Polizisten, so die Argumentation der Staatsregierung. Gleichzeitig rede der Ministerpräsident aber von nötiger Zuwanderung, sagte Oertel. Dass diese Politik nicht aufgehe, liege auf der Hand. Deshalb wolle man ein Volksbegehren zu dieser Polizeireform anschieben. Dass die Sympathien vieler Polizisten mehr oder weniger verdeckt bei den Pegida-Demonstranten liegen dürften, wurde wieder anhand von Beobachtungen am Rande der Veranstaltung sichtbar. Ein Runing Gag auf Facebook ist der Mannschaftswagen mit der Deutschlandflagge auf dem Armaturenbrett. Auch am Sonntag wurde er wieder gesichtet. Diesmal war auch zu hören, wie Polizisten zu Demonstranten freundlich „Tschüss“ sagten und man sich gegenseitig einen schönen Heimweg wünschte. Die Zahl der Demonstranten wurde mit amtlichen 17 000 angegeben. Nach Augenschein muss man aber festhalten, dass deutlich mehr da waren als beim „Weihnachtsliedersingen“ am 22. Dezember 2014, wo von 18 500 die Rede war. Schätzungen, wonach es am Sonntag um die 20 000 Teilnehmer gewesen sein sollen, sind daher nicht abwegig. Die Zahl der Gegendemonstranten wurde mit 5000 angegeben, was ebenfalls fraglich ist. Anders als in Leipzig gelang es selbst hier Pegida-Anhängern durch die Menge der größtenteil schwarz gekleideten Jugendlichen zu kommen. Allerdings nicht ohne Beschimpfungen wie „Nazis, haut ab“ und dergleichen. Am Ende wurde es dann doch fast noch eine kleine Demonstration. Da viele ihre Autos in der Nähe der Dresdner Eislöwen-Arena abgestellt hatten, wälzte sich ein breiter Strom von Menschen am Sächsischen Landtag vorbei in Richtung Ostragehege. Viele entfalteten ihre Transparente oder ließen die Fahnen während des Weges dorthin nochmal flattern.

Kurz nach der Veranstaltung setzte in einigen Medien bereits der Abgesang auf Pegida ein. Obwohl das durch die Menge der Teilnehmer am Sonntag nicht gedeckt ist, bleibt der Eindruck, dass Pegida einen toten Punkt erreicht hat. Als Nächstes steht wieder Leipzig auf der Tagesordnung. Mit den Organisatoren dort, habe man sich zusammengesetzt und verständigt. Leipzig und Dresden laufen in Zukunft Schulter an Schulter, hatte Kathrin Oertel unter dem Jubel der Massen verkündet. Noch in der Woche war von einer Unterlassungsklage der Dresdner gegen die Leipziger die Rede gewesen, weil diese ein Sechs-Punkte-Programm der Dresdner nicht unterschrieben hätten. Man habe ich sich verständigt. Doch wie geht das alles weiter? Montags Dresden, Mittwochs Leipzig und dazwischen Landeszentrale und kostenlose Konzerte für alles und jeden? Dass die Dresdner diesen Zirkus inzwischen mit Humor nehmen, zeigte eine Frau auf der Pegida-Demo am Sonntag. Sie trug ein Plakat auf dem stand, dass sie sich als nächstes die Rolling Stones für ein Gratiskonzert gegen Pegida wünsche.

Zuerst erschienen auf castorfiberalbicus.wordpress.com

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