Paris und die Folgen: Trauer & Angst oder Hoffung & Mut

Die Anschläge von Paris sind in vielerlei Hinsicht bedrohlich. Sie dürfen aber kein Grund sein, bestimmte Prinzipien oder gar den Glauben aufzugeben. Realismus tut Not, aber unser Ziel muss es sein und bleiben, Menschen zu Christus zu führen

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Einen Text damit zu beginnen, was er nicht enthalten wird, ist selten stilistisch schön, manchmal aber notwendig. Daher ein paar Kleinigkeiten vorweg: Es wird nicht um Flüchtlingspolitik gehen, obwohl man nach den Terrorattacken von Paris sicher darüber nachdenken muss, ob es tatsächlich der Weisheit letzter Schluss sein kann, festzustellen, Grenzen ließen sich schlicht nicht sichern. Es wird auch nicht um Islamismus oder Islamkritik gehen, auch wenn man – jenseits von Pauschalierungen – feststellen muss, dass der Islam, mehr als die anderen Weltreligionen, ein Gewaltproblem hat, vor dem die westliche Welt mindestens so wenig die Augen verschließen kann wie offizielle Vertreter dieser Religion. Es wird auch nicht – oder nur sehr indirekt – um innere Sicherheit gehen, auch wenn mich die Befürchtung beschleicht, dass einzelne Regierungen jetzt noch mehr als früher die Sicherheit auf Kosten der Freiheit steigern wollen, und das man von vielen in diesem Thema nicht viel Gegenwehr erwarten kann.

Es geht, der Titel des Beitrags sagt es, um Trauer und um Angst. Um die Opfer solcher terroristischer Anschläge kann man und darf man trauern. Als Menschen sind wir mit Mitgefühl ausgestattet, und es ist gut, wenn die Bilder nicht einfach so an uns vorbei gehen. Die Welt trauert um die Opfer der Anschläge, und die Bearbeitung der Trauer, ob für Opfer, Nahestehende oder nur entfernte Beobachter ist notwendig. Man kann nebenbei auch um die Situation trauern: Nichts wird mehr so sein wie früher, war ein geflügeltes Wort direkt nach den Anschlägen, und man kann einer alten Welt nachtrauern, die unterzugehen droht. Eine Welt in der man annehmen dufte, dass bestimmte Grundsätze Bestand haben wie Mitgefühl, Rücksicht, auch Toleranz, selbst wenn diesen Begriff jeder ganz anders interpretieren mag. Eine Welt jedenfalls, in der man mit Morden und kriegerischen Handlungen in europäischen Hauptstädten nicht rechnen musste. Manche schreiben, die Attentate von Paris seien absehbar gewesen, es sei nur eine Frage der Zeit gewesen – ich mag mich dem nicht anschließen, auch wenn mich das in den Augen einiger Menschen als naiv dastehen lassen sollte. Ich glaube an die Schöpfung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes und trauere darum, dass so viele Menschen diese Ebenbildlichkeit derart mit Füßen treten. Gewöhnen kann ich mich daran jedenfalls nicht.

Dass Terroristen mit solchen Anschlägen Angst verbreiten wollen ist wohl unstreitig. Niemand soll sich sicher fühlen dürfen, und sie sind erfolgreich mit dieser Strategie: Die meisten Menschen werden heute Morgen an den Bahnhöfen im Gedränge ein anderes Gefühl gehabt haben als noch am Freitag. Die Angst vor dem Terror setzt sich also – mal mehr mal weniger bemerkt – in unseren Köpfen fest, ob wir es wollen oder nicht. Dazu kommt die Angst vor den weiteren Zielen der Terroristen und den Konsequenzen der Anschläge: Wie entwickelt sich unser Land weiter, wenn wir zunehmend Menschen muslimischen Glaubens als Mitbürger haben? Wer hat Recht, diejenigen, die den Islam als Religion des Friedens sehen oder diejenigen, die den Koran als Beweis und als Grundlage für Gewaltakte oder die Scharia betrachten? Wie entwickelt sich unser Land aber auch weiter, wenn man sich gegen die Gefahren des Terrors wappnen will? Werden unsere Kinder noch so unbeschwert frei sein können, wie wir das im Prinzip erlebt haben? Der Terror richtet sich – das haben viele Meinungsführer kommentiert – gegen unseren Lebensstil von Freiheit und Toleranz, und sie könnten in gewisser Weise siegreich sein, wenn man Sicherheit auf Kosten der Freiheit zu erreichen versucht. Und zuletzt: Muss einen möglicherweise Angst befallen, wenn man seinen christlichen Glauben lebt? Wird man dadurch nicht auch Ziel der islamistischen Terroristen – ist nicht eher Vorsicht geboten?

„Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden!“ sagt Jesus in der Bergpredigt, und wir dürfen ihn wörtlich nehmen. „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können.“ sagt er zu seinen Jüngern über die Konsequenzen der Mission. So mancher interpretiert das als Verbot: Man dürfe als wahrer Christ gar nicht trauern, weil das bedeute, trotz Christus und seiner Erlösung verzweifelt zu sein. Und man dürfe auch keine Angst haben, weil es trotz des Beispiels Christi und vieler christlicher Märtyrer kleinmütig sei, sich vor Bedrohungen zurück zu ziehen. Das ist aber ein Unterschied: Trauer und Hoffnung schließen sich nicht aus, genau so wenig wie Angst und Mut; wenn man so will kommt es nur auf die Ausprägung an. Für einen Christen ist Verzweiflung kein Weg, Kleinmütigkeit auch nicht. Solche Einstellungen stehen dem Auftrag des Christen zur Verkündigung und zum Zeugnis entgegen. Trauer allerdings ist ein zutiefst menschliches Gefühl und dem Menschen gemäß, wenn sie nicht in Hoffnungslosigkeit mündet. Angst ist ein menschliches Gefühl vor unbekannten Bedrohungen, vor Situationen, deren Konsequenzen man nicht einschätzen kann. Sie bewahrt einen vor Unvorsichtigkeit, kann in intelligendes Handeln münden, statt sich einfach in jedes gefährliche Abenteuer zu stürzen.

Angsichts der Terrorakte in Paris, angesichts der Grausamkeit der Taten der Attentäter, angesichts der Toten und Verletzten, angesichts der Bedrohungslage, angesichts all dessen ist Trauer und Angst ein durchaus legitimes Gefühl. Als Christen sind wir aber dazu aufgefordert, ein Zeugnis zu geben, dass wir hier nicht stehen bleiben dürfen. Realismus tut Not – wir sind alle nicht außerhalb der Reichweite potenzieller und entschlossener Terroristen. Aber wir haben ein anderes Ziel, als Terror zu verhindern. Unser Ziel muss es sein und bleiben, Menschen zu Christus zu führen – da sind derartige Bedrohungen eine Rahmenbedingung, die es zu berücksichtigen gilt, die man auch bekämpfen oder zumindest eindämmen sollte, die uns aber nicht in Verzweiflung und Kleinmut stürzen dürfen – es klingt theatralisch und ist dennoch wahr: Das sind wir den Opfern von Paris und von Terrorakten weltweit schuldig!

Über Flüchtlingspolitik, Islamismus und innere Sicherheit wird zu reden sein und wird bereits jetzt an vielen Stellen gesprochen. In diesem Beitrag ging es bewusst im Kern nicht darum – der Horizont eines Christen muss über diese Themen hinausgehen.

Zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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