Mit der Firmung geht das auch

Es muß etwas passieren. Wir müssen raus aus der Sakramentenspendung mit der Gießkanne. Das gilt für die Firmung ebenso wie für die Erstkommunion und die Taufe, aber auch für die Ehe. Erst dann können wir Türen für ungläubige aber interessierte Menschen wirklich öffnen.

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Vielleicht ist es eine steile These, die ich in der Überschrift mal eben aufgestellt habe, doch ich bin mir dessen ziemlich sicher.

Über die Entkopplung und Entstressung der Erstkommunion in einer Pfarrei in Münster hatte ich gestern schon geschrieben. Wenn erste Erfahrungswerte vorliegen, d.h. nach Pfingsten wird es noch mal einen Bericht dazu geben.

Es ist gut zehn Jahre her, daß ich meine Mitarbeit in der Firmpastoral eingestellt habe. Die Sinnlosigkeit des Tuns auf der einen Seite und feste Überzeugung, daß es in dieser Sinnlosigkeit einfach nicht weiter gehen darf, war der Hauptgrund dafür. Nach einer fast 10monatigen Firmvorbereitung konnte ich feststellen, daß sich ein kleiner Teil der Jugendlichen gerade erst anfing, sich für die Kirche, den Glauben und daraus resultierende Fragen für ihr Leben zu interessieren und ins Nachdenken kam. Ungefähr 90% der Firmbewerber hatte den Mist einfach abgesessen und war froh, endlich fertig zu sein. Ich selber übrigens auch. Dabei waren wir ein tolles Team und es wäre gelogen zu sagen, daß die Zeit nicht enorm viel Spaß gemacht hätte. Gerade die Katechesen, selbst die, wo ich nur frontal Wissen vermittelt hatte, waren echt gut gelaufen. Für Minuten, manchmal nur für Sekunden gelang es, Interesse zu wecken und Nachdenken anzuregen. Am Ende saßen über 100 junge Menschen in der Kirche, holten sich die Firmung ab und waren danach auf immer verschwunden.

Sakramentenspendung an Ungläubige, sagte mir der damalige Weihbischof und heute Bischof von Speyer, sei wirklich ein Problem, mit dem man sich befassen müsse. Ich antwortete ihm damals, daß es wohl einer neuen Art Arkandisziplin brauche, um Interesse neu zu wecken. Das scheinbar Verborgene, das möglicherweise Geheime locke doch mehr, als wenn eh klar ist, daß man das jetzt absitzt, aussitzt und dann abhakt.

Wir prügeln hier vor Ort immer noch Jahr für Jahr rund hundert Jugendliche durch eine immer schlechter werdende Firmvorbereitung, die dennoch Jahr für Jahr 90% der Firmbewerber hoffnungslos überfordert. Folge: Frust an allen Enden. Denn eines kommt noch hinzu: Man einem Firmkurs ungefähr eine gaus’sche Glocke: 1-3, die megainteressiert gerne noch viel, viel mehr wollen; 1-3, die man mit nichts locken kann; der Rest verteilt sich glockenförmig über “ein bißchen Interesse”, “mittelmäßiges Interesse”, “etwas mehr Interesse”. Gefrustet sind sie alle, weil man keinem gerecht wird.


Es muß etwas passieren. Wir müssen raus aus der Sakramentenspendung mit der Gießkanne. Das gilt für die Firmung ebenso wie für die Erstkommunion und die Taufe, aber auch für die Ehe. Erst dann können wir Türen für ungläubige aber interessierte Menschen wirklich öffnen.

Vor allem aber braucht es eines: Zeit! Mehr Zeit! Firmlinge werden heute in der Regel in knapp drei Monaten durch ein Sparprogramm gejagt (Ausnahmen bestätigen die Regel), für die Firmfeier noch etwas gebrieft, abgefirmt und verabschiedet. Zur Hochzeit sieht man sie dann vielleicht wieder.

Es sollte möglich sein, für Jugendliche eine Begegnung mit der Kirche zu ermöglichen, die ihnen dann eben noch kein Sakrament zumutet. Die Arkandisziplin der frühen Kirche bezog sich auf ungetaufte Gläubige. Wir haben es heute – nicht nur in der Firmvorbereitung – mit getauften Ungläubigen zu tun. Dennoch ist das Interesse aus ganz unterschiedlichen Gründen groß, nochmal “irgendwas mit Kirche” zu machen.

Sollte man diese Chance nicht besser nutzen? Sollte man nicht besser auf die Interessen und Fragen der Jugendlichen eingehen?  Indem man zunächst einmal auf das Sakrament der Firmung verzichtet und den Jugendlichen einen Kurs zu Beschäftigung mit ihren Lebensfragen anbietet, der tatsächlich dann in einer Abschlußfeier mit einem persönlichen Segen endet, könnte man auch Interesse wecken, im Glauben noch mal etwas tiefer zu wühlen. Nicht bei allen, auch nicht bei vielen, machen wir uns da keine Illusionen, doch bei einigen. Und diesen könnten wir dann wirklich besser gerecht werden.

In einer zweiten Stufe könnte man dann all die Jugendlichen, die sich für den Empfang des Firmsakramentes entscheiden, wirklich katechetisch und auch geistlich – u.a. durch gemeinsamen regelmäßigen Besuch der Hl. Messe am Sonntag, Hinführung zum persönlichen Gebet und zur Beichte – angemessen vorbereiten.

Ich glaube, es steckt viel Potential darin, erst einmal andere Türen zu öffnen. Es könnte ein gangbarer Weg sein, eine neue Form der Arkandisziplin zu entwickeln, die eben auf getaufte Ungläubige zugeschnitten ist und ihnen gerecht wird.

Zuerst erschienen auf katholon.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Sophie B.

Sehr geehrter Herr Winnemöller,

recht haben Sie, getaufte Ungläubige sind das Problem. Und diese sind nicht nur bei den Laien zu finden. Sehen Sie sich doch mal die Bischöfe und Weihbischöfe etwas genauer an, der weitaus meisten dieser Herren in Deutschland tragen ihren Hemdkragen auf die "dämliche" Weise, d.h. sie lassen die Hemdkragenspitzen aus dem Pulli herausragen. Erst hat mich diese weibliche Trageweise irritiert, bis mir klar wurde, dass damit das protestantische Beffchen imitiert wird. Diese an Vampirzähne erinnernde weißen Kragenspitzen sind nicht nur albern, sie zeigen auch wes Geistes Kind der Träger ist. Für einen Protestanten haben die meisten der von Ihnen genannten Sakramente keine Bedeutung. Vielleicht sind die Jugendlichen ja schlauer als die Erwachsenen und merken den Fake, dass sie mit einer Show hinters Licht geführt werden sollen. Bei einem echten katholischen Bischof und Priester ist die Katechese keineswegs verplemperte Zeit, aber hier komme ich schon in den Bereich der Arkandisziplin..........

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