Meinungsfreiheit am Pranger: Stasi und Gestapo als medialer Zeitgeist

Die Bild-Zeitung prangert Einträge FB-Nutzern als “Hetze gegen Flüchtlinge” an. Aber insgesamt scheint für sie wohl eher das Anprangern von Andersdenkenden im Vordergrund zu stehen als der Hinweis auf rechtswidrige Äußerungen. Die politische Kultur geht den Bach runter.

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Das Spiel mit der Provokation gehört zum journalistischen Selbstverständnis der Bild-Zeitung. Seit jeher tut die Redaktion alles, um zu polarisieren, zu spalten und Skandale zu kreieren. Kein Thema ist ihr heikel genug, kein Schicksal persönlich genug und kein Leid beklemmend genug, um es nicht für die eigene Auflage auszuschlachten. Wie viel Wahrheit in einer Meldung steckt, ist dabei offenbar ebenso zweitrangig wie die Frage, wer auf der Strecke bleibt, damit der Springer-Konzern möglichst viele Käufer für seine Postille findet. Immer wieder müssen sich alle möglichen Gremien und auch die Justiz mit den Artikeln der Zeitung beschäftigen. Das gehört längst zum Ritual der Bild-Berichterstattung. Doch nun hat die Redaktion ein neues Kapitel aufgeschlagen und nicht nur Grenzen des guten Geschmacks überschritten, sondern möglicherweise Rechtsbrüche begangen, die nicht mit einer verschämten Gegendarstellung im Kleingedruckten gutzumachen sind. Am Dienstag veröffentlichte man die Äußerungen von rund 40 Facebook-Nutzern zur Zuwanderungskrise. In der Print- und Onlineausgabe wurden dabei die Original-Statements samt des vom jeweiligen Nutzer in Facebook hinterlegten Fotos und dessen dort verwendeten Namens abgedruckt. Ein Reporter-“Besuch” folgte tags darauf.

Martialisch brüstete sich BILD damit, einen Pranger gegen Hetze geschaffen zu haben, im Zuge dessen bereits nach kürzester Zeit Strafanzeigen gegen die öffentlich vorgeführten Personen erfolgt seien. Doch die Redaktion, die offenbar billigend in Kauf nimmt, rechtskräftig verurteilt zu werden, solange die Auflage stimmt, dürfte sich nun auch selbst einer Flut von Anzeigen gegenübersehen. Als “in weiten Teilen rechtswidrig” bewertete etwa der renommierte Medien- und Presserechtsanwalt Joachim Steinhöfel den Facebook-Pranger der Bild-Zeitung. Völlig undifferenziert bezeichnete BILD die Einträge der etwa vierzig angeprangerten Personen als “Hetze gegen Flüchtlinge”. Und tatsächlich dürften viele der veröffentlichten Facebook-Posts strafrechtlich relevant sein. Auf etwa ein Drittel der an den Pranger gestellten Personen trifft dies nach Steinhöfels Einschätzung allerdings nicht zu. Insgesamt scheint für die Bild-Zeitung wohl eher das Anprangern von Andersdenkenden im Vordergrund zu stehen als der Hinweis auf rechtswidrige Äußerungen. Exemplarisch steht dafür die zwar orthografisch alles andere als gekonnte, aber keinesfalls strafbare Feststellung eine Facebook-Nutzers: “Auf Wiedersehen es wird Zeit für eine verabschiedungskultur ich mag se nicht ich will se nicht ich brauch se nicht”.

Es gibt gute Gründe, warum unserer Rechtsstaat nicht nur Opfer, sondern auch Beschuldigte schützt. Gerade ein Land mit der Vergangenheit Deutschlands, das ansonsten hochsensibel auf alles reagiert, was an den Nationalsozialismus erinnert, sollte die grundgesetzlich verbriefte Unschuldsvermutung ebenso verteidigen wie den Grundsatz, die Identität Beschuldigter nicht öffentlich zu machen. So, wie der Pressekodex immer dann akribische Anwendung findet, wenn Straftaten von Ausländern begangen werden, gilt er auch für jeden, der sich möglicherweise gegenüber Ausländern strafbar gemacht hat. Es ist anmaßend, dass sich die Bild-Zeitung zum obersten Hüter von Anstand und Moral aufspielt. Und es entbehrt nicht einer traurig-bitteren Komik, dass ausgerechnet das Springer-Blatt sich in dieser Rolle gefällt. Der in subtilerer Form bereits von anderen Redaktionen aufgestellte Pranger markiert jedenfalls eine Zeitenwende in der deutschen Presseberichterstattung. Er ist das direkte Ergebnis einer politischen Kultur, in der selbst der Bundesjustizminister nach Gutdünken den Rechtsstaat außer Kraft setzt, indem er festlegt, welche öffentlichen Meinungsäußerungen er für statthaft hält und welche nicht. Zweimal hat es dies im Deutschland des 20. Jahrhunderts gegeben. Die Folgen sind bekannt.

Zuerst ersschienen auf meinungsfreiheit24.wordpress.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: MAX

Diese " BLÖD-ZEITUNG " der SPRINGER-MAFIA
wird nur noch von verdummten Deutschen gelesen.
Wir werden dann über unseren GEZ-Zwangsbeitrag
auch noch diese " Qualitätsmedien " finanzieren.
Ein Grund für die Beitragserhöhung wird sich immer
finden lassen.

Gravatar: Alfred

Die Bild-Zeitung ist ein Mix aus "Völkischem Beobachter" und Porno-Blatt.
Gedruckt für Kleingeister, die die meiste Zeit auf ihrem Hirn sitzen und denen man mühelos die Blödsinnigkeiten von Brüssel und BRD kritiklos vermitteln kann.
Es erübrigt sich deshalb jede Diskussion, solange genügend Deppen vorhanden sind. Bild weiß das, leider!

Gravatar: siggi

Diese Eskalation im Meinungsspektrum zeigt auf, wie hart die Regierung an der Wand steht. Da passt kein Blatt mehr dazwischen, sie haben versagt, werden weggemacht. Entweder sie gehen wie Honecker von allein, oder das Volk wird es besorgen. Das hier ist das letzte Aufbäumen vor dem Abgrund. 7. November eilt mit großen Schritten heran. Es lebe dann das wirklich freie Deutschland der Selbstbestimmung. Volk erheb dich!

Gravatar: Karin Weber

Einer meiner Söhne hatte zur Wendezeit gerade studiert. Damals wurden die Studenten von der Hochschule gewarnt, dass wer an den Demos in Dresden und/oder Leipzig teilnimmt, sofort exmatrikuliert wird.

Heute ist es wieder genauso schlimm, wie 1989 unter der SED-Diktatur. Auch heute müssen Andersdenkende, die nur Gebrauch von ihren Rechten machen, wieder um ihre Existenz und Gesundheit .... und im Falle des vom linken Terror zerstörten Autos von Frau v. Storch, sogar um ihr Leben fürchten.

Schämen sich diese #Anständigen eigentlich nicht? Den SED-Stasi-Staat haben sie verteufelt und heute sind sie keinen Deut besser!

Das wird schiefgehen. Auf Dauer wird sich ein System mit Drohung, Hetze, Manipulation und Gewalt nicht halten können.

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