Mehr Transparenz – bei der Politik oder den Bürgern?

Das Wort „Transparenz“ wird in Österreich oft missbraucht. Die wird nämlich statt von den Regierungen von den Bürgern verlangt! Diese sollen mit allem, was sie tun, gegenüber den Behörden, vor allem den Steuerbehörden noch transparenter bloßgestellt werden, als sie es ohnedies schon sind! Nun will auch die EU-Kommission alle europäischen Steuerpflichtigen noch intensiver der Transparenz aussetzen.

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Mehr Transparenz ist gut und notwendig. Davon sind alle überzeugt. Daher hat kaum jemand mitbekommen, dass dieser Begriff in jüngster Zeit von der österreichischen und EU-Politik sowie ihren Spin-Doktoren raffiniert ins Gegenteil uminterpretiert worden ist. Verbales Hijacking gewissermaßen. Heimlich und geschickt, aber dennoch ungeheuerlich.

Der kleine, aber entscheidende Unterschied liegt nämlich in der Frage: Wer oder was soll eigentlich transparenter werden? Die Obrigkeit oder die Untertanen?

Der Kampf gegen die Korruption

Bisher war es völlig klar gewesen: Es geht um die Obrigkeit. Es braucht viel mehr Transparenz bei den Regierungen, bei all ihren Verwaltungsbehörden und Ämtern. Es geht darum, wie mit unserem Steuergeld umgegangen wird, ob Politiker Privilegien haben und missbrauchen, ob Verwaltung oder Politik irgendjemanden bewusst bevorzugen. Es geht mit einem Wort um einen effizienteren Kampf gegen die Korruption.

Denn Machtmissbrauch ist immer eine große Versuchung, sobald jemand Macht in der Hand hat. Selbst wenn Machtträger anfangs edel und uneigennützig motiviert gewesen sein sollten. Das hat man bei vielen Herrschern der Feudalzeit gesehen. Das hat man bei jedem Diktator gesehen. Machtmissbrauch ist bei jeder Partei passiert, gleichgültig ob links oder rechts, auch wenn nicht jeder Politiker selbst korrupt ist. Aber die Versuchung, Macht zu missbrauchen, ist immer gewaltig. Je mehr Macht, umso mehr Missbrauchsgefahr. Das gilt auch für Verwaltungsbeamte, Richter und Polizisten.

Gegen Korruption helfen nur drei Strategien, die gemeinsam und gleichzeitig angewandt werden sollten:

     

  1. Direkte Demokratie, also ein System, wo nicht mehr einzelne Personen, Parteien oder Gremien, sondern die Bürger die oberste Macht haben;
  2. Möglichst schlanke Staaten – das heißt kleine Verwaltungen, und Rückzug des Staates aus allen wirtschaftlichen Aktivitäten;
  3. Transparenz, also die absolute Öffentlichkeit jedes einzelnen Verwaltungsaktes, jeder politischen Entscheidung.
  4.  

Es ist kein Zufall, dass die weltweit wichtigste Antikorruptions-Bewegung „Transparency International“ heißt. Auch bei jedem ernsthaften Versuch, die Lage der Dritten Welt wirklich zu verbessern, steht das Verlangen nach „mehr Transparenz“ an alleroberster Stelle. Nur mit Transparenz können die zahllosen Bestechungen und Missbräuche abgestellt werden, die viele Drittweltländer immer wieder zurückwerfen.

Gegenstrategien der Macht

Die Machthaber erkennen natürlich die Bedrohung ihrer Lage durch mehr Transparenz. Sie haben daher geschickt Gegenwaffen aufgestellt.

Seit Generationen wirksam ist die Waffe Nepotismus, also die Besetzung möglichst vieler Funktionen mit Verwandten und persönlichen Freunden, die jede Korruption vertuschen.

Genauso effizient – und weniger anrüchig als Nepotismus – ist die gesetzliche Pflicht zur Amtsverschwiegenheit. Wenn alle an Politik und Verwaltung Beteiligten alle Vorgänge als Amtsgeheimnis zu behandeln und zu hüten haben, dann ist die Gefahr, dass Korruption auffliegt, relativ gering.

Da aber das Amtsgeheimnis langsam als böser Trick der Macht entlarvt wird, versucht die österreichische Politik jetzt einen raffinierten Dreh: Der Schutz des Amtsgeheimnisses wird zwar abgeschafft und Transparenz versprochen. Aber gleichzeitig wird diese neue Transparenz durch Einzelbestimmungen so eingeschränkt, dass sich praktisch nichts ändert.

Dazu benutzt man vor allem ein Wort, das ähnlich populär  klingt wie Transparenz, nämlich „Datenschutz“. Da letztlich sämtliche Informationen und Fakten auch „Daten“ sind, da heute praktisch alle Vorgänge auf irgendwelchen Computern festgehalten sind, ist auf Grund des Datenschutzes letztlich wieder alles geheim zu halten. Und weiterhin wird keine Korruption, kein Missbrauch, keine Schlamperei, keine Bereicherung, keine Schiebung an die Öffentlichkeit dringen.

Das ist taktisch eindrucksvoll geschickt, aber inhaltlich natürlich eine Riesensauerei.

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